Das erste Jahr ihrer Ehe
nicht, dass sie je wieder von ihm hören würde.
Der Jahrestag der Tour rückte näher. Margaret vermutete manchmal, dass Patricks zunehmende Stimmungsschwankungen diesem bevorstehenden Ereignis zuzuschreiben waren, das jedoch keiner von ihnen erwähnte.
Sie wandte den Blick wieder dem Garten zu. Das Chaos an der Oberfläche täuschte, verdeckte nur die zähen Wurzeln darunter. War es in einer Ehe nicht ähnlich? Wenn es ihr und Patrick gelang, die Unstimmigkeiten zu klären, würden sie dann nicht wieder sein können, was sie einmal gewesen waren? Ein liebendes Paar, das sein Leben lang zusammenbleiben wollte? Sie wurde sich bewusst, dass die Zeiten der Unzufriedenheit in ihrer Ehe länger gewesen waren als die Tage des Glücks.
Ein Wasserglas, eine Tasse und einen Teller unsicher in den Händen haltend, öffnete Patrick die Tür des Arbeitszimmers. Er blieb stehen, wie sie es vorausgesehen hatte, als er die unaufgeräumte Küche, den Esstisch und Margaret in ihrem Bademantel erblickte. Aber anstatt zu seufzen oder eine Tasse auf den Tisch zu knallen, dass es klirrte, stellte er das Geschirr behutsam ab und kam zu ihr ans Fenster. Er setzte sich ihr gegenüber.
Er nahm sie bei den Händen. »Was ist los?«, fragte er.
Margaret schüttelte den Kopf.
»Margaret, bitte.«
Sie konnte Patrick nicht die Wahrheit sagen, ohne ihre Ehe endgültig zu zerstören.
»Es tut mir leid, Patrick. Ich weiß selbst nicht, was mit mir ist. Vielleicht ist es immer noch das Kind. Hauptsächlich mache ich mir Sorgen um uns.«
»Ja«, sagte er. »Ich auch.«
»Und jetzt, wo ich nicht mehr arbeite, frage ich mich, was ich hier soll, was ich hier zu tun habe. Ich habe einen Haufen Briefe an Abgeordnete und Senatoren und verschiedene Organisationen geschrieben, um Solomon Obok zu helfen.«
»Ja, ich weiß«, sagte Patrick. »Im Postfach waren Briefe für dich. Ich habe am Freitag vergessen sie mit nach Hause zu nehmen.«
»Du hast es vergessen?«
»Vielleicht habe ich es vergessen.«
Sie sah ihm forschend ins Gesicht. »Du warst nicht verärgert?«
»Zuerst schon. Aber dann habe ich es begriffen. Ich kann verstehen, dass du Briefe schreibst, um Obok zu helfen. Was könntest du sonst tun?«
»Hast du sie aufgemacht?«
»Nein«, antwortete Patrick. »Nein, natürlich nicht. Wenn du willst, hole ich sie jetzt.«
Sein schwarzes Haar war zerzaust, die hellen blauen Augen waren ein wenig gerötet vom vielen Lesen. »Ich habe einen Brief von meiner Mutter bekommen«, sagte er. »Ich hatte ihr geschrieben, weil ich nicht verstehen konnte, was mit dir los ist. Sie meinte, ich soll dir Zeit lassen. Über eine Fehlgeburt müsse eine Frau erst einmal hinwegkommen. Ganz gleich, wie früh in der Schwangerschaft es noch war.« Er schwieg einen Moment. »Es war eine schlimme Zeit. Es tut mir leid.«
Margaret merkte, dass ihre Hände auf ihrem Bauch lagen und etwas beschützten, das nicht mehr da war.
»Möchtest du einen Kaffee?«, fragte Patrick.
»Lieber Wasser«, sagte sie.
Sie hörte, wie er den Schrank öffnete, dann das Wasser aufdrehte. Margaret nahm das Glas entgegen und trank. Patrick stellte sich hinter sie und massierte ihr den Nacken. Sie dachte an ihren Mann, der in seiner Verwirrung seiner Mutter geschrieben und sie um Rat gefragt hatte. Sie griff nach oben und nahm seine Hand. Er kam nach vorn und setzte sich wieder ihr gegenüber. Es waren zwei gleiche Sessel: blau und cremefarben gestreifte Bezüge und antike Rahmen.
»Das wahre Problem ist die Tour, stimmt’s?«, fragte Patrick.
Margaret war überrascht, dass er wagte, davon zu sprechen. »Bald ist es genau ein Jahr her.«
»Du hast auch daran gedacht.«
»Ja«, bekannte sie. »Beinahe ein Jahr, und seitdem stimmt es zwischen uns nicht mehr.«
Patrick senkte den Kopf und blickte zu Boden. Er stützte das Kinn in eine Hand. Sie würden darüber reden müssen, ob er wollte oder nicht.
Er blickte plötzlich auf, als wäre ihm gerade ein Gedanke gekommen.
Sie wartete.
»Weißt du, was wir tun sollten«, sagte er. »Wir sollten noch einmal auf den Berg steigen und diesmal bis zum Gipfel.« Er überlegte einen Moment. »Vielleicht ist das der einzige Weg, diese Sache hinter uns zu lassen.«
Margaret beobachtete Patrick, der zum Fenster blickte und dann zur roten Arbeitsplatte hinüber. Er verschränkte die Arme. Sie wusste, dass er eine Idee vermaß, sie drehte und wendete und aus allen Blickwinkeln betrachtete. Sie musste ihm Einhalt gebieten, bevor die Idee feste
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