Das erste Mal und immer wieder
sie waren noch spärlicher möbliert als die aus dem »Touristenschuppen«. Die Gäste waren durchweg kleine, schmierige Typen, die hier für Pfennige ihr Bier tranken. Es gab nur Flaschenbier und nur kleine Gläser Sekt. Die Preise waren so tief, dass ich erschrak. Die Mädchen, durchweg dunkelhäutig und füllig, beneideten mich jetzt um meine große, schlanke Figur und meine blonden Haare.
Obwohl ich auf Grund der Verständigung eigentlich eher wenig Gäste hatte, bekam ich keinen Anschluss an sie. Ich fühlte mich immer wie eine Fremde und stand fast nur alleine herum. Ich zählte die Tage bis zum Frühjahr. Auch hatte ich eine Menge Zahlungen in Deutschland tätigen müssen, Sachen und Rechnungen, die liegen geblieben waren, als ich einfach Hals über Kopf das Land verließ. Der Urlaub hatte mich ebenfalls sehr viel gekostet, und so sah ich der nächsten Zukunft eher betrübt ins Auge. Hier würde ich nicht lange wie gewohnt überleben können. Das machte mir Angst. Manchmal überkam mich solche Angst vor dem nächsten Tag, dass ich wie gelähmt im Bett lag. Das hielt jedoch nie lange an, und so reihten sich Nacht an Nacht und Tag an Tag, ohne dass ich eine Alternative gefunden hätte.
Nebenbei hatte ich zwei oder drei Liaisons mit Türstehern der großen Discos, die jetzt auf »Ruhe und Gemütlichkeit« machten und auf den Sommer warteten. Ich ging auch viel spazieren und so fand ich eines Tages die kleine Videothek in einer abgelegenen Straße. Der Inhaber, ein Grieche, hatte einen Gyrosstand aufgemacht, und seinen ehemaligen Videoverleih hatte er auch gleich mitgebracht. Wir befreundeten uns, er hatte seine Frau sowie seine kleine Tochter dabei, und bald war ich dort Stammgast. Saß viele Nachmittage dort, quatschte und »betrank« mich mit Kaffee. Gäste kamen nicht viele, das Viertel war wie leergefegt, und so saßen wir in den beheizten Räumen, aßen Gyros und erzählten uns gegenseitig dies und das aus unserem Leben.
Es war das zweite Jahr, das sie hier verbrachten, und seiner Frau bekam das Klima nicht. Sie war häufig krank, fuhr ständig nach Deutschland, um den Arzt aufzusuchen. Und ihren Freund, aber das wusste zu diesem Zeitpunkt noch keiner. Sie war 15 Jahre jünger als ihr Mann, und obwohl ich etwas vermutete, verurteilte ich sie nicht. Genauso wenig wie die beiden an meiner »Tätigkeit« Anstoß nahmen. Bald kam ein weiterer Gast dazu, Andreas. Er war Deutscher, lebte jedoch schon von Kindesbeinen an hier auf der Insel und war dadurch eigentlich eher spanisch. Er war wohlbeleibt und liebte das Essen. Seine Freundin war immer nur monatsweise dort, da sie nebenbei noch ihre halbwüchsigen Kinder aus erster Ehe in Deutschland versorgte. So hatte er oft Langeweile und gesellte sich zu uns. Tagsüber betrieb er einen florierenden Elektrohandel. Sein Geschäft lief immer gut, er kannte jeden und alle. Er erzählte mir viel von den Menschen, die hier regelmäßig her- und wieder wegzogen. Von den ganzen »verkrachten« Existenzen, die hier noch an ihr Glück glaubten und bald darauf völlig desillusioniert abreisten. Mit großen Plänen, meist die Gastronomie betreffend, strömten sie auf die Insel.
Aber auch Vertreter, Handelsreisende oder »Pyramidenbauer«, Anlageberater und Immobilienhändler stapelten sich jedes Jahr aufs Neue in den Inseraten der ansässigen Zeitungen. Nach wenigen Wochen schon wurden die Anzeigen kleiner und bald darauf durch andere ersetzt. Die Verlockung, mal »auszusteigen«, in der Sonne zu leben, hatte eine enorme Anziehungskraft. Mit Kind und Kegel kamen sie an, und viele haben hier ihr Leben erst richtig kaputtgemacht. Aber mich ging das alles nichts an, hatte ich doch selber genügend Probleme.
Mit Hilfe von Andreas fand ich dann eine andere Bar. Sie war in der nächsten Stadt, und ich musste nun jeden Abend 20 Kilometer fahren, um zur Arbeit zu kommen. Die Bar war größer und es waren an die 20 Mädchen dort. Endlich traf ich wieder auf deutsche Frauen, mit denen ich mich anfreunden konnte. Oft haben wir uns abends zusammen Essen bestellt und wie eine große Familie an dem riesigen Küchentisch gespeist. Aber auch die spanischen oder dominikanischen Frauen waren nett und lustig, und es war kein großes Problem mehr, sich einzuleben. Der Club öffnete um 16.00 Uhr und war geöffnet bis 05.00 Uhr morgens. Ich schob wieder ewig lange Schichten und verdiente erneut ausreichend Geld. Die Gäste waren gut situiert, Spanier vom Festland oder ansässige Anwälte und
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