Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
müden Knochen in Bewegung. Helft mir graben, ich will ebenfalls ein bisschen Freiheit spüren.«
Er lachte schallend, stemmte die Hände in die Hüften und sah sich um, wohl gewiss, dass alle Augen auf ihm ruhten. »Ich jedenfalls bin nicht zu feige, um nachzusehen, ob der Himmel nicht gestern auf uns herabfiel!«
Er warf mir einen merkwürdigen Blick zu, dann trat er den Stuhl unter einem seiner Freunde weg, woraufhin dieser fluchend aufsprang, es sich aber anders überlegte und seinem Anführer folgte. An der Tür zur Schmiede hielt der Anführer inne.
»Wie war Euer Name?«, rief er quer durch den Raum.
»Man nennt mich Havald.«
Er lachte. »Ich hätte gedacht, Ihr tragt einen Namen, den ich kenne. Nun, sei es, wie es sei. Vielleicht kennt Ihr meinen: Janos Dunkelhand.« Und damit zog er die Tür hinter sich zu, dennoch war sein Gelächter weiterhin zu hören.
Er hinterließ betretene Gesichter. Auch das Gesicht von Rigurd, dem Händler, war auf einmal fahl und blass.
Ohne dass ich es bemerkte, hatte sich Zokora ebenfalls an dem Tisch niedergelassen. Ich ließ mich langsam auf den Stuhl sinken. Sieglinde brachte uns vier Teeschalen und eine ganze Kanne, knickste höflich und verschwand wieder in Richtung Theke. Einige andere Gäste waren auch im Aufbruch begriffen; die Verlockung, wieder freien Himmel zu erblicken, war groß. Ein paar blieben zurück: der andere Händler und die Wachen sowie der Baron, der vorhin von den Gräueltaten der Dunkelelfen berichtet hatte.
Ich tauschte einen Blick mit Leandra und sogar Zokora, aber beide schüttelten den Kopf. Wir sahen den Händler an.
»Nun, Rigurd, sollte uns sein Name etwas sagen?«
Der Händler sah fassungslos aus. »Ihr habt wirklich nicht von ihm gehört?«
»Nein. Sonst würde er nicht fragen«, antwortete ihm Leandra. Sie blickte immer wieder prüfend zu mir herüber, als ich mich vorsichtig nur auf einer Seite an den Stuhl lehnte. Irgendetwas machte ich jedoch falsch, denn der stechende Schmerz ließ mich schwarze Flecken sehen.
»Janos Dunkelhand ist ein Wegelagerer, ein Bandit. Es heißt, mehr als hundert Mann folgen seinem Kommando. Man sagt auch, er habe sogar einmal eine Burg geschleift. Sein Zeichen ist die rechte Hand eines seiner Opfer. Er lässt sie stets, in Teer getränkt und angezündet, am Ort seiner Überfälle zurück.«
»Nette Geste«, sagte Leandra.
»Hat sie eine Bedeutung?«, fragte Zokora mit ihrer ruhigen Stimme. Es schwang etwas darin mit … Ich hatte eine solche Stimme schon einmal gehört, nicht ihre, es war die Stimme eines Mannes, aber dieser Unterton kam mir bekannt vor. Vielleicht fiel es mir wieder ein.
»Nein. Es ist eine Warnung und eine Herausforderung.«
»Dumm«, gab Zokora ihre Meinung kund. Ihr Blick lag auf mir und Leandra. Aber hauptsächlich auf Lea.
Ich besann mich auf den Grund, weshalb ich den Händler so freundlich an diesen Tisch gebeten hatte. »Rigurd. Ihr seid vielleicht zwei Dutzend und acht.«
Er nickte. »Ja, in etwa.«
»Ich denke, Ihr seid viel herumgekommen. Habt Ihr noch nie davon gehört, dass Menschen, sperrt man sie zusammen ein, verrückt werden? Dass die Gemüter sich erregen, dass Ärger leichter von einem Besitz ergreift?«
Er nickte bestätigend.
»Gut. Eure Worte haben beinahe ein Blutbad provoziert. Ihr erwähntet einen Werwolf. Wie kamt Ihr darauf?«
»Jeder weiß, dass ein Werwolf den Jungen gefressen hat. Nichts sonst frisst einen Menschen so gründlich auf, dass keine Spuren zurückbleiben!«
»Keine Spuren?«
»Ich habe mir den Ort angesehen. Aufgewühlte Erde, sonst nichts. Spurlos verschwunden!«
Ich schloss die Augen und massierte mir die Schläfen. »Dass Ihr keine Leiche gesehen habt, mein guter Mann, liegt daran, dass wir sie zur Seite geschafft und mit einer Segnung der Götter vorläufig zur Ruhe gebettet haben. Vielleicht solltet Ihr Eurer Fakten sicherer sein, bevor Ihr etwas sagt.«
»Es gab eine Leiche?«
»Ja.«
»Aber … Dann gibt es keinen Werwolf?« Er wirkte sichtlich erleichtert. Ich wechselte einen Blick mit Leandra. Sie nickte leicht.
»Das heißt nicht, dass es keinen Werwolf gibt. Nur wird sie es nicht sein.« Ich deutete mit dem Kinn auf Zokora.
»Warum nicht?« Er schien sich daran zu erinnern, dass er die Dunkelelfe nicht mochte, schließlich berichteten die Legenden nur von grausamen Wesen.
»Wisst Ihr, welcher Gott das Volk der Dunkelelfen führt?«
»Ja, natürlich. Omagor, der Gott der tiefen Dunkelheit. Jedes Kind weiß
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