Das erste Jahr ihrer Ehe
Auge blickend, wich sie langsam und widerstrebend in den Schatten zurück. In dem Moment, als sie ihn erreichte und sich damit offenbar ihr Erscheinungsbild veränderte, ergriff der Impalabock die Flucht und mit ihm die ganze Herde. Es war, auch wenn Margaret nur Sekunden vergönnt waren, dieses im afrikanischen Grasland alltägliche Schauspiel zu beobachten, ein beglückendes Erlebnis, das sie aber wohl für sich behalten und nicht einmal mit Patrick teilen würde, den die afrikanische Tierwelt faszinierte, ein so unbedeutendes Geschehnis aber wahrscheinlich nicht beeindrucken würde. Bei einem Zebra hätte er höchstens eine Augenbraue hochgezogen; bei einem Leoparden den Kopf gehoben und »Ach was« gesagt. Dann wären vielleicht seine Instinkte erwacht, hätten vielleicht sogar Alarm geschlagen, und es wäre etwas ausgelöst worden, das wiederum in sein Erbgut eingeschrieben war. Aber ein Impala? Nicht der Rede wert, für Margaret jedoch erstaunlich.
Als sie um halb sieben auf die Terrasse kam, fand sie Saartje und Diana in leichten Sommerkleidern und Sandalen vor, die nackten, braun gebrannten Beine gefällig übereinandergeschlagen. Margaret, die seit dem Aufbruch in Nairobi nicht geduscht hatte, hatte die Hinweise zur Kleiderordnung nicht mitbekommen. Sie trug immer noch eine Jeans mit ärmelloser Bluse und Pulli. Nackt waren nur ihre Füße in den Sandalen und das V ihres Halsausschnitts, das in der Sonne immer als Erstes verbrannte. Sie berührte die empfindliche Haut und dachte an ihre lange Wache im hohen Gras.
»Oh, tut mir leid«, sagte sie zu den beiden Frauen. »Ich hatte keine Ahnung.«
»Sie sehen doch gut aus«, versicherte Saartje, als hätte sie ein halbwüchsiges Mädchen vor sich, das erst noch lernen musste, wie eine Frau sich kleidet. Silberne Armreifen blitzten und klimperten, als sie nach ihrem Getränk griff, irgendetwas Exotischem in Lachsrosa. Margaret musste an das Alkoholverbot denken, und Diana, die ihren Blick bemerkte, erklärte: »Ein Glas. Vor sieben. Danach zwei Liter Wasser. Dann ist der Alkohol bis zum Morgen ausgespült.«
»Prima Strategie. Ich nehme auch einen Drink. Wie war das Tennis?«, fragte Margaret und nahm sich eine Handvoll Macadamianüsse aus dem Sortiment an Knabbereien. »Und wo sind die Männer?«
»Ich habe nur Arthur und Patrick gesehen«, sagte Diana. »Sie kamen gerade den Hang herauf. Wahrscheinlich duschen sie jetzt und ziehen sich zum Essen um.« Ein schneller Seitenblick auf Margaret in ihren Jeans. »Sie haben offenbar mehr als ein Dutzend Forellen gefangen, die der Koch uns in die Pfanne werfen wird.«
»Tatsächlich?«, fragte Margaret, die Patrick vorher nie als großen Angler gesehen hatte. Sie hoffte, dass er am Fang beteiligt gewesen war.
»Willem duscht«, sagte Saartje mit ihrem ausgeprägten und hübsch klingenden holländischen Akzent. »Er hat am Pool ausgehalten, bis die Mücken zu stechen anfingen.«
Bisher hatte Margaret es geschafft, sich das Bild des Holländers, wie er in der Badehose auf einer Plastikliege klebte, vom Leib zu halten, jetzt aber überfiel es sie.
»Haben Sie Kinder?«, fragte sie Saartje.
Es schien ihr eine harmlose Frage, aber sie merkte sofort, dass sie ins Fettnäpfchen getreten war. Saartje hob den Kopf und wollte etwas sagen.
»Nein, sie haben keine«, fuhr Diana schnell dazwischen, eine Warnung im Blick.
Später am Abend, als Saartje nicht in der Nähe war, erzählte Diana Margaret, dass die Buskirks einen kleinen Sohn gehabt hatten, der mit siebzehn Monaten am plötzlichen Kindstod gestorben war. Das Ehepaar war damals in Bombay stationiert gewesen. Willem lehnte es seither strikt ab, auch nur an ein weiteres Kind zu denken; dieser Schlag war für ihn zu grausam gewesen. Margaret, der es zutiefst peinlich war, gefragt zu haben, fand dennoch Willem ungeheuer egoistisch. Lag die Entscheidung denn bei ihm allein? Und wie absonderlich, keine Kinder zu wollen, wenn man in einem Land lebte, in dem Kinder so hoch geschätzt wurden und den Kern vieler Rituale und Zeremonien der verschiedenen Stämme bildeten. Gab es darüber Auseinandersetzungen zwischen Saartje und Willem, wenn sie allein waren, oder handelte es sich hier um eine dieser Entscheidungen, die, einmal verkündet, nie wieder angesprochen werden konnten? Nicht zum ersten Mal dachte Margaret darüber nach, dass es unmöglich war, die Wahrheit über die Ehe eines anderen Paares zu erfassen.
Die kenianischen Kinder waren schön. Und sie waren
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