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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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aus einem der Haindörfer jener Waldlande?«, erkundigte
     sich Abib.
    Oden Lan starrte ihn nur schweigend an.
    »Natürlich liegt mir nichts ferner, als in den Angelegenheiten unseres obersten Hirten herumzuschnüffeln. Aber dem Vernehmen
     nach kam der Junge nicht in den Waldlanden zur Welt. Wenn er aber ein Walder ist – so wünsche ich inbrünstig, dass sie ihn
     beizeiten unter Kontrolle bekommen, bevor er allzuviel Schaden anzurichten vermag!«
    Abibs Augen glitzerten boshaft. »Man kann Euch vieles nachsagen, Meister Aghat. Aber ich weiß, Ihr seid nicht naiv. Oder glaubt
     Ihr wirklich, dass alle unsere Probleme aus den Waldlanden stammen? Was, meint Ihr, stellen die Priester in Aknabar den lieben
     langen Tag hinter den Mauern ihres gewaltigen Klosters an? Welchem Schoß, glaubt Ihr, entspringen all die Bastardwesen?«
    |305| Doch Oden Lan beharrte auf seiner Meinung. »Zumindest eine gute Tat muss man ihnen anrechnen«, sagte er. »Sie vereiteln, dass
     mit widernatürlichen Fähigkeiten verseuchtes Leben geboren wird. Sie räumen auf, was die Wissenskünstler zurückließen. Wir
     wollen doch nicht, dass dort draußen Menschen mit
ungewöhnlichen
Kräften umherstreifen – oder?«
    »Woher wollt Ihr wissen, dass dies nicht längst der Fall ist?«
    Sie blickten einander an. Dann kicherte Oden Lan in sich hinein und lehnte sich entspannt in seinen Sessel zurück. »Es ist
     nicht meine Aufgabe, Partei zu ergreifen, Abib«, entgegnete er. »Vielleicht habt Ihr recht mit dem, was Ihr ungesagt lasst,
     jedoch andeutet; vielleicht ist es weit besser, die Widernatürlichen dort draußen in der Welt zu haben, als nicht das Geringste
     über sie zu wissen.«
    Abib blinzelte zu ihm herüber. »Eines jedenfalls wisst Ihr besser als jeder andere – dass nämlich, wäre es auch in den Mauern
     dieser Feste nach dem Willen der Priester gegangen, kein einziger der Majat die Geburts-Probe überlebt hätte. Ein Diamant-Majat
     muss über schärfere Sinne verfügen, wie auch die Fähigkeit, sich schneller als jeder normale Mensch zu bewegen – und das wisst
     Ihr so gut wie ich. Ohne das Verfluchte Geschenk hätte unsere Gilde nicht ihren hohen Stand, oder seht Ihr das anders, Aghat?«
    »Die Verfluchte Gabe«, korrigierte Oden Lan. »
Ghaz Alim.
Aber wir sind anders, Abib. Unsere Instinkte, unsere geschärften Sinne, unsere Fähigkeit, schnell wie der Blitz zu reagieren
     und zu handeln – das alles macht uns noch nicht zu widernatürlichen Überwesen. Ich ziehe es vor, zu sagen: Wir sind in manchen
     Belangen einfach besser.«
    Abib schnalzte mit der Zunge. »Sind wir da nicht ein wenig voreingenommen?«, stritt er dagegen an. »Bedenkt, wie viele Talente
     mit den armen vergifteten Kleinkindern ins Grab gelegt wurden – nur, weil der Allheilige Vater Haghos |306| wegen des in ihnen schlummernden Potenzials seine klitzekleine Paranoia pflegt.«
    »Majat-Qualitäten sind notwendig«, wandte Oden Lan ein. »Ich denke, dies versteht sogar Seine Heiligkeit. Wir leisten diesem
     Land gute Dienste, und sei es nur dadurch, dass es uns gibt; eine unabhängige Macht, mit der jedermann rechnen muss. Und da
     uns die Priester darin gewähren ließen,
unsere
Gabe zu bewahren, schulden wir ihnen einen gewissen Dank, ob Euch das nun gefällt oder nicht.«
    »Und was ist mit den Bewahrern? Glaubt Ihr nicht, dass sie eine größere Achtung verdienen? Immerhin bewahren sie das Buch
     des Wissens schon so verdammt lange   ... länger als unsere Gilde existiert. Zugegeben, sie sind in diesen Tagen nicht gerade das, was man einen Machtfaktor nennen
     möchte, aber wenn sie wegen dieses einen Jungen im Zwist mit den Priestern liegen   ... meint Ihr nicht, dass sie dann gute Gründe dafür haben?«
    Oden Lan seufzte. »Ich weiß zu wenig von den Bewahrern und womit sie in Wahrheit befasst sind, Abib«, erwiderte er. »Jedenfalls
     eindeutig nicht genug, um mir ein Urteil erlauben zu können.«
    »Voreingenommenheit ist es!«, schlussfolgerte Abib, und spöttische Funken tanzten in den Tiefen seiner blauen Augen. »Nach
     allem, was ich heute von Euch zu hören bekam, bleibt mir nur die Meinung, dass Ihr den Priestern einen besseren Assassinen
     erwählt habt als den Bewahrern. Welche beiden habt Ihr entsandt?«
    »Das kann ich Euch nicht sagen, alter Freund, Ihr wisst das«, brummte Oden Lan, senkte den Kopf und starrte den Beutel voller
     Goldkronen an.
    Abib folgte seinem Blick. Er nickte wissend.
    »Der Kodex«, sagte er

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