Das erste Jahr ihrer Ehe
bemerkenswert wohlerzogen – höflich, gehorsam und beinahe immer fröhlich. Selten sah Margaret ein trauriges Kind, es sei denn, es war krank oder unterernährt. Sie fragte sich oft, wie kenianische Eltern das anstellten. Wann immer sie Gelegenheit dazu hatte, beobachtete sie die einheimischen Mütter mit ihren kleinen Kindern, um hinter das Geheimnis zu kommen.
Margaret war beinahe so weit, sich eigene Kinder zu wünschen. Sie fühlte es heraufziehen wie ein unbestimmtes Verlangen. Sie war inzwischen immerhin achtundzwanzig und viele der verheirateten Frauen, die sie zu Hause kannte, waren schwanger oder hatten kürzlich Kinder bekommen. Die Mütter der hiesigen Landbevölkerung hatten fünf, sechs, sieben, acht Kinder – je mehr, desto besser. Afrikanische Kinder waren die Zukunft. Kinder bedeuteten soziale Sicherheit.
Patrick war aufgekratzt und hochzufrieden, als er kam. Er hatte sich zu einem sauberen Karohemd aufgeschwungen, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen aufgerollt waren, und brannte sichtlich darauf, dass jemand ihn fragen würde, wie es beim Angeln gelaufen war. Margaret tat ihm den Gefallen.
»Unglaublich«, sagte er, und sie sah ihm an, dass der Ausflug ihn für diesen Sport gewonnen hatte. »Arthur hat das Endergebnis. Zu schade, dass wir das auf der Tour nicht machen können. Wir wären froh und dankbar für den Fisch, sag ich euch. Arthur hat die Forellen dem Koch gegeben, aber ich bezweifle, dass wir sie heute Abend auf der Karte sehen werden. Sie sind vermutlich schnurstracks in die Kühltruhe gewandert oder in die Taschen der Angestellten. Macht nichts. Was zählt, ist der Spaß.«
Offensichtlich ganz begierig darauf, dass Arthur erscheinen und die großartige Geschichte gleich noch einmal erzählen würde, blickte er zum Ende der Terrasse hinauf. Margaret ahnte schon, dass das Angeln während der Cocktailstunde Gesprächsthema Nummer eins sein würde. Sie war bereit, Patrick seinen großen Moment zu lassen, aber Diana war es nicht.
»Etwas eigenwilliger Tennisplatz, aber wir sind ganz gut zurechtgekommen, stimmt’s, Saartje?«
»Ja, bestens. Wie war’s beim Schwimmen?«, fragte Saartje ihren Mann, der jetzt in seiner ganzen Massigkeit zu ihr trat und sich in Vorfreude auf einen Cocktail die Hände rieb. Sein Gesicht war beunruhigend rot. Korrektes Hemd. Krawatte. Margaret hatte gute Lust, im Foyer zu fragen, ob es einen Souvenirladen gab; sie war ziemlich sicher, dass sie es schaffen würde, sich aus zwei Khangas ein Kleid zu basteln.
»Und was ist das?«, fragte Patrick mit einem Blick auf Margarets Drink.
»Das ist das heutige Programm. Diana kann es dir erklären. Ein Drink und danach eimerweise Wasser.«
»Klingt mir eher nach schlauer Ausrede.«
Willem bestellte sofort Getränke für sich und Patrick. Seine frühere Empfehlung hatte er offenbar unter dem Motto tut, was ich sage, und nicht, was ich tue abgegeben.
Arthur kam an den Tisch. Zum weißen Hemd mit Schlips trug er auch noch ein Jackett.
Am Ende kamen sie auf je drei Drinks für Arthur und Willem und auf je zwei für alle anderen. Den Wein zum Essen nicht mitgerechnet. Das Abendessen holte man sich am Büfett: verschiedene Hauptgerichte, Salate und Desserts. Wie um seine Geschicklichkeit zu demonstrieren, jonglierte Willem gleich mit mehreren voll beladenen Tellern. War er in einer Familie aufgewachsen, in der das Essen knapp gewesen war? Und Desserts eine Seltenheit? Margaret wusste so wenig von dem Mann, der sie auf der Tour führen würde, der alle ihre Vorbereitungen gelenkt hatte. Während sie ihn beobachtete, fragte sie sich, ob er es überhaupt den Berg hinaufschaffen würde.
Alle Fenster waren geöffnet.
»Wenn das ein Vorgeschmack darauf ist, wie kalt es unterwegs werden wird, wünschte ich schon jetzt, ich hätte einen zweiten Pulli mitgenommen«, bemerkte Margaret.
Saartje in ihrem gemusterten Sommerkleid fröstelte. Diana schien die Kühle erstaunlicherweise überhaupt nichts anzuhaben.
»Angenehm, diese Frische, finden Sie nicht?«, fragte sie.
Für Margaret klang das so, als wäre die Kälte ein Härtetest, bei dem sie soeben durchgefallen war. Sie wünschte, Arthur würde Saartje sein Jackett leihen.
»Ich glaube, Saartje könnte eine Jacke gebrauchen«, sagte sie.
»Keine Sorge«, kanzelte Saartje sie brüsk ab. Schon zum zweiten Mal hatte Margaret sie jetzt, ohne es zu wollen, verärgert. Sie nahm sich vor, am nächsten Morgen ein Gespräch mit Saartje zu suchen. Mit ihr allein. Sie hatte
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