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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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allerdings keine Vorstellung davon, worüber sie mit ihr sprechen sollte. Auf jeden Fall durfte sie keine Fragen stellen.
    Patrick bedeckte flüchtig Margarets in ihrem Schoß ruhende Hand mit der seinen. Sie war sich nicht sicher, ob es eine Entschuldigung dafür sein sollte, dass er sie in seiner Euphorie über seinen Erfolg beim Angeln (sieben Fische!) nicht beachtet hatte, oder ob es die gewohnte zerstreute Zärtlichkeit war. Ich muss gerade an dich denken. Aber vielleicht versprach er sich auch eine heiße Nacht in dem Old-Kenya- Zimmer und wollte es sie auf diese Weise wissen lassen. Im nächsten Moment zog er seine Hand weg, um sein Fleisch zu schneiden.
    Alkohol und Höhe (sie hatten an diesem Tag sechshundert Meter Höhenunterschied überwunden) verlangten ihren Tribut. Das Gespräch beim Abendessen war schleppend. Saartje zitterte so heftig vor Kälte, dass Margaret beinahe gelacht hätte, weil es so absurd war. Sogar Diana begann, sich die bloßen Arme zu reiben. Arthur wirkte ausgesprochen mitgenommen, als kämpfte er bereits mit Kopfschmerzen. Das alles schien Diana ärgerlich zu machen.
    »Ihr seid heute Abend alle so langweilig«, sagte sie.
    »Das Fleisch ist zäh wie Leder«, bemerkte Arthur.
    »Nicht richtig abgehangen«, stimmte Willem zu.
    »Findest du nicht auch, Arthur«, nörgelte Diana weiter, »dass alle hier unheimlich langweilig sind?«
    »War mir eigentlich nicht aufgefallen.«
    »Ach was, das wundert mich. Dir entgeht doch sonst nichts.«
    War es Einbildung oder schoss da ein schneller Blick zu Margaret?
    »Hör auf, Diana«, sagte er.
    Hatte Arthur mehr als drei Cocktails getrunken?
    »Ich habe gestern in Gregorys The Great Rift Valley über den Mount Kenya nachgelesen«, bemerkte Patrick, um weiteres eheliches Gezänk abzuwürgen. »In einer Geschichte erzählt Gregory davon, wie die ersten Europäer auf einer Expedition verschiedene Stämme zum Berg führten. Diese Afrikaner reagierten darauf häufig mit Furcht und Misstrauen. Eines Morgens kamen die Männer zu Gregory und berichteten, dass das Wasser, das sie in den Kochtöpfen stehen gelassen hatten, verhext sei. Sie sagten, es sei ganz weiß und lasse sich nicht schütteln, und wenn man mit einem Stock darauf schlage, dringe der nicht ein. Sie baten Gregory, sich die Sache anzusehen. Gregory nahm einen der Töpfe, stellte ihn aufs Feuer und prophezeite, dass die harte weiße Masse sich sehr schnell in Wasser verwandeln werde. Die Männer setzten sich und sahen zu. Als die Masse geschmolzen war, waren sie außer sich vor Freude. Sie erklärten Gregory, nun sei der böse Geist ausgetrieben. Er sagte, sie könnten jetzt das Wasser verwenden. Aber sobald er ihnen den Rücken kehrte, schütteten die Männer es aus und füllten die Kochtöpfe mit frischem Wasser aus einem Bach in der Nähe.«
    »Tolle Geschichte«, sagte Willem beinahe ohne eine Spur von Enthusiasmus. Er war ohne Pause von seinem Hauptgericht aus Lammfleisch (oder war es Ziege?) zum nächsten Angebot übergegangen und war jetzt bei der zweiten Nachspeise angelangt, einer wabbeligen, giftgrünen Masse. Er bemerkte Margarets Blick und hob seinen Löffel. »Es gibt nichts Besseres, um den Alkohol zu absorbieren.«
    Margaret hatte für sich bereits entschieden, dass die Ratschläge des Mannes bestenfalls suspekt waren.
    »Wusstet ihr«, fragte sie, »dass die Kikuyu ihre Hütten immer mit dem Eingang zum Berg gebaut haben und dass Kirinyaga, wie sie den Berg nennen, hat Strauße heißt?«
    »Das Gefieder ist der Bergrücken. Woher haben Sie das?«, fragte Arthur.
    »Aus einem Führer«, sagte Margaret. »Daher weiß ich auch, dass die Embu den Mount Kenya Kirenia nannten, Weißer Berg . Und das hier gefällt mir besonders: In den Liedern der Meru wird der Mount Kenya als der Berg voller Sprenkel bezeichnet.«
    Diana hielt sich an ihren Vorsatz, zwei Liter Wasser zu trinken. Oder waren es jetzt vier, da sie sich ja zwei Cocktails genehmigt hatte? Sie verlangte vom Kellner, dass er neben ihr Stellung bezog und ihr immer wieder einschenkte, sobald sie ausgetrunken hatte.
    Auch Margaret hatte leichte Kopfschmerzen. An den Drinks konnte es nicht liegen, dazu war es noch zu früh; es musste die Höhe sein. Das Gelände war hier und dort von Lampen erleuchtet, aber außerhalb ihres Umkreises war es stockfinster, der Mount Kenya ein scharf umrissener Schatten unter dem sternenreichen Himmel. Der Berg erschien unirdisch, wie ein Ort, den kein Mensch aufsuchen sollte.
    »Wir bekommen

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