Das Erste Horn: Das Geheimnis von Askir 1 (German Edition)
in den Kühlraum und in die Schankstube. Er ist nirgends zu finden, und der Baron schwört bei allen Göttern, dass es Martin nicht möglich gewesen wäre, ungesehen wieder herauszukommen. Es scheint, als habe der Baron Kreuzschmerzen gehabt und nicht zu schlafen vermocht.«
»Das glaube ich gerne, dass der Herr Baron eher an weiche Betten gewöhnt ist«, sagte Lea etwas spitz.
Ich nahm noch einen Schluck Tee. »Sagt, Eberhard, gibt es Legenden über diesen Gasthof? Ich meine, in den letzten Tagen ist hier eine Menge Merkwürdiges passiert. Ist so etwas schon einmal vorgekommen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, Ser. Ich müsste es doch wissen, oder? Natürlich geschieht immer mal wieder etwas, der Hof ist nun schon seit fast dreihundert Jahren in Familienbesitz.«
»Was passiert denn so zum Beispiel?«, fragte Lea. Sie stand neben mir und hatte ihre Hand auf meine Schulter gelegt. Ich weiß nicht, ob sie es tat, ohne darüber nachzudenken; ich jedenfalls spürte diese Hand deutlich. Sie gab mir ein warmes Gefühl.
»Na, ab und zu verschwindet mal einer der Gäste«, sagte Eberhard. »Aber es ist wahrscheinlicher, dass er sich bei Nacht und Nebel davonmacht, um die Zeche zu prellen, als dass ihm etwas zugestoßen ist. Dann soll es noch in einem der Räume spuken.« Er sah uns an. »Das ist ausgemachter Blödsinn. Es ist der Raum, den Janos und seine Männer haben. Es wird berichtet, dass dort ab und zu ein Stöhnen zu hören wäre. Ich habe nie etwas gehört.«
»Nun, wenn Janos und seine Kumpane von Geistern geärgert werden, soll mir das recht sein«, meinte Lea.
»Es ist nur, gelinde gesagt, etwas merkwürdig, was so alles hier in den letzten Tagen geschah. Der Werwolf …«
»Wenn es einer ist«, warf Lea ein.
Ich nickte. »Wenn es einer ist, ist das schon seltsam genug. Die Kammer unter dem Turm hingegen – irgendwann musste man sie ja mal finden, aber …«
»Aber es ist zu viel auf einmal«, ergänzte Lea. Sie sah zu mir herüber. »Viel zu viel auf einmal.«
»Was habt Ihr vor?«
»Erst mal werden wir frühstücken. Dabei können wir ja herausfinden, was Zokora sich eigentlich denkt. Dann schauen wir uns an, ob dein Zauber an der Kellertür funktioniert hat. Danach suchen wir Martin, und bei der Gelegenheit schauen wir uns auch mal den Werwolf an.«
Sowohl Eberhard als auch Lea starrten mich an.
Ich zuckte mit den Schultern. »Was sollen wir sonst tun? Die Zeit, untätig herumzusitzen, ist vorbei.«
»Aber sollten wir nicht zuerst nach Martin suchen?«, fragte Eberhard mit leiser Stimme.
»Ihr habt schon selbst in den genannten Räumlichkeiten nachgesehen, nicht wahr?«
Er nickte.
»Wir werden nach dem Frühstück noch mal nach ihm sehen. Ich habe allerdings so meine Befürchtungen.« Er wollte etwas sagen, doch ich hob die Hand und unterbrach ihn. »Egal, was es ist, erst einmal werde ich frühstücken. Für Panik wird nachher noch Zeit sein.«
»Das will ich nicht hoffen«, sagte Lea trocken. »Es sieht aus, als ob der Tag nicht so gut weitergeht, wie er anfing.« Eberhard sah von ihr zu mir, war aber schlau genug, nichts zu sagen.
»Rührei mit Schinken, frisch gebackenes Brot, eine Tasse Tee. Eigentlich wäre nichts dagegen zu sagen, wenn es nicht so kalt wäre.« Lea rümpfte die Nase. »Ich schwöre, es stinkt hier von Tag zu Tag mehr.«
Ich machte eine gleichgültige Geste. »Mach dir keine Gedanken, Leandra. Wenn du nicht darauf achtest, wirst du es bald nicht mehr merken.« Ich war mir da nicht ganz so sicher. Mittlerweile überlegte ich mir, ob man nicht vielleicht doch mal lüften könnte, aber allein der Gedanke, die Kälte hereinzulassen, ließ mich frösteln.
»Ich würde ein Königreich für ein heißes Bad geben«, sagte sie.
Ich sah sie ungläubig an. »Um dir anschließend den feuchten Tod zu holen? Bei dieser Kälte ist baden lebensgefährlich. Du bist verrückt.«
»Unser Medikus am Hof sagte, dass baden gut für die Gesundheit wäre. Er empfahl sogar, jeden Tag zu baden.«
Ich schüttelte fassungslos den Kopf. »Was soll das bringen?«
»Er sagte, es würde auch die Läuse vertreiben.«
»Die wird man auch durch Baden nicht los. Öl und Haare abscheren ist die einzige Möglichkeit.«
»Es gibt auch einen kleinen Spruch, der gegen sie hilft. Danach lassen einen die Viecher fast eine Woche lang in Ruhe.«
»Wirklich?«, fragte ich hoffnungsvoll.
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Hast du etwa Läuse, Havald?«
»Sagen wir es so, ich hatte schon welche. Aber
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