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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Seite.
    Skip sprang auf, tastete panisch nach seinem Schwert und schrie »Hilfe!« Laut. Sehr laut. Es musste doch jemanden geben in
     diesem Gasthof, der diese Schurken zur Ordnung rief!
    Erle stellte sich, die Axt in der Hand, an Garnalds Seite. Skip riss das Schwert aus der Scheide und hastete zu ihnen. Er
     kam nur einen Schritt weit, bis eine derbe Hand ihn zurückzerrte.
    »Du bleibst schön da, Hübscher!«, wisperte eine furchteinflößende Stimme an seinem Ohr. »Wir wollen doch nicht, dass du verletzt
     wirst, bevor wir unseren Spaß mit dir hatten.«
    Skip starrte den neuen Feind an. Er sah wie der Zwilling des ersten aus – derselbe Gestank, dasselbe morsche Gebiss, dieselben
     wulstigen Lippen und roten Schweinsäuglein.
    Ekel und Zorn überschwemmten Skips Denken. Er versuchte freizukommen und an dem Kerl vorbeizuschlüpfen. Und wurde wie eine
     Lumpenpuppe beiseite geschleudert und prallte zuerst gegen das Bett, dann gegen die Wand.
    |263| »Böse, böse!« Der Mann schnalzte mit der Zunge. »Jetzt sei ein guter Junge. Bleib, wo du bist!«
    Was wollen sie von mir?,
dachte Skip ganz kläglich – und wusste es doch längst. Sein Mund wurde so trocken wie das Wüstland.
    Er wollte es gar nicht wissen. Stattdessen umklammerte er den Schwertgriff mit beiden Händen und hob die Klinge bis in Höhe
     seines Gesichtes an. Er würde sich nicht fügen, gleich, was sie von ihm wollten. Er würde kämpfen. Wenn nötig, bis zum Tod.
    Er verschaffte sich einen Überblick über den Raum. Denjenigen mitgerechnet, der ihn in Schach hielt, standen Garnald und Erle
     vier Bewaffnete gegenüber; zwei weitere Leibwächter richteten sich in ihren Betten auf, griffen nach ihren Waffen und waren
     bereit, in das Geschehen einzugreifen. Die Kaufleute aus Jaimir gaben vor, tief und fest zu schlafen.
    »Helft uns!«, rief Skip abermals, so laut es ihm nur möglich war.
    Einer der Händler, der ältere, regte sich, wälzte sich auf die andere Seite herum und sah Skip geradewegs ins Gesicht.
    »Du hättest sie nicht reizen dürfen«, murmelte er schläfrig. »Du hättest über dich ergehen lassen können, wonach es sie gelüstet
     – aber nein, du musstest alle aufwecken. Nun sind uns die Hände gebunden.«
    Hilflosigkeit kann demütigen.
Wir werden alle sterben
, dachte Skip.
Und das nur meinetwegen.
Verzweiflung drohte ihn zu übermannen.
Er musste etwas tun.
Er richtete die Schwertspitze auf jenen Kerl, der ihm am nächsten stand, und tief in ihm hallte ein jämmerlich panisches Kreischen:
Jetzt! Jetzt!,
und er machte sich bereit, loszustürzen. Die Klinge lag so leicht in seinen Händen, eine natürliche Verlängerung seiner Arme,
     gefertigt, seine Feinde zu verderben. Es war eine mächtige Waffe, wenn er auch nicht wusste, wie sie zu führen war. Das Mondlicht
     schien heller zu werden, |264| aufzuglühen, Blitze zu verschleudern, und er sah nichts als Tod in den Augen der Männer ringsumher.
    Er kam nicht mehr dazu, sich nach vorn zu werfen.
    »Was geht hier vor?«
    Eine Frauenstimme. An der Tür. Alle waren abgelenkt, wandten den Kopf und starrten. Einige der Leibwächter stießen anerkennende
     Pfiffe aus.
    Skip reckte den Hals und spähte an den massigen Gestalten der am nächsten stehenden Kerle vorbei.
    Er wusste längst, wen er dort in der Türöffnung, ganz in schwarz und schlank und verführerisch, sehen würde:
Kara.
Natürlich. Wen sonst! Sie war unbewaffnet und sah lächerlich winzig aus im Vergleich zu diesen hünenhaften Gesellen; demjenigen,
     der ihr am nächsten stand, reichte sie allenfalls bis in Schulterhöhe.
    Skips Gegenüber ließ ein schmatzendes Geräusch hören. »Niiieed-lich!«, sagte er und zog das Wort übertrieben in die Länge.
     »Hatte noch nie eine Olivianerin.«
    Kara musterte ihn geringschätzig. »Im Norden«, sagte sie abfällig, »kastriert man deinesgleichen auf dem Marktplatz vor aller
     Augen. Sieht ganz danach aus, als könnte ich dir diese Demütigung ersparen.«
    Sie quittierten es mit wieherndem Gelächter. »Man glaubt es kaum!«, grunzten und wieherten sie. »Hat noch keinen richtigen
     Mann gesehen, das kleine Mädchen, und redet schon vom Kastrieren. Schau her, Süße, komm, ich zeig’ dir was!«
    Er griff hinab und nestelte an seinem Gürtel herum.
    »Besser, du lässt deine Hosen an«, sagte sie. »Bevor du’s bereust.« Sie wandte sich allen zu und erntete noch mehr Gebrüll.
     »Ich schlage vor, wir vergessen die Sache und geh’n schlafen.
Jetzt

    Ein Orkan aus

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