Das erste Schwert
in ihren über den Boden raschelnden Seidenkleidern |270| herbeigeschwebt, um ihren Platz zu seiner Rechten und Linken einzunehmen. Er holte tief Luft und mühte sich nach Kräften,
die schwindelerregende Wirkung ihres Parfums zu ignorieren.
»Geleite ihn herein, Mikah«, ordnete er an. »Und trag’ mir dafür Sorge, dass sich unser kleiner Schatz, Prinzessin Aljbeda,
wohlbehütet in ihren Gemächern aufhält. Es ist Schlafenszeit für Ihre Königliche Hoheit, wenn ich mich nicht irre. Königin
Rajmella würde es mir niemals vergeben, verlöre ich der Prinzessin wohlgeordneten Tagesablauf aus den Augen.«
»Jawohl, mein Herr«, antwortete Mikah dezent. Er verbeugte sich, wandte sich halb um und nickte jemandem zu, der unsichtbar
im Korridor stand. Dann zog er sich geräuschlos zurück.
Der Tanad straffte sich, richtete den Blick geradewegs auf die Tür und drapierte ein willkommen heißendes Lächeln auf seinem
Gesicht.
»Eine Freude, Euch zu sehen, Herzog!«, rief er mit volltönender Samtstimme aus. »Welche Ehre, den Kopf des Hauses Ellitand
zum Gast zu haben!«
Er tat zwei, drei beschwingte Schritte und streckte die Hand aus, um den Ankömmling zu begrüßen – und war nur kurz aus dem
Konzept gebracht, als hinter des Herzogs imposanter Gestalt eine zweite Person den Raum betrat.
»Gewiss erinnert Ihr Euch meiner Tochter Celana«, sagte Daemur Ellitand. »Vergebt mir, dass ich sie ohne Ankündigung mitbrachte.
Nach all dem Blutvergießen in den Straßen von Tandar war mir äußerst unwohl bei dem Gedanken, sie allein in ihren Gemächern
zurückzulassen. Väterliche Besorgnis, wie Ihr wohl versteht.«
Äußerlich ganz verzückt näherte sich der Tanad Hochdame Celanas perfekter Statuengestalt und beugte sich zum Kuss über ihre
marmorkalte Hand.
|271| »Meine Dame – ich bin zutiefst geehrt!«, murmelte er und wünschte, die stupiden Kühe Felissa und Lavinia hätten daran gedacht,
zur Begrüßung ein wenig züchtigere Kleider anzulegen. Es war alles so perfekt gewesen! Woher nur hatte er wissen sollen, dass
Ellitand seine
Tochter
zu dieser Zusammenkunft mitbrachte?
Und schon beim nächsten Schlag seines Herzens wusste er, dass es ein Fehler gewesen war, ausgerechnet jene Gerüchte in seinen
Überlegungen vernachlässigt zu haben, wie vertrauensvoll nahe sich diese beiden stünden.
»Celana ist mir in allen Staatsangelegenheiten eine loyale Vertraute«, fuhr der Seengebieter fort und nahm auf dem dargebotenen
Stuhl Platz. Zur gleichen Zeit zwickte den Tanad ein höchst unangenehmer Verdacht – dass nämlich sein hoher Gast ihn von vornherein
durchschaut hatte. »Ihre Anwesenheit macht es überflüssig, ihr später alles zu wiederholen.«
»Und ich darf mich doppelt glücklich preisen!«, flötete Eli Faruh und gewann seine Fassung bereits wieder. Gemessenen Schrittes
ging er zu seinem Platz und ließ sich neben Hochdame Celana nieder. Flüchtig kam ihm der Gedanke, wie nachdrücklich die Grüntöne,
welche seine Gäste als Kleiderfarben bevorzugten, mit der in luxuriösem Granatrot und Gold gehaltenen Dekoration dieses Raumes
kontrastierten. »Es kommt nicht jeden Tag vor, dass einem einfachen Gesandten die Ehre zuteil wird, nicht nur des Königs jüngeren
Bruder, sondern darüberhinaus auch dessen ebenso schöne wie kluge Tochter bewirten zu dürfen.«
Er verbeugte sich in Hochdame Celanas Richtung und erhielt das winzigste Aufzucken eines Lächelns zur Antwort. Wodurch dem
Tanad nur umso unbehaglicher zumute wurde. Er war es nicht gewohnt, dass Frauen seine überschwängliche Redekunst lediglich
mit solcher Beiläufigkeit zur Kenntnis nahmen. Um genau zu sein – die meisten wären wohl zumindest |272| errötet und hätten vor seinem so unverblümten Starren den Kopf gesenkt, während die Hochdame Celana geradezu entnervend gelassen
darin fortfuhr, ihn mit ihren großen, smaragdenen Augen zu taxieren, als warte sie auf mehr.
Der Tanad runzelte die Stirn. Dies konnte nur eines zu bedeuten haben. Ellitands Tochter war entweder äußerst stupide oder
über alle Maßen klug. Während er es vorzog, mit Menschen zu verhandeln, auf die ersteres zutraf, sprach in diesem Falle eine
viel zu große Wahrscheinlichkeit dafür, dass
sie
letzteres für sich beanspruchen konnte – und das trug keineswegs zu seinem Wohlbefinden bei.
Erst jetzt hielt Eli Faruh irritiert nach seinen beiden olivianischen Damen Ausschau. Sie waren am anderen Ende der intim
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