Das erste Jahr ihrer Ehe
kurzen Austausch gemurmelter Worte und schließlich die Geräusche, als sie in ihre Schlafsäcke rutschten. Willem schlief offenbar schon, denn sie hörte männliches Schnarchen, das dem Rhythmus und der Tonlage nach nicht Patricks sein konnte. Sie stellte sich vor, dass Saartje auf dem Rücken lag und zur Decke hinaufstarrte. Der Wind, der an der Hütte rüttelte, trug ihr von draußen die afrikanischen Stimmen zu.
Sie wusste nicht, ob sie Diana oder Arthur neben sich hatte. Sie drehte sich weg von ihnen, das Gesicht zur Wand. Der Rauchgeruch des Feuers hatte sich in der Hütte ausgebreitet und machte sie schläfrig. Ab und zu hörte sie leises Rascheln wie vom rastlosen Suchen der Ruhenden nach der richtigen Lage. Sie schlief ein.
Mit einem Schrei riss sie ihre Hand zurück, die über den Rand der Matratze hing, und drehte sich hastig zur anderen Seite, weg von der Wand. Vor lauter Angst wagte sie nicht einmal, sich den Schlafsack über den Kopf zu ziehen. Sie wollte Patrick wecken, aber dazu musste sie erst den Mut finden, die Hand auszustrecken und vorsichtig seine Füße zu schütteln.
Stattdessen tastete eine Hand nach der ihren.
»Das sind Ratten«, flüsterte Arthur.
»Ratten?«, flüsterte sie zurück.
»Ja.«
»Ich habe gespürt, wie mir eine über die Hand gelaufen ist.«
»Ich spüre sie ab und zu, wie sie mir über die Füße sausen. Natürlich sind meine Füße im Schlafsack.«
»O Gott«, sagte Margaret.
»Sie sind eine Spezialität hochgelegener Berghütten.«
»Sehr witzig.«
»Man bekommt sie nur manchmal geboten. Wir haben anscheinend Glück.«
»Besten Dank.«
Ihr Körper war schweißnass. »Ich muss hier raus«, sagte sie.
»Und wohin?«
Die Antwort lag auf der Hand.
»Haben wir das jetzt in allen Hütten zu erwarten?«, fragte sie.
»Wer weiß.«
»Beißen sie?«
»Die Ratten? Wahrscheinlich nicht.«
Arthur hielt ihre Hand nicht so fest umfasst, dass es weh tat, aber doch so entschlossen, dass sie ihm nicht leicht entkommen konnte. Als wäre sie ein Kind, das man davon abhalten muss, blindlings vorwärtszustolpern.
Seine Hand war warm und kräftig, eine Männerhand. Nicht hart, aber fest. Es war eine menschliche Geste der Beruhigung. Oder vielleicht auch nicht. So oder so, Margaret würde sie bestimmt nicht von sich weisen. Hellwach lag sie da, das Gesicht Arthur zugewandt, den sie nicht sehen konnte. Sie fühlte nur seine Hand, mehr brauchte oder wollte sie nicht. Sie schob ihr Gesicht näher zu ihren ineinandergelegten Händen, weil ihr schien, dass sie in einem bestimmten Umkreis Sicherheit boten.
Margaret wusste nicht, was Arthur im Sinn hatte, auch wenn sie es sich vielleicht hätte denken können. Als sie ihr Gesicht den Händen näher brachte, war das, als kröche sie der Wärme eines Feuers entgegen. Nicht dem Feuer, nur der Wärme. Sie fragte sich, was Patrick in einer ähnlichen Situation getan hätte. Hätte er Saartje bei der Hand genommen, versucht, sie zu beruhigen, ohne sich etwas dabei zu denken? Wie Margaret am nächsten Morgen entdeckte, lag Patrick gar nicht neben Saartje, sondern neben Willem. Der Arme.
Möglich, dass auch Arthur sein Gesicht näher an ihrer beider Hände heranschob. Margaret merkte nichts. Sie merkte auch nicht, wann Arthur einschlief.
Als Patrick sie weckte, hörte sie gedämpfte Stimmen, zornige Stimmen. In aller Eile packte sie im spärlichen Licht der Laterne ihre Sachen zusammen. Sie erkannte die Stimmen Dianas und Arthurs. Sie hatte Dentyne-Kaugummi mitgenommen für den Fall, dass das Zähneputzen ausfallen musste. Es war drei Uhr morgens, Schotterhalde und Gletscher warteten.
Der Koch versorgte die Kletterer mit heißem Kaffee und Keksen. Ein richtiges Frühstück würden sie auf der Top Hut einnehmen, wenn sie den Gletscher hinter sich gebracht hatten. Sie bliesen auf ihre gekrümmten Finger, um sie warm zu halten, oder legten beide Hände um ihre Kaffeebecher. Laternen waren angezündet worden, da es noch dunkel war und erst um halb sieben mit Sonnenaufgang hell werden würde. Margaret sah Arthur auf einem Hocker beim Feuer sitzen. Diana, auf der anderen Seite des Kreises von Wärme und Geborgenheit, den das Feuer bildete, unterhielt sich mit dem Führer. Margaret suchte nach Patrick und entdeckte ihn drei Meter hinter sich, ganz am Rand des Kreises, wo er seinen Kaffee trank.
Seine Jacke war offen.
»Dir muss doch eiskalt sein«, sagte sie.
»Margaret, was läuft hier?«
»Was meinst du?«
»Mit Arthur.« Patricks
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