Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
Vom Netzwerk:
wirkte von uns allen am wenigsten angestrengt.«
    »Wirklich?«, fragte Margaret mit neuer Achtung vor der Frau. »Patrick, ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
    Er schwieg einen Moment. »Du musst, Margaret. Wir können dich nicht hier zurücklassen. Es wäre gefährlich, selbst wenn du dich in der Hütte einsperren würdest.«
    »Ich weiß«, sagte sie.
    »Schlaf dich gründlich aus. Ich sag’s nicht gern, aber das Schwierigste kommt erst noch.«
    Margaret seufzte.
    Sie nahm eine Tasse gesüßten Tee aus der Hand des Kochs entgegen. Er reichte eine Dose Kekse herum.
    »Ich bin froh, dass uns heute nichts Größeres als ein Nektarvogel begegnet ist«, bemerkte Willem. »Gestern dachte ich schon, wir wären erledigt.«
    »Mich wundert’s immer noch, dass er nicht angegriffen hat«, sagte Arthur.
    »Ihr seid doch nichts als Weicheier, alle miteinander«, erklärte Diana. Es sollte eine gutmütige Neckerei sein, aber es hörte sich wie ein Vorwurf an.
    »Wir tun alle unser Bestes«, entgegnete Arthur und rückte seinen Hocker näher ans Feuer.
    Der Koch bedeutete ihm mit einer hastigen Bewegung, dass er sich die Stiefel ansengen könnte.
    Arthur nickte. »Ich lasse es drauf ankommen. Sonst werden meine verdammten Füße überhaupt nicht mehr warm.«
    »Wechsle die Socken«, schlug Diana pragmatisch vor.
    »Ich trau mich nicht, die Stiefel auszuziehen.«
    Diana seufzte. »Genau, was ich gesagt habe. Du bist ein Weichei.«
    »Also, ich für meinen Teil habe einen Bärenhunger«, warf Patrick ein. Er hob schnuppernd die Nase in die Luft, um festzustellen, welches Eintopfgericht der Koch auf dem Feuer hatte.
    »In meinen Beinen zuckt es dauernd«, sagte Margaret, die das Gefühl hatte, kleine elektrische Funken explodierten in den Muskeln ihrer Oberschenkel.
    »Sie sind wirklich noch nie auf einen Berg gestiegen, oder?«, fragte Saartje.
    Margaret hätte es lächerlich gefunden, jetzt den Monadnock zu erwähnen. »Nein. Und ich möchte Ihnen allen sagen, wie leid es mir tut, dass ich so langsam bin. Ich hätte nicht mitkommen sollen. Ich halte Sie alle nur auf.«
    Diana wandte sich wortlos ab.
    Willem sagte: »Unsinn. Wir machen schon noch eine Bergsteigerin aus Ihnen. Morgen wird es schon besser gehen.«
    »Aber ich dachte, morgen wartet die schwierigste Etappe auf uns. Die Schotterhalde und der Gletscher.«
    »Für den Gletscher braucht man keine Kraft, nur Nerven.«
    »Du schaffst das schon«, sagte Patrick. »Tu einfach, was der Führer sagt.«
    Diana wollte von alldem nichts hören und seufzte demonstrativ. Sie seufzte so laut, dass Patrick ihr einen scharfen Blick zuwarf. Sie bereute es zweifellos, dass sie und Arthur Patrick und Margaret zum Mitkommen aufgefordert hatten, aber nicht einmal sie schlug vor, Margaret auf der Hütte zurückzulassen.
    »Bis hierher haben wir jedenfalls verdammt lange gebraucht«, sagte Diana, für den Fall, dass irgendjemand nicht begriffen hatte.
    Der Koch verteilte Blechnäpfe mit einem Gericht, das wie Rindereintopf aussah. Dazu gab es ein Stück Brot. Margaret bat um Wasser.
    Das Zucken in ihren Beinen ließ den ganzen Abend nicht nach, es war, als wären winzige Elektroden in die Muskeln eingepflanzt worden. Nach dem Essen standen die meisten auf, um sich um Dinge zu kümmern, die vor der Nacht noch erledigt werden mussten. Margaret hatte die Latrine schon aufgesucht, einen Graben, der weit genug vom Camp entfernt ausgehoben war, um nicht zu stören. Der Gang zur Latrine erforderte Beweglichkeit, eine Schaufel und Mut. Wer konnte wissen, was da draußen lauerte?
    Sie hatten von Willem genaue Anweisungen erhalten. »Wenn es keine Toilette gibt, vergrabt eure Hinterlassenschaften in einem fünfzehn Zentimeter tiefen Loch. In höheren Lagen fehlen dem Erdreich die Organismen zur Zersetzung der Exkremente, lasst sie also im Freien, wo die UV-Strahlen der Sonne sie abbauen können. Wenn ihr sie ausbreitet, erleichtert das die Sache. Sorgt dafür, dass ihr immer Toilettenpapier bei euch habt.«
    Arthur saß neben Margaret.
    »Ein Königreich für einen starken Drink«, sagte er.
    »Ein Königreich für eine saubere Toilette.«
    Arthur warf einen Blick zu den Trägern. »Unvorstellbar, das jeden Tag zu machen.«
    »Sie haben wahrscheinlich Lungen wie Autoschläuche.«
    Arthur hatte einen Schokoriegel in der Tasche und bot Margaret die Hälfte an.
    »Diana ist eine gute Bergsteigerin«, sagte Margaret.
    »Sie muss immer die Erste sein. In allem. Sie würde auch noch dem Führer

Weitere Kostenlose Bücher