Das erste Jahr ihrer Ehe
vorausrennen, wenn sie glaubte, sie könne es sich erlauben.«
Margaret ließ die Schokolade in ihrem Mund zergehen, sodass sie sich in alle Winkel verteilen konnte. Sie schmeckte wie eine köstliche fremdartige Leckerei.
»Die Sonne geht in einer Viertelstunde unter«, sagte er. »Besser, Sie nehmen Ihre Sachen und belegen ein Bett.«
»Betten gibt es nicht. Nur eine Art Matratzen.«
»Klingt nach Feldlazarett!«
Ein erschöpfter Arthur, der zu scherzen versuchte. Margaret wusste es zu würdigen und lächelte dankbar.
Patrick, der eine wunderbare Stimme besaß, begann zu singen, zum eigenen Zeitvertreib und zur Unterhaltung der anderen. Margaret hatte ihn hundertmal singen hören und war es nie müde geworden, ihm zuzuhören. Er hatte einen hell klingenden Tenor und hätte vielleicht eine Karriere als Sänger eingeschlagen, wenn er sich nicht für die Medizin entschieden hätte. Margaret beobachtete die Gesichter der anderen. Auf allen spiegelte sich Erstaunen und dann Genuss. Wer erwartete auch einen Liederabend hoch oben auf einem unwirtlichen, kalten Berg. Sie konnte es kaum glauben, dass sie noch vor weniger als zwei Tagen in glühender Sonne gestanden hatte.
Patrick sang If You Leave Me Now und Fifty Ways to Leave Your Lover und Imagine , weil alle mitsingen wollten. Als ihm die Lieder auszugehen drohten, setzten der Führer und die Träger mit ihren afrikanischen Gesängen ein. Margaret verstand die Texte nicht, aber sie waren offenbar humorvollen Inhalts. Von Zeit zu Zeit mussten die Sänger mitten im Lied so heftig lachen, dass sie kaum weitersingen konnten und alle anderen mit ihrem Gelächter ansteckten, obwohl niemand eine Ahnung hatte, worum es ging. Margaret stellte sich vor, die Texte handelten von dummen wazungu , Weißen, die einen hohen Berg in Afrika bezwingen wollten.
Einer nach dem anderen zog sich in die Banda zurück. Eigentlich hätte noch eine Gruppe kommen sollen (nicht die Deutschen), aber der Führer sagte, sie habe sich um einen Tag verspätet. Margaret legte ihre Sachen auf die äußerste von drei nebeneinanderliegenden Matratzen. Oberhalb von ihr waren drei weitere quer zu ihrer Dreierreihe angeordnet. Auf den beiden Matratzen zu ihrer Linken lagen Handtücher, sie waren also wohl besetzt. Patrick nahm deshalb die Matratze, die direkt an ihr Kopfende anstieß. Aber da Saartje und Willem ihr Nachtlager bereits mit den Kopfkissen am anderen Ende vorbereitet hatten, richtete sich Patrick nach ihnen. Wahrscheinlich, dachte Margaret, nahm er an, seine Füße würden sie nicht so sehr stören wie jemand anderen.
Gleich nach ihrer Ankunft hatte einer der Träger die Rücken ihrer Jacken abgewaschen, ohne dass sie sie ablegen mussten. Sie waren getrocknet, während sie sich um das Feuer gedrängt hatten. Pieksauber war keiner von ihnen, aber immerhin waren sie nicht völlig verdreckt. Margaret hatte die Kleider schon gewechselt und schlief in dem, was sie anhatte; die anderen zogen sich entweder draußen im Freien um oder mit umständlichen Verrenkungen in ihren Schlafsäcken. Patrick hockte am Fußende seines Schlafsacks, als Margaret in den ihren schlüpfte. Auf die Ellbogen gestützt, redete sie noch eine Weile mit ihm. Dann gab er ihr einen Kuss, wie er das jeden Abend tat, seit sie verheiratet waren. Nicht einmal wenn er Margaret böse war, versäumte er, sie zu küssen. Dann drehte er sich herum und kroch in seinen Schlafsack.
Arthur und Diana waren noch draußen.
Margaret wusste nicht, ob sie sich umzogen oder ob Arthur Diana zur Latrine begleitete. Ein Träger stand neben der Laterne vor der Tür und wartete darauf, sie endlich ausmachen zu können. Er und die anderen Afrikaner würden am Feuer nächtigen. In Ordnung schien ihr das nicht, es waren ja freie Betten da, aber die Träger waren nicht von der gewohnten Routine abzubringen, das hatte sie schon begriffen. Sie hatte den Führer überreden wollen, die freien Matratzen zu nehmen, aber er hatte ihr unmissverständlich gesagt, dass es seine Pflicht war, draußen zu bleiben und das Feuer und die Banda zu bewachen. Ihr war eins klar: Die Hauptsache war, dass sie es nicht versäumte, ihm am Ende der Tour ein ordentliches Trinkgeld zu geben.
Am Eingang zur Hütte hörte Margaret jetzt Stimmen. Der Träger löschte die Laterne und schloss die Tür hinter Diana und Arthur. Margaret konnte ihre Gesichter nicht erkennen, nicht einmal ihre Körper. Aber sie hörte das Rascheln, als sie sich zu ihren Matratzen tasteten, dann einen
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