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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Pferdes zerbersten. Skip musste
     mit aller Gewalt an sich halten, um nicht wie ein kleines Kind die Augen zu schließen. Und mehr noch: Er war fest entschlossen,
     durchzuhalten und dem Elligar die Stirn zu bieten.
    »Wie lange dauert die Überfahrt?«, wandte er sich an den Fährmann.
    Der Mann schnalzte mit der Zunge und spuckte über das, was er wohl als Reling bezeichnen mochte. »Hast du’s eilig, Junge?«
     Sein Gesicht zerknitterte unter einem sarkastischen Grinsen. Abermals spuckte er aus – diesmal jedoch in die eigenen Hände.
     Nachdem die Spucke tüchtig verrieben war, stieß er die Fähre mit einer baumlangen und, wie es Skip vorkam, annähernd baumdicken
     Stange vom Steg ab.
    Zwei mächtige Taue erstreckten sich vom diesseitigen zum jenseitigen Ufer über den Fluss; die Schwimmplattform war über eine
     Seilwinde daran befestigt, einem großen, rostigen Rad, das sich durch einen seitwärts angebrachten mächtigen Griff drehen
     ließ. Des Fährmanns Aufgabe bestand nun darin, sich, die Fähre und alle, die sich darauf befanden, an diesem Rad kurbelnd
     über den Fluss zu hieven – begleitet vom kreischenden Lärmen des rostigen Rades. Und zu Skips großer Verwunderung bewegte
     sich das   ... Ding tatsächlich irgendwie voran. Qualvoll langsam allerdings.
    Er schluckte, er rang darum, seine Aufmerksamkeit auf die |427| übermenschliche Muskelmasse des Fährmanns zu konzentrieren, die sich unter der Haut so gewaltig anspannte, als jener sich
     mit seinem ganzen Gewicht gegen den massiven Metallgriff stemmte. Kein Wunder, dass dieser Mann so groß war und nur aus Muskeln
     bestand! Das Gewicht von fünf Menschen und einem Pferd über diesen breiten Strom zu zerren, das stellte wahrlich keine leichte
     Aufgabe dar.
    »Hey, Junge«, sagte Kara neben ihm.
    Skip fuhr herum – und zuerst sah er nur ihre Augen   ... diese unglaublich violetten Augen. Sie kam so nahe an ihn heran, dass er, aufgrund ihres Größenunterschieds von einer
     knappen Handbreite, auf sie hinabsehen musste.
    »Was hat es auf sich mit deiner Angst vor dem Wasser?«, fuhr sie ihn an.
    Es kostete ihn einen Moment, bis er begriff,
was
sie da fragte. Es war ein so gutes Gefühl, ihr nahe zu sein, dass er ganz vergessen hatte, wo er sich befand.
    »Ich – ich hab keine Ahnung.« Nach allem, was geschehen war, sah er keinen Grund, weshalb er bestreiten sollte, vor dem Überqueren
     großer Wasserweiten tatsächlich Angst zu haben, während es ihm andererseits nie ein Problem bereitet hatte, in den kleineren
     Flüssen in Eichenhains Umgebung zu baden. Dann entschied er sich doch anders – und wich aus. »Es ist nur so, dass ich mich
     auf dem Elligar irgendwie – na ja, irgendwie unwohl fühle, das ist alles.«
    Sie gluckste. »Das ist vielleicht eine Untertreibung!«, schnaubte sie. »Es fehlte nicht viel, und du wärst an der Lickenden-Furt
     ertrunken, und jetzt bist du schon wieder so blass wie der Tod. Dankenswerterweise ist dieses
Ding
hier mit einem Geländer versehen, andernfalls wärst du wohl längst über Bord gegangen.«
    Skip wagte einen Blick in die Runde. Die Fähre näherte sich der Mitte des Flusses, jener Stelle, an der die Strömung am stärksten
     war. Allgegenwärtig umgaben ihn der kühle |428| Atem und die Wasserstimmen des Elligar – doch etwas war anders; das rhythmische rostige Kreischen des Kurbelrades mischte
     sich hinein, das Knarren des Tauwerks und das Knacken der Planken unter seinen Füßen.
    Mit einem Blinzeln brach er den Bann endgültig und sah durch Schleier aus Wimpern und Licht Ellah und Erle, die sich am gegenüberliegenden
     Geländer der Fähr-Plattform aneinanderschmiegten und sich behaglich fühlten wie zwei Vögel in ihrem Nest. Von dort, wo Skip
     stand, sah es aus, als schwebten sie über dem Wasser. Direkt neben ihnen hantierte schwitzend und keuchend der Fährmann. Alles
     schien sich wie in einer Feuersbrunst aufzulösen, der Fährmann, die Fähre, selbst der Himmel. Skip schwankte wie im Sturm
     und packte fahrig das viel zu niedere Geländer. Schützend schloss sich Karas Hand um sein Gelenk.
    »Siehst du, was ich meine?«, sagte sie.
    Er nickte. Viel zu lange fand er seine Stimme nicht wieder. Er versuchte, alles Unwichtige, alles, was nicht
Kara
war, auszusperren – und es gelang. Plötzlich gab es nur noch die Wärme ihrer Hand rings um sein Gelenk, die Windstöße, die
     ihm ihren sachten, berauschenden Duft zutrugen und ihr goldenes Haar aufplusterten oder gegen die

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