Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
fixierte ihn. »Aber die Herbergsruhe ist heilig. Und ich werde solche Vorfälle nicht dulden.« Er wollte noch etwas sagen, überlegte es sich aber anders.
»Ulgor«, sagte ich, und die Wache sah mich furchtsam an. »Was geschah in dieser Nacht?«
»Verzeiht, Herr, ich weiß, es war ein Fehler, aber …«
»Sagt uns einfach, was geschah«, unterbrach ich ihn.
»Ich begleitete meinen Herrn hoch zu seinem Zimmer. Ich wartete vor der Tür, dann hörte ich, wie er aufschrie. Ich stürzte in den Raum …«
»Er schrie auf?«, mischte sich Holgar wieder ein. »Was hat sie ihm angetan?«
»Nichts, was ich hier erörtern möchte«, antwortete Rigurd mit scharfem Tonfall. Er musterte Ulgor. »Er hat die Lage missverstanden.«
»Gut. Aber was geschah dann?«, fragte ich.
»Ich sah die Dunkelelfe über ihm knien, ich hatte mein Schwert gezogen …« Ulgor sah zu Boden, es fehlte nur noch, dass er mit den Füßen scharrte. Jedenfalls lief er rot an.
»Jetzt redet schon, Mann«, sagte ich ungehalten. Ich wollte in Ruhe frühstücken und hatte keine Lust, ihm die Würmer einzeln aus der Nase zu ziehen. »Was ist geschehen?«
»Ich nahm ihm sein Schwert ab und warf ihn raus«, sagte Zokora. Alle sahen sie ungläubig an. Ulgor überragte sie um mindestens vier Handbreit und wog bestimmt doppelt so viel wie die zierliche Dunkelelfe. »Damit er sich daran erinnert, brach ich ihm die Nase und den kleinen Finger.« Sie sah mich mit ihren dunklen Augen an. »Ich teilte ihm mit, dass Havald über ihn richten würde, aber das erscheint mir nun nicht mehr nötig.« Sie schwenkte ihren dunklen Blick nun hinüber zur Wache. »Hast du die Lektion gelernt, Ulgor, Wache des Rigurd?«
Er nickte eifrig.
»Damit soll es gut sein. Dies ist mir nicht so wichtig wie etwas anderes.« Sie schaute sich im Raum um, und auf wem auch immer ihr Blick landete, der sah betreten zu Boden. »Denn ich wünsche nun zu frühstücken«, verkündete Zokora und begab sich an mir vorbei und zwischen den Wachen hindurch, die sie nur fassungslos beobachteten, zu ihrem Tisch. Rigurd folgte brav an der Leine.
Ich hörte deutlich, wie Ulgor erleichtert ausatmete. Ich nickte ihm zu, mehr gab es nicht zu sagen. Ich hatte meine Zweifel, ob er jemals wieder auf die Idee kommen würde, sich gegen die Dunkelelfe zu stellen.
»Leute, kümmert euch um eure eigenen Belange«, rief ich in die Menge. »Setzt euch hin, frühstückt … und wenn ihr etwas denkt, behaltet es für euch.«
Mit diesen Worten setzte auch ich mich wieder hin und nahm mein Stück Brot auf.
Ich sah zu Lea hinüber, die beide Hände vor das Gesicht hielt, ihre Schultern bebten.
»Lea?«, fragte ich besorgt.
Sie nahm die Hände weg. »Ich glaube das einfach nicht«, sagte sie mit erstickter Stimme, »an die Leine gelegt …« Sie prustete los, um dann schallend zu lachen.
»So lustig ist das nun auch nicht. Die Situation war ernst! Das hätte ins Auge gehen können.«
»Das ist es aber nicht«, sagte sie und versuchte offensichtlich, sich wieder zu beruhigen, auch wenn sie sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. »Ich lerne nur wieder etwas.«
»Was denn?«, fragte ich, obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich die Antwort hören wollte.
»Zwei Dinge. Dass Dunkelelfen nicht ganz so Schrecken erregend sind, wie ich dachte, und dass ein Mann – wenn er nur genügend Fleischeslust verspürt – sich freiwillig an die Leine legen lässt!« Sie sah mich an und prustete wieder los. »Dein Gesichtsausdruck! Ich frage mich gerade, ob das für jeden Mann gilt.«
Ich lehnte mich zurück und setzte ein freundliches Lächeln auf. »Leandra.«
»Ja?«, antwortete sie, immer noch kichernd.
»Ich verrate dir etwas. Es gilt nicht nur für Männer.«
»Vielleicht finden wir es noch heraus«, sagte sie leise und verschwörerisch, und ihre Augen funkelten.
21. Die Suche nach Martin
Kaum hatte ich den Teller mit dem letzten Kanten Brot abgewischt, stand Eberhard schon neben uns. »Seid Ihr fertig? Ich meine, ich will nicht …«
Ich seufzte. »Ja, Wirt, wir sind fertig. Wenn Ihr so großzügig wärt und mir erlaubt, noch einen letzten Schluck Tee zu trinken …«
»Ich wollte Euch nicht bedrängen, es ist nur so …«
»Dass Ihr uns bedrängen wollt«, ergänzte Leandra. »Es ist gut, Eberhard. Wir sind fertig.« Sie griff Steinherz. »Hat der andere Knecht etwas mitbekommen?«, fragte sie, als ich meinen Tee austrank und aufstand.
Die Briganten waren wie üblich noch nicht wach, nur die
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