Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
anderen Gäste sahen uns spekulierend zu. Ich warf einen Blick in die Runde: Einige schauten weg, anderen stand die Neugier derart deutlich ins Gesicht geschrieben, dass ich beinahe damit rechnete, sie würden aufstehen und sich neben uns aufstellen, um besser zuhören zu können.
Wir folgten dem Wirt in die Küche, die überraschend groß und geräumig war. Der Raum wurde von einer Reihe von Herden in der Mitte beherrscht, eine Konstruktion, wie ich sie so noch nie gesehen hatte. Es waren vier Stück, nebeneinander aufgebaut. Jeder von ihnen besaß eine zentrale Röhre, die in einen Abzug mündete, ähnlich dem über einer Esse in einer Schmiede, und eine Eisenplatte als Oberfläche, in die vier Öffnungen geschnitten waren. Alle vier Herde waren in Betrieb, aber nur an zweien wurde gekocht. Es war Maria, die uns einen verlegenen Blick zuwarf, während sie mit Schüsseln und Pfannen hantierte. Der Boden war mit denselben Steinplatten ausgelegt wie der ganze Hof, und es gab hier vier Fenster, alle fest verschlossen und die Ritzen mit getalgtem Hanf abgedichtet, sowie zwei weitere Türen.
Vier große Öllampen erhellten den Raum. Die Wände waren mit Schränken und Regalen voll gestellt, in einer Ecke stand ein großer Schlachtblock. Selbst mit allem, was zu einer Küche dazugehörte, war der Raum immer noch überdimensioniert.
Eberhard interpretierte meinen Blick richtig. »Mein Urahn fand alles so vor, wir haben nichts verändert.« Er schluckte. »Wenn Hochbetrieb ist, können hier mehrere Leute gleichzeitig kochen, ohne sich in die Quere zu kommen.«
»Ja«, sagte Leandra. Sie nickte Maria freundlich zu. »Das ist sicherlich nützlich für einen Gasthof.«
»Ähm … das hier ist der Weg zum Hof«, sagte Eberhard und wies auf eine der Türen. Ich musterte sie. Sie war nicht minder stabil als die Tür zum Gastraum: eiserne Türangel, verstärkte Bänder und Nägel, um eine Axt stumpf zu machen.
Ich dachte an meinen Traum zurück. Wenn der Gasthof einmal eine Garnison gewesen war, dann machte die stabile Bauweise Sinn. Das Einzige, was ich nicht verstand, war der Erhaltungszustand. Wenn alles aus dieser längst vergangenen Zeit stammte, dann hätte ich etwas mehr Verfall erwartet.
Eberhard öffnete die Tür, und wir sahen uns zusammen die Eiswand dahinter an. »Nun, hier ist er wohl nicht durch«, sagte ich dann.
Hier in der Küche war die Luft besser, vielleicht einfach nur deshalb, weil die Essensgerüche angenehmer rochen als nasse Wollsocken. Unter der Decke hingen an langen Schnüren unterschiedliche Gewürze; auch sie trugen ihren Teil dazu bei, dass es hier besser roch. Eberhard wollte die Tür wieder schließen, aber ich hielt ihn zurück.
»Wartet einen Moment«, sagte ich ihm. Die Wärme der Küche hatte den Schnee an der Tür teilweise tauen lassen; es gab einen kleinen Spalt nach oben, durch den kalte, sehr kalte Luft nach unten fiel. Kalt, aber frisch. Ich atmete tief durch. Die Küche war warm, der einzige Raum, den ich bisher gesehen hatte, der dieser Kälte wirklich trotzen konnte. Auch Leandra genoss verstohlen die frische Luft. Mit einem gewissen Bedauern wies ich den Wirt an, die Tür wieder zu schließen.
Ich sah mich noch einmal in der Küche um, bevor wir Eberhard zur nächsten Tür folgten. Ich hatte mittlerweile irgendwie das Gefühl bekommen, dass die Kälte ewig dauern würde, und ich sah uns schon um die vier Herde sitzen und das letzte Feuerholz einwerfen. Ich rief mich selbst zur Ordnung. Egal, wie seltsam sich der Sturm verhielt, irgendwann würde er weiterziehen. Die Tür zum Vorratsraum war abgeschlossen, wieder mit einem jener kostbaren Schlösser. Während ich Eberhard zusah, wie er das Schloss öffnete – es hing ein wenig –, erinnerte ich mich wieder an den Anblick des Sturms. Es war nicht normal. Unwillkürlich fröstelte ich, als ich an das dachte, was Zokora gesagt hatte: dass der Sturm sich hier zentrieren würde. Aber auf der anderen Seite hatte Leandra gesagt, dass es gar nicht möglich wäre, einen Sturm dieser Größe magisch zu beeinflussen.
Hinter der Tür befand sich eine Treppe. Der Wirt nahm eine Laterne von einem Haken direkt hinter der Tür und zündete sie an.
»Noch ein Keller?«, fragte ich überrascht, als der Wirt sich anschickte, die Treppe hinunterzugehen.
»Ja. Bis auf den Stall sind alle Gebäude unterkellert.«
Leandra blieb überrascht stehen. »Alle?«
Der Wirt nickte. »Die meisten Kellerräume verwenden wir gar nicht.« Er blieb auf
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