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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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worden.«
    »Angehalten? Von wem?«
    »Von Soldaten am Flughafen. Es waren zwei. Ich hatte das Auto im Parkverbot abgestellt, und als ich wieder rauskam, haben sie mich verhört.«
    »Worüber?«
    »Alles Mögliche«, sagte sie. »Und sie haben das Auto durchsucht.«
    »Mein Gott, Margaret. Du musst ja Todesangst gehabt haben.«
    »Ich war ein bisschen nervös«, sagte sie. »Ich habe ziemlich geschwitzt.«
    »Du hast Glück gehabt, dass sie dich haben gehen lassen.«
    »Ja, wahrscheinlich schon.« Margaret fand überhaupt nicht, dass sie Glück gehabt hatte. Sie wusste, sie würde es nicht ertragen können, wenn Patrick jetzt zu ihr kam.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, mit welcher Begründung sie mich hätten festhalten können«, sagte sie, schon auf dem Weg ins Schlafzimmer. »Ich brauche jetzt ein heißes Bad. Und ein Bett, in dem ich mich ausschlafen kann.«
    »Willst du nichts zu essen?«
    »Nein. Das Hühnchen esse ich morgen Mittag kalt.«
    Im Bad drehte Margaret die Hähne auf und sah zu, wie die Wanne sich langsam mit Wasser füllte. Sie kniete vor ihr nieder und legte den Kopf auf den Rand. Draußen konnte sie Patrick herumgehen und dann ins Schlafzimmer kommen hören. Sie hörte das dumpfe Poltern seiner Schuhe, das Klirren einer Gürtelschließe, die zu Boden fiel.
    Ihr Mann war direkt nebenan, aber sie war wie eine Wilde zum Flughafen gerast, um einen letzten Blick auf einen anderen zu werfen. Einen Mann, den sie nicht wiedersehen würde. Sie wusste nicht, was aus Rafiq werden würde. Sie wusste nicht, was aus ihr werden würde.
    Lily saß wie versteinert, als Margaret am nächsten Morgen in die Redaktion kam. Als sie sich ihr näherte, wies Lily rasch mit den Augen in Richtung des bewaffneten Polizisten, der fünf Meter entfernt stand.
    »Sie müssen wieder nach Hause fahren«, sagte Lily leise. »Wir brauchen Sie hier nicht.«
    »Was ist denn los?«, fragte Margaret.
    »Sie haben noch einen Reporter festgenommen.«
    »Aber mir kann doch nichts passieren.«
    »Glauben Sie das nicht. Wenn sie Rafiqs Unterlagen durchsuchen, werden sie Ihre Fotos samt Nachweis zu seinen Berichten finden. Sie haben keine Arbeitserlaubnis. Fahren Sie nach Hause und bleiben Sie dort. Tun Sie nichts, solange sich nicht jemand bei Ihnen meldet. Es kann sein, dass Sie gar nichts hören.«
    »Mein Gott«, sagte Margaret.
    »Gehen Sie jetzt«, drängte Lily.
    »Bemüht sich jemand, Solomon zu helfen?«
    Lily neigte sich näher zu ihr. »Ja«, sagte sie, »aber er ist in ernsten Schwierigkeiten.«
    Am Nachmittag erfuhr Margaret aus dem Konkurrenzblatt der Tribune , dass Solomon Obok ohne vorheriges ordentliches Gerichtsverfahren festgehalten wurde und vermutlich in einem elenden Loch in der Nähe von Gilgil eingesperrt war. Rafiq Hameed war nach London deportiert worden. Obok wurde Verrat vorgeworfen, ein Kapitalverbrechen. Gegen Mr. Hameed waren keine Beschuldigungen erhoben worden, jedoch hatte man seinen kenianischen Pass und sämtliche Akten und Unterlagen beschlagnahmt.
    Als sie aus der Redaktion kam, war sie unfähig, etwas anderes zu tun, als durch die Straßen zu laufen. Sie kam an dem Laden vorüber, in dem sie einmal eine goldfarbene Teekanne bewundert hatte, und an dem Restaurant, in dem sie mittags Samosas gegessen hatte. Sie ging an dem Woolworth vorbei, bei dem man immer noch Küchenmaschinen kaufen konnte. Die Bettlerin und ihre Kinder waren nicht mehr da, was Margaret beunruhigte. Sie suchte weiter oben in der Kimathi Street nach ihnen, entdeckte sie aber nirgends. Waren sie in ein Heim aufgenommen worden? Verhaftet worden? In die Slums zurückgekehrt? Flüchtig dachte sie an die Parkboys, die sie einmal bedroht hatten. Was war aus ihnen geworden?
    Aber vor allem dachte sie an Solomon und Rafiq. Sie würde nach Hause fahren und Briefe schreiben, um auf Solomons verzweifelte Lage aufmerksam zu machen und vielleicht dazu beizutragen, die Regierung unter Druck zu setzen und seine Freilassung zu erwirken. Aber Rafiq? Für ihn konnte sie nichts tun. Vielleicht würde er in London glücklicher sein. Sie fand es richtig, aber dennoch bitter, dass sein letztes Wort an sie Solomons Name gewesen war. Wäre doch nur Zeit für zwei Worte gewesen, oder fünf.
    Als Margaret am Abend nach Hause kam, lagen der Evening Standard und die Tribune auf dem Esstisch.
    »Was weißt du darüber?« Patrick wischte mit der Hand über Solomons Bild.
    »Ich habe erst heute davon erfahren, als ich zur Arbeit kam.«
    Patrick trat zum Tisch und

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