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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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»Er ist dreihundertfünfzig Meilen gefahren worden.«

 
    A uf den niedrigsten Rang im Rudel herabgestuft, saßen Patrick und Margaret ganz hinten in dem holpernden Landrover. Margaret fragte sich, ob die anderen sie tatsächlich so sahen, als hinter den Briten und auch noch den Holländern rangierend. Der Gedanke verdross sie. Aber vielleicht saßen sie auch nur hinten, weil sie Amerikaner waren, die ja bekanntlich die Dinge sportlich nahmen.
    Von Zeit zu Zeit lächelte Patrick ihr zu. Dann glitt sein Blick wieder von ihrem Gesicht ab und suchte ein fernes Bild jenseits des Fensters. Er hatte sich seit drei Tagen nicht mehr rasiert, ein Zeichen, dass er nicht daran dachte, sich auf der Tour diese Mühe zu machen. Der frisch sprießende Bart war heller als sein Haar und irgendwie irritierend. Er hatte ein kariertes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln an und eine Daunenweste, die er aus Amerika mitgenommen hatte. Margaret fühlte die leichte Kühle der Luft, während sie an Höhe gewannen.
    Die vier vorn lachten viel, und wenn Margaret und Patrick den Scherz mitbekamen, lachten auch sie. Doch zwischen ihnen und den anderen befand sich ein trennender Vorhang. Es war, dachte Margaret, ein europäischer Vorhang, aber vielleicht war es auch einfach nur Physik.
    Margaret schoss mit hochempfindlichem Film eine Nahaufnahme von Patrick.
    »Weißt du, ich glaube manchmal«, sagte er, »dass einem die lebendige Erfahrung entgeht, wenn man ständig mit Fotografieren beschäftigt ist.«
    »Wie zum Beispiel diese Fahrt?«
    »Ja, in gewisser Weise.«
    »Ich könnte dagegenhalten, dass die Person mit der Kamera in der besten Position ist, sich auf die Erfahrung einzulassen.«
    »Aber so vieles davon ist doch riechen, fühlen und hören«, widersprach Patrick.
    »Ich kann dabei riechen und hören.«
    »Jedenfalls werden wir diesen Ausflug sicher nicht vergessen«, sagte er. »Hast du Angst?«
    »Nein. Doch, vielleicht. Ein bisschen.«
    Margaret prallte beinahe mit dem Kopf gegen das Dach, als sie über die erste von zehn Bremsschwellen auf der Zufahrt zur Lodge rumpelten. Sie war luxuriöser als Margaret sich vorgestellt hatte. Das Hauptgebäude, umgeben von einer Anzahl kleiner Gästehäuser, die lose verstreut in einem großen gepflegten Park standen, hatte eine Steinfassade und viele in regelmäßigen Abständen gesetzte Sprossenfenster – ein von den Engländern übernommenes recht typisches Merkmal afrikanischer Mittelklassehäuser. Auf einer Seite, hinter einer hohen Hecke versteckt, war ein Schwimmbecken, um das sich Liegestühle gruppierten.
    »Früher war dies eine Jagdhütte«, erklärte Arthur. »Damals, als man noch jagen durfte. Jetzt kommen vor allem Touristen und Kletterer hierher.«
    Sie trafen kurz nach der Mittagszeit ein, nachdem sie zuvor schon im Rover ein Picknick gemacht hatten. Diana sprang aus dem Wagen, streckte sich und verkündete, sie gehe jetzt Tennis spielen. Saartje fragte sofort, ob sie mitkommen könne. Willem sagte, er wolle zum Pool und werde sich vor Sonnenuntergang nicht mehr von der Stelle bewegen. Arthur fragte Patrick, ob er Lust habe, mit ihm angeln zu gehen, und der sagte nach einem Moment der Verblüffung begeistert Ja. Er wandte sich Margaret zu, als wollte er sie um Erlaubnis bitten, aber sie lächelte nur. Sie wollte keinem hier, am wenigsten ihrem Mann, zu irgendetwas die Erlaubnis geben oder verweigern. Der Fluss sei voller Forellen, erklärte Arthur. Das Angelzeug würden sie im Hotel mieten.
    Margaret machte es nichts aus, dass Patrick und die anderen ohne sie geplant hatten. Sie wollte gern allein sein und sich umsehen.
    Ihr Zimmer hatte große Fenster mit Blick zum Park, ein eigenes Bad und einen offenen Kamin. Margaret sah sich schon mit Patrick bei einer Flasche Rotwein in den schweren Polstersesseln rechts und links vom Kamin sitzen und die Wärme des Feuers genießen, während draußen die Temperatur jäh abfiel. Ein Hauch von Old Kenya schien ihr im Zimmer zu schweben.
    Patrick und sie hatten am Tag vor der Abfahrt mit großer Sorgfalt gepackt, immer mit Blick auf die Listen, die sie sich gemacht hatten. Mit den Medikamenten, die sie alle in einem kleinen Karton sammelte, hatte es Margaret besonders genau genommen. Im Wohnzimmer hatte Patrick den größten Teil der Lebensmittel bereitgelegt, die die Gruppe auf der Tour brauchen würde: eine Mischung aus Tütensuppen und Trockengerichten, Kaffee, Orangen, Trockenfrüchten, Trockenfleisch, Crackern, Thunfisch und Pfirsichen in

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