Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
wissen nicht, woher sie kamen und was sie wollten. Aber ich denke, sie waren erfolgreich in ihrem Unterfangen und auch vorsichtig. Sie verschlossen diese Tür. Und die Tür blieb in all den Jahren verschlossen. Welche Gefahr dort unten auch drohte, seit langer Zeit regt sie sich nicht mehr.«
Dieser Gedanke schien dem Wirt einzuleuchten, denn er nickte erleichtert. »Ihr müsst mich verstehen, es ist ein Schock zu erfahren, dass man über einem Grab schläft.«
»Sicherlich. Aber von dort droht keine Gefahr mehr.«
Ich nahm einen weiteren Schluck von dem vorzüglichen Wein. Zum ersten Mal seit Stunden fror ich nicht mehr. Unter meinem Wams zog ich einen Beutel hervor und meine alte Pfeife.
Leas Augenbrauen hoben sich. »Ich mag keine Männer, die mit solchen Stinkkolben die Luft verpesten.«
»Diese Luft hier ist kaum zu verschlechtern«, sagte ich und begann meine Pfeife zu stopfen. Ich hatte richtig Lust auf sie.
»Mir wäre es lieber, Ihr würdet nicht rauchen!«, beharrte Lea.
»Das tut mir Leid. Aber ab und an ist mir danach. Wollt Ihr es mir verbieten?«, fragte ich.
Sie sah mich lange an. Zu gerne hätte ich gewusst, was in jenem Moment ihre Gedanken waren. »Nein«, sagte sie dann mit einem Seufzer. »Ich will Euch Euer Vergnügen nicht nehmen, es steht mir auch nicht zu.«
»Danke.« Es brauchte eine Weile, aber dann griff die Glut und ich genoss den aromatischen Duft. Lea schnupperte und wirkte überrascht. »Das stinkt weitaus weniger, als ich befürchtete. Welches Gras raucht Ihr da?«
»Kein Gras, keine Kräuter«, gab ich zur Antwort. »Tabak.« Ich lächelte sie an. »Ich teile Eure Meinung über Kräuterpfeifen.«
»Ihr müsst reich sein.« Eberhard wirkte ebenfalls fasziniert. »Bisher habe ich Tabak nur bei reichen Händlern gesehen.«
»Es gibt Orte, da ist er billiger. Ich gestehe, viel habe ich nicht mehr. Deshalb teile ich ihn mir ein, bin sparsam, rauche nur, wenn ich es genießen kann.« Ich sah von Eberhard zu Lea und zurück. »Es ist dies ein seltsam ruhiger Moment.«
Eberhard machte eine bestätigende Geste. »Ich weiß, was Ihr meint. Für einen Moment kann man vergessen, was ist.«
Er nahm einen Schluck. »Mir ergeht es mit dem Wein ähnlich. Ich trinke ihn gerne, aber er benebelt die Sinne. Ich kann mich nicht an dem Rebensaft erfreuen und einen Gasthof führen, ich würde werden wie er …« Er sah auf einen Bauern, der laut schnarchend neben dem Kamin lag. »Niemandem von Nutzen. Aber im richtigen Moment und in Maßen kann ich diesen Saft genießen.«
»Euer Gasthof liegt an einer Handelsstraße. Sagt, habt Ihr jemals solche Münzen gesehen?« Ich entnahm meinem Beutel die Münzen, die ich bei dem wachenden Soldaten gefunden hatte, und ließ sie vor ihm auf den Tisch fallen. »Kennt Ihr diese Prägung?«
Er hielt die größte der Goldmünzen hoch und studierte sie kurz. »Ich bin gleich wieder zurück.« Er erhob sich. »Ich bringe auch eine neue Flasche mit.«
»Ich frage mich …«, sagte Lea langsam, als ich hinter Eberhard hersah, der durch die Tür hinter der Theke verschwand.
»Was?«
»Ob ich wohl ein warmes Bad bekommen kann.«
»Ihr wollt bei dieser Kälte baden?«, fragte ich sie entsetzt.
Sie lächelte. »Gerade weil es so kalt ist.«
»Ihr werdet Euch den Tod holen.«
»Nein, ich glaube nicht.« Sie lachte. »Ich glaube, Ihr habt noch nie etwas von einem Dampfbad gehört.«
»Man kann nicht im Dampf baden.«
Jetzt lachte sie richtig, glockenhell, jeder sah überrascht zu ihr herüber, auch ich schaute sie gebannt an.
»Es erscheint mir«, sagte sie dann, »dass es doch etwas gibt, das der weise Havald nicht kennt.«
»Die Erfahrung werdet Ihr noch öfter machen.«
Die Rückkehr des Wirts unterbrach uns an dieser Stelle. Er stellte eine Ebenholzkiste und eine neue Flasche Fiorenzer auf den Tisch. Während ich das Wachs vom Korken entfernte und den Korkenhaken eindrehte, öffnete er die Ebenholzkiste und nahm die Teile einer Geldwaage heraus, die er auf dem Tisch zusammenbaute.
In dem Kasten befand sich eine Reihe von Gewichten, sauber und ordentlich in Reih und Glied.
»Ihr habt den Richtigen gefragt«, teilte er uns mit. »Geld ist sozusagen eine Leidenschaft von mir.«
»Eine Leidenschaft, die von vielen geteilt wird«, meinte Leandra.
Der Wirt lachte kurz auf; auch seine Stimmung schien sich gebessert zu haben. »Ihr habt sicherlich Recht, aber meine Leidenschaft gilt den Münzen an sich, den Geschichten, die sie erzählen. Man kann
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