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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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hinter der Rundung des Pfeilers. Sie waren leer. »Ich – ich bin müde und höre
     mein Bett bereits rufen«, murmelte Evan und trat an dem Priester vorbei und hin zur Tür seines Schlafgemachs. Seine Worte
     hallten ihm in den Ohren – seltsam leblos; gesagt nur, damit etwas gesagt worden war.
    »Schlaft gut, Eure Erhabenheit«, brummte Bruder Pavlos. |488| Er verbeugte sich, drehte sich um und schwebte mit raschelnden Rockschößen davon.
    Evan Dorn zerrte eine Fackel aus ihrer Wandhalterung, entzündete sie und hielt den Feuerschein dicht vor das massive Schloss.
     Sein Augenlicht wurde schlechter in diesen Tagen, und auch die Kontrolle über die steifen Finger entzog sich ihm mehr und
     mehr. Aber noch war er nicht tot, noch war er ein Dorn.
    Nach einer Zeitspanne, die nur wenig länger als ein Wimpernschlag dauerte, sprang die Tür auf, und einmal mehr schlug ihm
     steinerne Grabeskälte entgegen. Evan schauderte es. Mit dem Ellbogen stieß er die knarrende Tür auf und bahnte sich vorsichtig
     seinen Weg zum Kamin, in welchem, wie er wusste, ordentlich aufgestapelte, trockene Holzscheite seiner Rückkehr harrten. Er
     hielt das prasselnde Fackelfeuer daran und beobachtete, wie die Flammen übersprangen, mit rauchigem Geflacker um sich griffen
     und schließlich eine Wärme verbreiteten, die man nur lächerlich nennen konnte.
So
würde sich die klamme Kälte niemals aus diesem Mausoleum vertreiben lassen! Nach einem vergeblichen Versuch, das schwächliche
     Feuer stärker anzuschüren, richtete er sich auf und wandte sich zur nächstgelegenen Fackelhalterung um.
    Und hörte ein sachtes Geräusch.
Hinter sich.
    Dorn handelte, ohne nachzudenken. Er ruckte herum – gerade noch beizeiten, um eine Klinge auf seinen Hals zustoßen zu sehen.
     Mit der lodernden Fackel schlug er sie beiseite; Funken wirbelten. Eine in einen dunklen Mantel gehüllte Gestalt schien größer
     und größer aufzuragen. Evan schleuderte ihr die Fackel entgegen und tat einen fließend schnellen Schritt zur Seite. Der Schatten
     hob abermals die Klinge.
    Dieses Mal war Evan bereit. Ohne in seiner Seitwärtsbewegung innezuhalten, behielt er die Schattengestalt im Auge, zielte
     einen Punkt zwei Handbreit unterhalb des Gürtels |489| an und schlug zu. Nach Regeln zu kämpfen, davon hatte er ohnedies nie etwas gehalten.
    Der Schlag traf ins Weiche, Warme, und der Kerl stöhnte mit befriedigender Inbrunst auf, klappte vornüber und senkte zudem
     unvorsichtigerweise auch noch die Schwerthand. Im Zickzack sprang Evan auf seinen Widersacher zu, trat ihm die Waffe aus der
     Hand, stellte sogleich den Fuß darauf, bückte sich, riss mit der Linken die Fackel an sich und zog mit der Rechten die eigene
     Klinge blank.
    Fast hätte er den zweiten Schatten neben sich zu spät bemerkt. Sein Körper reagierte schneller, als er es selbst für möglich
     halten wollte; ein silberner Blitzstrahl zuckte, auf sein Herz gezielt, herbei, und er tauchte darunter hindurch, seine Schwerthand
     flog hoch, und über seinem Rücken schrammte Stahl kreischend über Stahl. Er dachte nicht daran, sich auf einen Fleck bannen
     zu lassen, wirbelte wie ein Derwisch um die eigene Achse, stieß mit der Fackel zu und kam frei; der Gegner wankte, Evan zog
     sich einige Schritte weit zurück.
    Zwei Gegner
, dachte er.
    Majat arbeiteten niemals mit einem Partner. Er hatte eine Chance.
    Die Scheite im Kamin loderten auf und beleuchteten das Gemach mit trüb-rotem Geflacker. Evan nutzte es, die beiden Mordgesellen
     zu taxieren.
    Jung sahen sie aus. Und – es waren Shandorianer. Im zuckenden Wechsel von hell und dunkel vermochte er ihre Gesichter nicht
     in allen Einzelheiten zu erkennen, doch gewiss spiegelte sich längst Bestürzung über den unerwarteten Widerstand darin. Jener,
     den er mit der Faust zu Boden geschickt hatte, krümmte sich wimmernd. Er war und blieb für’s Erste aus dem Spiel. Der Zweite
     war es, der, mit einem kurzen Krummsäbel in der Rechten und einem Dolch in der Linken, ein Problem darstellte. Mit den kurzen,
     leichtfüßigen |490| Schritten eines Tänzers näherte er sich bereits wieder, und Evan wich in weitem Bogen aus und brachte zudem noch einige Möbelstücke
     zwischen sich und ihn. Sein Verstand raste. Wenn er die Tür zu erreichen vermochte, in den Korridor entkam und dort nach Leibeskräften
     schrie, so wäre seine Wache im Nu herbei. Allerhöchstens hundert Schritt weit den langen Korridor hinab waren die Männer postiert.
    Blitzartig

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