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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Brüllen und Lachen durchtobte den Saal; einige von ihnen schlugen sich prustend auf die Schenkel.
    |265| »Wo hast du deine Waffen gelassen, Söldnerin?«, zischte Garnald über die Schulter zu ihr hin und wich langsam, rückwärts gehend,
     zurück.
    »Meine brauch’ ich gar nicht«, sagte sie, »hier gibt’s doch mehr als genug.« Ein eisiges Schattenlächeln umspielte ihre Lippen.
     Jedem normalen Menschen wäre es eine Warnung gewesen. Der Kerl jedoch, der Skip aufgeweckt hatte, spuckte ihr vor die Füße,
     hob sein Metzgermesser und öffnete den Mund – vermutlich, um noch ein paar Drohungen auszustoßen. Doch heraus kam nur ein
     furchtbarer, gurgelnder Laut, gerade so, als versuche er, gleichzeitig ein-
und
auszuatmen. Karas Handkante berührte die Brust des Mannes, sein Knie, seine Schädelseite. Alle diese Berührungen zusammengenommen
     dauerten kaum länger als ein Wimpernschlag. Dann trat Kara auch schon zurück und sah dem Kerl in aller Seelenruhe dabei zu,
     wie er zusammenbrach.
    Allerdings hielt nun
sie
das Schlachtermesser in der Hand.
    »Sonst noch jemand?«, fragte sie, so ruhig wie zuvor.
Nicht im Geringsten außer Atem.
Skip hoffte, dass er nicht der einzige in diesem Saal war, dem das auffiel.
    Sie warfen sich alle gleichzeitig auf sie, eine brodelnde, stampfende Masse brüllender, fluchender, stinkender Männer. Der
     Platz wurde rar in jener Ecke, in die Kara sich zurückgezogen hatte. Erle schaffte es gerade noch, einen grotesken Sprung
     zur Seite zu tun – andernfalls wäre er überrannt worden.
    Skip rappelte sich auf und rückte vor, atemlos; die in Höhe seines Gesichts gehobene Klinge leitete ihn, frostiges Mondlicht
     huschte darüber.
Schneller!
Er dachte nicht daran, ihrer aller Verteidigung Kara allein zu überlassen. Er wusste – sie sterben zu sehen, könnte er nicht
ertragen
!
    Er wurde an der Schulter gepackt. Zähnefletschend fuhr Skip herum, entschlossen, jedem, der ihn anzufassen wagte, das Schwert
     ins Gesicht zu rammen.
    |266| Und sah sich Garnald gegenüber. »Halt dich da ’raus, Junge!«, raunte ihm der Pfuhlgänger warnend zu.
    Skip wollte seinen Ohren kaum trauen. »Aber   –«, protestierte er, »–   willst du ihr denn nicht helfen? Die bringen sie um!«
    »Glaub’ ich nicht«, widersprach Garnald, ganz gelassen.
    »Wir müssen ihr beistehen!«, herrschte nun auch Erle ihn an. »Sie kann’s unmöglich mit sechs Gegnern gleichzeitig aufnehmen,
     egal, wie gut sie kämpft! Sie beschützt
uns!
«
    Ein riesenhafter Körper flog Erle aus dem Dunkel jener Ecke heraus entgegen und brach in einem Gewirbel schlaffer Arme und
     Beine direkt vor einem Bett zusammen.
    »Fünf«, sagte Garnald kühl. »Ich denke, ihr beiden solltet ihr ein wenig Zeit geben.«
    Zwei weitere Leibwächter sackten gleichzeitig wie vom Blitz getroffen zu Boden. Die Nachdrängenden stolperten über sie und
     behinderten sich fluchend gegenseitig. Der ganze Saal stank jetzt nach Angstschweiß. Skip vermochte von Kara nicht viel mehr
     zu sehen als huschende Schwärze, eine entfernt menschliche Gestalt, ein Zauberwesen aus Mondlicht, Luft, Stahl, das mit dem
     Dunkel in jener Ecke verschmolz – und schneller als jedes menschliche Auge zu folgen vermochte, wieder daraus hervorschnellte
     und zuschlug.
    Ein weiterer Leibwächter ging zu Boden, und sie wich ihm elegant aus. Sie hielt in jeder Hand eines dieser grässlichen Schlachtermesser.
     In Höhe ihres Gesichts. Kampfbereit.
    »Ich schlage noch einmal vor, dass wir aufhören«, sagte sie. Skip horchte auf. Täuschte er sich, oder war da tatsächlich eine
     winzige Unregelmäßigkeit in ihrem Atmen zu hören gewesen – was immerhin Beweis dafür wäre, dass sie letzten Endes doch ein
     menschliches Wesen war? »Andernfalls«, fuhr sie fort, »werde ich diese Waffen hier benutzen. Schätze, eure Dienstherren dürften
     nicht sehr glücklich darüber |267| sein, wenn ihr euch bei etwas anderem verletzt als der Verteidigung ihrer wertvollen Besitztümer.«
    Die beiden noch aufrecht stehenden Leibwächter schienen Argumenten nun aufgeschlossener gegenüberzustehen.
    »Aber du hast meinen Bruder umgebracht«, stieß der eine unsicher hervor. »Ich kann ihn nicht ungerächt lassen! Ich hab’s unserer
     Mutter versprochen!«
    »Er ruht sich nur aus«, sagte Kara. Sie verpasste der schlaffen Gestalt einen Tritt und erhielt ein Stöhnen zur Antwort. »Wie
     wär’s, wenn ihr’s ihm gleich tut? Morgen steht uns allen ein langer Tag

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