Das erste Jahr ihrer Ehe
im entscheidenden Moment diskret ausgeknipst, aber angenehm war die Mission für den armen Afrikaner, dem sie aufgebürdet war, sicher nicht.
Keine Stunde nach Sonnenuntergang hatten sich fast alle hingelegt. Das Essen war sättigend gewesen. Arthur und Willem schienen völlig erledigt, wahrscheinlich, dachte Margaret, noch eine Nachwirkung des Katers. Diana, die das Feldbett direkt an der Tür für sich beanspruchte, stritt sich mit Willem darum. Theoretisch hätte wegen möglicher Gefahren ein Mann vorn an der Tür schlafen müssen. Aber Diana gab sich knallhart und machte sich nur darüber lustig, dass Willem den edlen Ritter spielen wolle. Vorsicht, Diana , dachte Margaret, als deren Worten nicht viel fehlte, um den Mann ernsthaft zu beleidigen. Für Margaret war die Sache klar. Diana mit ihrem Drang, immer vorn dran zu sein, musste das Bett an der Tür haben, um am Morgen als Erste draußen zu sein. Unwillkürlich, wie man sich manchmal über die Ehe anderer Gedanken macht, ohne es zu wollen, versuchte Margaret, sich Diana im Bett vorzustellen und konnte nicht glauben, dass sie mit Lust liebte. Sie stellte sie sich schroff und kurz angebunden vor, ungeduldig, zum nächsten Punkt auf ihrer Tagesordnung zu kommen.
Sie lagen Seite an Seite: Diana und Arthur, Saartje und Willem, Margaret und Patrick. Margaret war es unangenehm, so dicht neben Willem zu schlafen, der ungeniert furzte. Sie drehte sich Patrick zu, sobald die Laterne gelöscht und der Raum völlig dunkel war. Mit deutschen Klängen in den Ohren schlief sie ein und erwachte am Morgen genau in der Position, in der sie eingeschlafen war.
Die erste Herausforderung des zweiten Tages war der tückische Vertical Bog. Der Morast zog so unerbittlich an Margarets neuen Stiefeln, dass sie das Gefühl hatte, es mit einem lebendigen Ungeheuer zu tun zu haben. Die Lücke, die sich schon auf dem leichten Teil der Tour am Vortag zwischen ihr und den anderen aufgetan hatte, wuchs jetzt erschreckend. Ihr machte der Abstand Angst, der inzwischen so groß geworden war, dass die vorn sie nicht einmal mehr hören konnten. Obwohl die Träger ihr nicht von der Seite wichen, wünschte sie sich einen Weggefährten, jemanden, der ihr Mut machte, wie Arthur es getan hatte, jemanden, der sich um sie sorgte. Patrick wartete zwar hin und wieder auf sie, um nach ihr zu sehen, aber selbst als sie sagte: »Das ist die reine Hölle«, nickte er nur zustimmend und rannte dann, als wäre er der Sklave seiner eigenen Füße, wieder voraus.
Vielleicht unterhielten sich die anderen miteinander. Margaret glaubte es nicht. Sie hatten alle Stöcke, um sich abzustützen und mit ihrer Hilfe aufwärtszuschieben, aber Margaret hatte den Eindruck, dass es eher darum ging, das Tempo zu halten, damit niemand zurückfiel. Ihr tat allein von der Anstrengung des Atmens der Hals so weh wie bei der schlimmsten Mandelentzündung, und sie ging mit weit geöffnetem Mund, um jeden Hauch Luft einzufangen. Nach den ersten drei Metern durch den Sumpf begann sie zu schwitzen. Aber anstatt ihre Jacke auszuziehen und sie sich mit den Ärmeln um die Hüften zu binden, behielt sie sie an, weil sie meinte, sich nicht eine Minute Aufenthalt leisten zu können, während die anderen sich immer weiter von ihr entfernten. Sie verfluchte den sumpfigen Boden, die ganze Kletterei, alle, die vor ihr waren, selbst ihren Mann. Jedes Mal, wenn sie mit Anstrengung einen Stiefel aus dem klebrigen Brei zog, spürte sie es in den Knien.
Als sie zwei Stunden später das Ende des Sumpfgebiets erreichte, lagen die anderen auf dem Boden ausgestreckt wie niedergemetzelt. Margaret begann in ihren schweißfeuchten Sachen zu frösteln und wusste, sie würde die Kälte erst loswerden, wenn sie das Camp erreichten und sie sich umziehen konnte. Sie stellte fest, dass es nicht nur peinlich war, immer die Letzte zu ein, sondern auch ernste Nachteile mit sich brachte. Als sie die Stelle erreichte, wo die anderen warteten, hatten diese ihre Rast schon hinter sich und wollten weiter, eine Pause für die Nachzüglerin war nicht vorgesehen. Immer Letzte zu sein, das war, als wäre man die Niete im Sportunterricht und zugleich diejenige, die sich in Wirklichkeit gar keine Mühe gab . Anfangs gab es noch so etwas wie gutmütiges Verständnis. Aber Margaret spürte, wie unterschwelliger Groll aufwallte. Warum hatte man sie überhaupt aufgefordert mitzugehen? Warum musste sie die Gruppe derart bremsen? Konnten sie es riskieren, sie einfach bei den
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