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Das erste Jahr ihrer Ehe

Das erste Jahr ihrer Ehe

Titel: Das erste Jahr ihrer Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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die Geografie der Stadt an. Sie fand das Viertel, in dem Adhiambo lebte, ohne Mühe, aber selbst mithilfe der ziemlich detaillierten Karte konnte sie Adhiambos Hütte nicht orten. Dann fiel ihr ein, dass Adhiambo nicht an einer Straße wohnte, sondern an einem Fußweg. Sie würde sich mit James in Verbindung setzen, was nicht ganz einfach sein würde. Auch er hatte das Große Haus verlassen, als Arthur es aufgegeben hatte, und Margaret wusste nichts über seinen Verbleib. Sie hielt es dennoch für das Beste, ihre Nachforschungen in dem Haus zu beginnen, in dem Arthur und Diana gelebt hatten.
    Eine tiefe Wehmut überfiel sie, als sie in die alte Straße in Langata einbog. Sie war seit ihrem Umzug nie wieder hier gewesen. Die traumhafte Schönheit und der berauschende Duft waren ihr so vertraut, dass ihr war, als wäre sie in ihre wahre Heimat zurückgekehrt. Bilder tauchten auf: ihr kleiner Tisch mit der rot-gelben Khanga; der Salon im Großen Haus mit seinen siebzehn verschiedenen Mustern auf Stoffen und Porzellan; James, wie er an der Tür zur Küche stand und geduldig darauf wartete, dass die Gesellschaft vom Essen aufstehen würde; Adhiambo mit einem Tuch vor dem Gesicht an ihrer Tür; die genervte Diana, die die junge Frau unbedingt bei ihnen unterbringen wollte.
    Margaret wusste, dass das Haus jetzt dem Verkehrsminister gehörte. Sie war ihm nie persönlich begegnet, aber sie hatte ein ziemlich unfreundliches, rein auf Vorurteilen gegründetes Bild von ihm: dick, arrogant und machtbesessen. Vor dem Tor hielt sie an und musterte den Askari, der zu ihr an den Wagen trat. Sie war nicht sicher, ob es der Mann von früher war, aber vielleicht hatte sie ja Glück.
    Sie kurbelte das Fenster herunter. Der Askari in seinem langen Soldatenmantel beugte sich zu ihr hinunter und fragte nach ihrem Namen. Er sah streng aus, beinahe bedrohlich.
    »Erinnern Sie sich an mich?«, fragte Margaret.
    Im ersten Moment hielt er sie offenbar für frech und wollte schon zu einer Warnung ansetzen. Aber dann neigte er den Kopf zur Seite und betrachtete sie. Er nickte. »Sie wohnen in der Banda.«
    Sie lächelte. »Ja, ich habe einmal dort gewohnt. Jetzt nicht mehr. Ich glaube, Sie haben hier gearbeitet, als wir umgezogen sind.«
    »Ja, das ist richtig. Ich bin mit James gekommen.«
    »Wegen James bin ich hier.« Es war ihr peinlich, dass sie James’ Nachnamen nicht wusste. »Ich suche ihn.«
    »Er arbeitet jetzt nicht mehr hier.« Der Askari richtete sich ein wenig auf, sein Gesicht entspannte sich. Sie war sicher, dass er ein Massai war.
    »Ja, das weiß ich«, sagte sie. »Ich dachte, Sie wüssten vielleicht, wo ich ihn erreichen kann.«
    »Er arbeitet jetzt für die Deutschen.«
    »Für die Deutschen?«
    »Ja, er ist jetzt Koch bei den Deutschen«, erklärte der Askari, als wäre etwas anderes gar nicht möglich. Margaret vermutete, dass er von sich selbst genauso dachte – dass er bis zu seinem Tod ein Askari bleiben würde, durchaus keine unvernünftige Erwartung. Man konnte stolz drauf sein, ein Askari zu sein, ein Privatsoldat, zu kämpfen bereit.
    »Können Sie mir sagen, wie die Leute heißen, für die er arbeitet?«, fragte Margaret. »Dann könnte ich versuchen, ihn ausfindig zu machen.«
    »Ich denke nach«, sagte der Askari. Aufrecht stehend schloss er die Augen, beugte ein Bein und legte es abgeknickt über das Knie des anderen Beins. Er verharrte so lange in dieser Haltung, dass Margaret schon glaubte, er sei in eine Trance verfallen.
    »Sie müssen Isaac fragen, der morgens in die Duka geht«, sagte er schließlich. »Kennen Sie Isaac?«
    Margaret schüttelte den Kopf.
    »Fahren sie zur Duka und fragen Sie nach Isaac. Er ist ein Verwandter von James.«
    Margaret nahm ihren Geldbeutel heraus und gab dem Askari einen Zwanzig-Schilling-Schein.
    » Asante sana «, sagte er und verneigte sich.
    Zur Duka, dem Laden, in dem sie so oft eingekauft hatte, war es eine kurze Fahrt. Sie wappnete sich gegen den intensiven Fleischgeruch, aber als sie drinnen war, fand sie es beruhigend, die vertrauten Produkte wie immer auf ihren Regalen gestapelt zu sehen. Sie ging zur Theke und fragte Juma, den sie kannte, wo sie Isaac finden könne.
    »Und Sie sind Miss Margaret? Wollen Sie mich nicht begrüßen? Es ist lange her, dass Sie hier waren.«
    »Oh, verzeihen Sie«, sagte sie mit aufrichtigem Bedauern. Was war aus ihren kenianischen Umgangsformen geworden? »Wie geht es Ihnen, Juma? Und Ihrer Familie?«
    »Es geht uns gut«, antwortete

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