Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
Menschen wirklich versklavt?«, wollte der Händler wissen. Zokora legte den Kopf wieder zur Seite. »Warum sollten wir nicht? Ihr macht das doch auch. Menschen sind als Sklaven gut geeignet. Sie vermehren sich schnell, wann und wo immer sie können, sind gelehrig und folgsam. Ich habe zwei Liebhaber, die dieser Zucht entstammen.«
Ich seufzte, laut und vernehmlich, während der Händler sie noch immer schockiert ansah. »Das ist barbarisch«, sagte er.
»Sklaverei ist auch unter Menschen üblich«, sagte Leandra. »Das Imperium von Thalak nimmt unsere Frauen als Sklaven. Genauso weibliche Kinder und Babys. Alles, was männlich ist, wird getötet. So geschehen zuletzt in Kelar.«
»Kelar ist gefallen? Wie ist das möglich?«, fragte der Händler überrascht und zugleich erschrocken. »Ich dachte, die Stadt wäre uneinnehmbar!«
»Dunkle Magie. Es heißt, der Imperator selbst habe seine dunklen Mächte auf die Stadt gelenkt«, erklärte Lea.
Ich erhob mich vorsichtig. »Ich denke, die anderen haben nun genug gegraben. Ich wollte Euch etwas zeigen. Kommt, wir sollten uns den Anblick des Himmels ebenfalls gönnen.«
»Nur noch eines.« Der Händler wandte sich an die Dunkelelfe. »Sagt, warum seid Ihr hierher gekommen?«
»Ich wollte nach Coldenstatt. Ich habe Handelswaren. Wir finden oft solche Steine, und manches, was die Menschen so erfinden, ist für uns von Nutzen.« Bevor ich sie aufhalten konnte, hatte sie ihre Hand in ihrem Beutel versenkt und präsentierte unserem Händler nun ein gutes Dutzend grauer Steine. Rigurd blieb wie vom Blitz getroffen stehen und starrte fassungslos auf ihre Hand.
»Das sind Rohdiamanten«, hauchte er.
Sie legte den Kopf zur Seite. »Wie gesagt, man nimmt die Steine dort gerne. Wir verstehen zwar nicht, warum, aber wenn Menschen Werkzeuge und guten Stahl gegen Steine tauschen wollen, sollen sie es tun.« Sie steckte die Steine wieder ein. »Allerdings dachte ich nicht, dass ich hier enden würde.«
»Es ist immer ein Risiko, den Pass um diese Jahreszeit zu bereisen«, sagte Eberhard, der Wirt, der nun zu uns trat und die Teeschalen sowie die Kanne vom Tisch abräumte. »Auch wenn es früh ist für den Schnee.«
»Vielleicht. Der Pass hätte frei sein sollen. Aber als ich spürte, wie das Wetter versammelt wurde, beeilte ich mich, hierher zu kommen. Ich mag die Kälte, aber ich mag es nicht zu erfrieren.«
Leandra drehte sich langsam zu ihr um. »Habt Ihr Euch soeben versprochen, Sera?«, fragte sie leise. Ich blinzelte. Irgendetwas war mir entgangen. Im Alter sollte man auch die Geistesschärfe verlieren, hieß es …
»Nein. Die Zunge der Vielfalt ist perfekt, sie ist von meiner Göttin gegeben, du hast das gehört, was ich sagte.«
»Das meinte ich nicht«, winkte Leandra ab. »Ihr spracht davon, dass das Wetter versammelt wurde . Nicht dass es sich ansammelte. Ist es das Werk von jemandem?«
Die Dunkelelfe sah Lea überrascht an. »Ich dachte, Maestra hieße, dass du in der Kunst der Magie unterrichtet wurdest? Ich sehe außerdem, dass in Teilen das Blut unserer Cousins in dir fließt. Sie mögen zwar dekadent sein, doch die Magie fühlen sie dennoch. Hast du es nicht gespürt?«
»Was?«
»Der Sturm. Er ist nicht natürlich.«
»Seid Ihr dessen sicher?«, fragte ich. Ich konnte mir das nicht vorstellen. Niemand konnte sich das Wetter untertan machen.
»Ja. Der Sturm wurde nicht komplett erzeugt, die Magie … wie soll ich sagen … wertete ihn nur auf. Ich denke, es war ein Fehler, hier Zuflucht zu suchen.«
»Ich werde mich zurückhalten«, versprach Rigurd. »Schließlich habe ich erfahren, dass wir so etwas wie Kollegen sind. Ihr handelt mit Waren, ich handle, vielleicht …«
Sie ignorierte ihn und sah stattdessen Lea an.
»Alles Unheil konzentriert sich hier.«
11. Das Auge des Sturms
Das große Tor des Stalls lief in Rollen auf einer eisernen Schiene über der Toröffnung. Es war unten nicht verankert, sondern pendelte in dieser Schiene. Man hob es an und schob es zur Seite.
Es gab den Blick frei auf eine blau schimmernde Wand. Der Schnee war vom Dach des Stalls abgerutscht und staute sich nun bis zur Dachkante auf. Die Wärme aus dem Stall ließ den Schnee von innen gefrieren, so dass sich Bögen aus Eis und Schnee vor uns spannten und eine kalte, aber verräterisch schöne Wand bildeten.
In diese hatte man ein Loch geschlagen. Die anderen hatten bereits, von diesem Loch ausgehend, einen Graben ausgehoben, der im rechten Winkel vom Stall weg
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