Das erste Mal und immer wieder
gelandet. Es tat mir selbst am meisten leid, aber ich spürte, dass es Zeit war zu gehen. So wie das Jahr ging, so ging auch das Verhältnis mit Rene zu Ende.
An dem Wochenende, an dem wir die Stute dann transportieren wollten, konnte er nicht weg. Er hatte zwei neue Pferde eingekauft, und eines war scheinbar erkrankt. Wir warteten tagelang, er pflegte es und rief den Tierarzt. Aber es war schon zu spät. Neun der fünfzehn Pferde hatten sich angesteckt, unter ihnen auch Esmeralda. Zwei der Tiere konnten sie retten, der Rest wurde erschossen. Ich war sehr, sehr traurig, und für Rene bedeutete es das Aus. Er verkaufte die Pferde einzeln, schnappte sich seinen Andalusier und war verschwunden. Gott allein weiß, wo ihn das Leben hingespült haben mag. Das Gestüt gibt es noch immer.
Sogar eine kleine Bar steht auf dem Hügel, Rene bereitete dort Kaffee und Baguettes für die Gäste oder Eltern reitender Kinder. Wann immer ich dort vorbeifahre, steige ich kurz aus und sehe die Straße hoch, die staubig und unwegsam zu den Bergen hinaufführt. Und manchmal wünsche ich mir dann, die Zeit ließe sich wenigstens kurzfristig zurückdrehen. Zu gern würde ich noch einmal auf der alten Stute den Berg hinaufreiten.
Im November wurde der Club für drei Monate geschlossen. Es waren kaum noch Urlauber da. Das Partyviertel lag verwaist. Kneipen und Stände waren verrammelt und verriegelt. Der Wind pfiff durch die Lattenzäune der Terrassenumrandungen. Die Sonnenhütchen und die Liegen wurden mit großen Treckern vom Strand gezogen. Die Hotels schlossen. Nur sehr vereinzelt konnte man Musik vernehmen, aus kleinen Straßen, wo Pubs lagen, die ganzjährig jetzt für die »Einheimischen« geöffnet hatten.
Ich machte einige Wochen Urlaub, flog nach Deutschland, um meinen Sohn zu treffen, und besuchte meinen Bruder. Auch Stefan traf ich. Er lebte in einer neuen Beziehung, aber noch immer sah man ihm die Vergangenheit an. Ich sah sie ihm an, und obwohl wir uns nicht allzu viel zu sagen hatten, verbrachten wir einige Abende – meist schweigend – am Flipper oder nebeneinander im Café, nur um einfach so zusammen zu sein. Während er versuchte zu verarbeiten, zu akzeptieren, war ich noch immer dabei, alles zu verdrängen. Ich ließ keinerlei Gedanken zu, die mich irgendwie an unsere gemeinsame Zeit hätten erinnern können. Die Tage mit Chrissi verliefen sehr harmonisch.
Nun weihten wir Oma doch in unsere Pläne, dass mein Sohn zu mir auf die Insel ziehen sollte, ein. Sie flippte aus. Wies das weit von sich und erklärte sich damit nicht einverstanden. Beide, auch der Opa, hatten sich mittlerweile an »ihr Kind« gewöhnt. Ich sollte alleine fahren und der Junge bei ihnen die Schule abschließen. Christopher bekam den Streit mit und fühlte sich ziemlich zerrissen. Also beließ ich es bei der Diskussion und vermied vorläufig weitere Gespräche. Trotz allem wurde es ein sehr schönes, feierliches Weihnachten. Ich verbrachte die Tage bei meinen ersten Schwiegereltern. Ich liebte Weihnachten sehr und fuhr mit meinem Kleinen so oft es ging zum Weihnachtsmarkt. Da waren wir gerne, sogen den Duft der gebratenen und gezuckerten Köstlichkeiten ein, kauften allerlei Schnickschnack und ließen uns danach in einem Straßencafé nieder, um becherweise heiße Schokolade zum Aufwärmen in uns reinzuschütten. Wir spielten »Malefiz« und »Mensch, ärgere dich nicht« an den Tischen.
Ich besuchte Tanja, die mittlerweile fest in ihrer Beziehung zum Vater ihres letzten Kindes lebte. Traf Laura in unserem altem Stammcafé und fühlte mich, als käme ich vom Mond zurück.
Überlegungen, wie es weitergehen sollte, drängten sich mir bei jedem Gespräch auf. Wenn Christopher bei mir lebte, war mein jetziger Lebenswandel nicht länger möglich. Das war mir klar. Nach langem Hin und Her einigten wir uns in der Familie darauf, dass der Junge auch die zweite Klasse dort abschließen sollte.
Christopher war einverstanden unter der Voraussetzung, dass er dann umziehen durfte. Es war für ihn in Ordnung, denn er war auch gern bei seinen Großeltern, und die Sehnsucht nach mir war nach den vielen Wochen, die ich dort verbracht hatte, fürs Erste gestillt.
So flog ich erneut zur Insel und beschloss, mich weiter umzusehen. Ich fand einen kleinen Club, der über den Winter geöffnet hatte. Es war nur ein winziger Raum, eine kleine Theke mit wenigen Barhockern und einer einzigen Bank. Vom Gang zur Toilette gingen dann die Zimmer ab, es waren nur zwei, und
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