Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
Vom Netzwerk:
Trägern zurückzulassen? Es zerrte schon an den Nerven, wie ihretwegen alle endlos auf eine Mahlzeit und, vor allem, die wohlverdiente Nachtruhe in der Hütte warten mussten. Auch Patrick zeigte leichte Ungeduld darüber, dass er anhalten oder zurückgehen musste, um nach seiner Frau zu sehen. »Sehr gut, Margaret«, sagte er, wenn sie einen großen Schritt schaffte, als wäre sie ein Kind, das gerade das Laufen lernte. Im Licht dessen, was Arthur am Vortag gesagt hatte, hatte die Ungeduld der anderen etwas ungeheuer Paradoxes. Margaret war von allen die Einzige, die sich gründlich akklimatisierte.
    Die Kleidung der anderen, die sich am Ende des Sumpfs einfach hatten zu Boden fallen lassen, war hinten völlig verschmutzt. Margaret, die erst eintraf, als sie ihre Rast schon beendet hatten, wurde nur ein Schluck Wasser zugestanden, ehe es weiterging und sie gebeten wurde, nicht wieder allzu weit zurückzufallen. Mit gesenkten Köpfen und ohne Lust, einen Blick an die enttäuschend triste Aussicht zu verschwenden, trotteten sie hoch über dem großartigen Teleki Tal, von dem kaum etwas zu erkennen war, einen Grat entlang. Wie ein Clan von Höhlenmenschen, dachte Margaret, der sich auf dem Heimweg in seine Höhle befand. Sogar Diana in ihrem knallroten Parka war von der Kapuze bis zu den Stiefeln mit braunem Schmutz verschmiert.
    Sie überlegte, was sie tun würden, wenn sie die Hütte erreichten. Sie würden einen Bach finden müssen, um ihre Jacken abzuwaschen. Aber würden sie die Kälte ohne Parkas aushalten können? Würden sie in schmutziger Oberbekleidung in ihre Schlafsäcke kriechen müssen? Das Problem beschäftigte sie eine ganze Weile, obwohl ihre eigene Jacke, da sie ja gar nicht dazu gekommen war, sich niederzulegen, relativ sauber war. Später entdeckte sie, wie viel Schlamm sie dennoch aufgewühlt und auf ihre Jeans verspritzt hatte.
    Alle froren. Margaret zitterte vor Kälte dank ihrer eigenen Dummheit. Allenfalls Willem hatte es vielleicht ganz behaglich in seinem Schneeanzug. Ganz allgemein jedoch genügten die Jacken den Anforderungen nicht. Margaret kam es vor, als wären sie Kinder, die man unzulänglich gekleidet zum Spielen ins Freie geschickt hatte.
    Das Camp bestand aus einer mit Teerpappe gedeckten Bretterhütte. Die Schlafgelegenheiten waren primitiv, wie Margaret sah, als sie hineinging, um sich umzuziehen. Die Matratzen auf dem Boden starrten vor Dreck, Margaret schauderte bei der Vorstellung, wie viele ungewaschene Körper schon auf ihnen gelegen hatten. Mit einigen Verrenkungen schaffte sie es, ihre Kleider zu wechseln, ohne die widerwärtigen Matratzen zu berühren. Patrick würde die Bodenplanen auslegen müssen. Sie war verwundert über Arthurs Aussage, dass in der Hütte Platz für dreißig Leute sei. Sie konnte sich keine dreißig Körper auf dem Matratzenlager vorstellen. Zehn vielleicht, und selbst das wäre mehr als kuschelig. Sie war gespannt, ob die Deutschen wieder zu ihnen stoßen würden.
    Als sie die trockenen Sachen übergezogen und sich am Feuer aufgewärmt hatte, war ihr wohler. Die anderen sahen ausgelaugt aus, wenn nicht schlimmer, und alle schienen froh, dass für diesen Tag Schluss war. Margaret nahm sich einen Hocker neben Patrick.
    »Wie geht’s dir?«, fragte er.
    »Besser jetzt. Warst du schon drinnen?«
    »Nein.«
    »Es ist grauenvoll. Ich übertreibe nicht.«
    »Es ist ein Bett«, sagte Patrick. »Und ein Dach über dem Kopf. Ich weiß nicht, ob ich jemals so froh war, dass wenigstens das Lebensnotwendige da ist. Als ich die Hütte gesehen habe, hätte ich am liebsten losgeheult.«
    »Du hast also auch Mühe.«
    »Gott, ja.«
    »Aber du hast durchgehalten.«
    »Ich hab’s versucht.«
    »Und ich nicht?«
    Die Frage überraschte ihn. »Aber ja, doch, natürlich.«
    »Ich komme mir vor wie ein Idiot.« Sie kratzte mit einem Stock in der Erde herum.
    »Ach was, es hat doch keinen gestört. Alle haben es verstanden.«
    »Du Lügner. Diana hat kein Wort mit mir gesprochen, seit wir hier sind.«
    Patrick zuckte mit den Schultern.
    »Wie geht es den anderen?«
    »Willem wollte quatschen. Kannst du dir das vorstellen?«
    »Nein.«
    »Er und Diana haben, wie es aussah, ständig um die Spitzenposition gleich hinter dem Führer gekämpft. Es war bescheuert und absurd.«
    »Und Arthur?«, fragte sie.
    »Der war sehr still. Wahrscheinlich wollte er Kraft sparen. Wir haben die meiste Zeit miteinander Schritt gehalten.«
    »Saartje?«
    »Immer ganz vorn bei ihrem Mann. Sie

Weitere Kostenlose Bücher