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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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zog ihr gelbes Sommerkleid über die Knie hoch und streckte sich in dem Liegestuhl aus gestreiftem Leinen aus. Kevin schenkte weiter fleißig ein, und Everdene brachte eine Platte mit Käse und Obst heraus. Margaret trank einen Weißwein, den Kevin auf wunderbare Weise in einem Eimer unter dem Tisch kühl gehalten hatte. Er schmeckte wie ein Vouvray, und sie fragte sich, wie Kevin zu dem fruchtigen französischen Wein gekommen war.
    »So ein Sonntagsessen ist eine großartige Idee«, sagte Margaret zu Everdene. »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir Ihnen das mal nachmachen?«
    »Eigentlich ein Sonntagspicknick«, meinte Everdene. »Wir lieben sie. Eine Seltenheit in London wegen des fürchterlichen Wetters, darum genießen wir sie hier umso mehr. In den ersten Wochen in Kenia konnte ich von der Sonne gar nicht genug bekommen. Kevin hat sofort darauf bestanden, dass ich einen Hut aufsetze. Er hat natürlich recht, aber manchmal muss ich einfach das Gesicht direkt in die Sonne halten. Das sehen Sie wahrscheinlich an meinen vielen Sommersprossen.«
    »Ich glaube, niemand verlässt dieses Land ohne Sommersprossen«, sagte Margaret. Sie warf einen Blick zu Patrick, der sich angeregt mit Kevin unterhielt.
    »Möchten Sie ein Glas Wasser zum Wein?«, fragte Everdene. »Das ist der einzige Nachteil dieser Sonntagspicknicks – die Kopfschmerzen um sechs.«
    »Ja, ein Glas Wasser nehme ich gern.«
    Everdene goss das Wasser aus einem Krug mit Eiswürfeln in ein Weinglas, das sie Margaret reichte.
    »Gott, ist das herrlich hier«, sagte Margaret. »Ich würde niemals wegwollen.«
    »Nein, wir wären auch am liebsten immer nur hier. Aber wir müssen natürlich zur Arbeit. Das Haus hat alle möglichen Eigenarten. Kevin hat sie Ihnen sicher gezeigt. Der Garten hinten sollte ursprünglich ein Krocketrasen werden. Er ist so groß, weil dort oft Gartenfeste mit Zelten stattfanden.«
    »Wie haben Sie dieses phantastische Haus nur gefunden?«
    »Die Eltern eines Freundes mussten umziehen und wollten es gern vermieten. Uns ist es fast ein bisschen peinlich, zu zweit eine solche Riesenmenge Platz zu haben. Wir sind hier so eine Art Haussitter, trotzdem durften wir ein paar Änderungen vornehmen, zum Beispiel die eine Wand oben herausschlagen. Wir könnten es uns nie leisten, auf Dauer hier zu leben. Wenn wir wieder wegmüssen, wird jemand anders das Haus übernehmen, oder die Eigentümer verkaufen es. Früher oder später werden sie das sowieso tun müssen.«
    »Hm«, machte Margaret.
    »Anfangs war ich überhaupt nicht begeistert von dem Gedanken, so ein großes Haus zu mieten«, fuhr Everdene fort. »Ich fand es nicht in Ordnung, zumal die Ausländer hier nur widerwillig geduldet sind. Das Haus sollte einem Afrikaner gegeben werden. Noch besser wäre es, man machte eine afrikanische Schule daraus. Dafür wäre es doch perfekt. Aber wir haben das nicht zu entscheiden, und als wir dann hier ankamen – na ja –, ich glaube, da sind uns alle Skrupel abhandengekommen.«
    Margaret lachte. »Fühlen Sie sich bloß nicht schuldig. Es ist ohnehin nicht Ihre Schuld.« Sie machte eine kleine Pause. »Aber vergessen wir doch all diese Dinge eine Weile. So ein Tag ist etwas ganz Besonderes für Patrick und mich. Ich möchte ihn einfach nur genießen.«
    »Sie haben recht. Ja, natürlich. Sie leben in Nairobi?«
    »Ja. Zuerst haben wir in Langata in einem gemieteten Cottage gewohnt und dann in einem Haus in Karen, aber irgendwie sind wir dann näher an der Stadt gelandet.«
    Wollte sie Everdene erzählen, warum sie das Cottage und das Haus hatten aufgeben müssen? Nein. Sie wollte nur vergessen. Es war, als wäre ihr Hirn mit Ängsten vollgestopft und brauchte dringend Erholung. Sie wollte sich von den Eigenarten von Everdenes Haus erzählen lassen, abschalten, vielleicht sogar die Augen schließen, wenn ihr danach war.
    Patricks Haltung verriet, wie wohl auch er sich fühlte. Hatten sie es heute Morgen wirklich geschafft, den Eisstau aufzubrechen? Wenn ja, so war dies ihre gelungene Belohnung.
    Margaret sah Everdene an. »Erzählen Sie mir von Ihren Studenten«, sagte sie.
    »Wie fandest du’s?«, fragte Patrick auf der Heimfahrt im Peugeot.
    »Sie gefallen mir. Es war richtig nett.«
    »Ja, finde ich auch. Ich habe mal über unsere Bergtour nachgedacht«, bemerkte Patrick.
    »Wieso? Was ist damit?«
    »Ich dachte, wir könnten die beiden fragen, ob sie mitkommen wollen.«
    Margaret war überrascht. War die Bergtour nicht als eine persönliche

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