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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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manchmal in einer ähnlichen Gasse in einem ähnlichen Elendsviertel, Mathari oder Gatina, ein Mercedes eingezwängt stand. Ein Kabinettsmitglied zu Besuch bei Verwandten.
    Endlich hielt James an. Er schüttelte schweigend den Kopf. Wenn dies Adhiambos Zuhause war, so bestand es aus Trümmern. Eine eingetretene Tür hing schief in einer Angel. Sie traten in die Hütte. Die einzige Fensteröffnung deckte eine Holzklappe ab, die von innen mit einer Schnur hochgezogen werden konnte. Auf dem Lehmboden lag eine unbezogene Matratze. Adhiambo warf ihren Schal darüber, aber Margaret hatte die Flecken schon gesehen. Glassplitter waren über dem Lehmboden verstreut. Sie stammten allem Anschein nach von einem Trinkglas. Im ganzen Raum roch es nach Bier. Auf einem Holzbord standen eine sufuria, ein Kochtopf genau wie der, den Patrick und Margaret zu Hause hatten, mehrere Teller und ein Glas. Adhiambos Kleider waren zum Teil an Haken aufgehängt, zum Teil in einem pinkfarbenen Plastikkorb gestapelt. Der Fußboden war nackt, es gab kein Spülbecken, keine Toilette, nur zwei Stühle und einen Tisch. James bedeutete Adhiambo, sich zu setzen. Von neuer Scham überwältigt, bedeckte sie wieder ihr Gesicht. Sie hatte Margaret ihre Hütte nicht sehen lassen wollen, und jetzt wusste Margaret auch, warum.
    James ging in die Nachbarhütte und kam mit einer Schale Posho, einem Maisbrei, zurück, den Adhiambo mit den Fingern aß. James schloss die Tür so gut es ging und sah sich den Schaden an. Er machte sich sofort an die Arbeit, tauschte die Angeln aus und ersetzte ein zertrümmertes Brett. Adhiambo verscheuchte die Fliegen von ihrem Essen. Margaret öffnete ihren Rucksack, obwohl sie nicht wusste, wohin mit den mitgebrachten Sachen.
    »Adhiambo«, sagte sie. »Die Tabletten in dieser Schachtel nehmen Sie nur, wenn Sie Fieber bekommen. Das hier ist ein Schmerzmittel. In beiden Fällen eine Tablette alle sechs Stunden.«
    Adhiambo nickte. Sie wusste, wofür die Binden und die antibiotische Salbe waren.
    Da die Tür jetzt geschlossen war, zog Margaret die Fensterklappe hoch, um Licht hereinzulassen. Sie wollte die Scherben vom Boden einsammeln. Einen Mülleimer oder so etwas schien es jedoch nicht zu geben, deshalb legte sie sie in einem Häufchen auf das Bord. Woher bekam Adhiambo ihr Wasser? Wo wusch sie sich? Wo verrichtete sie ihre Notdurft? Margarets Zorn, der bisher den afrikanischen Männern gegolten hatte, richtete sich jetzt gegen die Ausländer, die ihre Bediensteten mit Hungerlöhnen abspeisten. Die wahrscheinlich nie gesehen hatten, wie diese Menschen lebten. Er richtete sich gegen Arthur und Diana, die es für nötig gehalten hatten, James bis nach dem Frühstück festzuhalten.
    James prüfte die Tür und schien mit seinem Werk zufrieden. Nachdem er Adhiambo den neuen Riegel gezeigt und erklärt hatte, wie er funktionierte, sagte er zu Margaret, er werde jetzt hinausgehen, und bat sie, den Riegel hinter ihm zu schließen. Er werde dann versuchen, wieder hineinzukommen. Sobald Margaret abgeschlossen hatte, warf er sich von außen gegen die Tür. Sie schien ein wenig nachzugeben, aber sie sprang nicht auf. Margaret ließ James wieder herein. Adhiambo sagte die ganze Zeit kaum ein Wort, rührte sich nicht von ihrem Platz am Tisch. Margaret merkte, dass sie allein sein wollte, und vielleicht merkte es auch James. Er ging zu ihr und reichte ihr einen zerknitterten Zehn-Schilling-Schein. Margaret hätte sich ohrfeigen können, dass sie nicht daran gedacht hatte, mehr als das Fahrgeld für den Bus mitzunehmen. James drehte sich herum und nickte Margaret zu, dann öffnete er die Tür.
    »Wenn Sie etwas brauchen …«, sagte Margaret und ließ es dabei.
    Auf dem Heimweg ging James sehr schnell. Die Vorbereitungen für das Mittagessen warteten, und er würde zu spät kommen.
    Am Morgen vor der großen Tour nahm Margaret Wäsche von der Leine, die James gewaschen und draußen aufgehängt hatte. Auch die von Diana geliehenen Sachen waren darunter. Margaret legte sie zusammen, um sie James zu geben, der sie Dianas hohen Ansprüchen gemäß bügeln würde.
    Als sie zum Haupthaus hinüberging, bemerkte sie Adhiambo, die eben durch die Hintertür eintreten wollte. Sie blieben beide einen Moment stehen und sahen einander an. Miteinander sprechen konnten sie nicht, die Entfernung war zu groß.
    Als Margaret ins Cottage zurückkam, machte Patrick sich soeben eilig zum Aufbruch bereit.
    »Sie haben den Wagen in Machakos gefunden«, sagte er.

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