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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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anstelle ihres Halses piekste seine Schwertspitze unschuldig wirbelnde Luft. Schattenbewegungen
     flirrten, Stahl kreischte über Stahl, dann durchzuckte ihn etwas mit der Wucht eines Blitzschlages   ... und prellte ihm das Schwert aus der Hand. Aufgleißend wirbelte es durch die Luft und fuhr in die Decksplanken.
    Kara senkte ihre Waffe. »Du solltest am Griff deiner Schwerthand arbeiten«, sagte sie. »Mitten im Kampf die Klinge loszulassen,
     das ist keine gute Taktik.«
    Skip starrte fassungslos auf das im Schiffsdeck steckende Schwert. Noch immer vibrierte es unter der Wucht des Aufpralls nach.
     Fast ein Drittel der Klinge war in einer der Bohlen verschwunden, das Holz der Länge nach gesplittert. Dann staunte er, nicht
     minder fassungslos, Kara an. Wie konnte diese zerbrechlich aussehende junge Frau dermaßen stark sein?
    Er verlagerte seinen Blick hastig zu Erle und Ellah hin, die, miteinander plaudernd, im Schatten des großen Mannschaftszeltes
     saßen.
Greift mich an – alle drei!
Mit dieser Aufforderung hatte der heutige Schwert-Unterricht begonnen, jedoch waren Ellah und Erle nur allzubald ermüdet.
     Skip wischte sich die Haare aus dem verschwitzten Gesicht. Jetzt, da sich die fiebrige Aufregung des Kampfes verlor, spürte
     auch Skip, wie erschöpft er war. Schwer wie ein Amboss hing |501| sein Schwertarm am Schultergelenk. Überall dort an Hals und Brust, wo Karas Schwertspitze ihn gepiekst und damit einen Treffer
     markiert hatte, brannte ihm die Haut. Und überhaupt zeigte mittlerweile auch die Anstrengung, die es ihn kostete, sein ganzes
     Denken vom allgegenwärtigen Wasser des Elligar fernzuhalten, ihre Wirkung. Er fühlte sich unwohl und benommen.
    So wandte er sich wieder Kara zu; hübsch und, wie stets, ganz in Schwarz gekleidet, stand sie ihm in bester Verfassung gegenüber.
     Sie sah frisch und strahlend aus, als sei sie nach einer erholsamen Nachtruhe gerade erst an Deck und in die Sonne herausgetreten.
    Er biss die Zähne zusammen.
Oh, nein!
Er dachte nicht daran, ihr seine Erschöpfung einzugestehen! Er
wollte
lernen, er
wollte
diese Übungseinheiten mit ihr.
    Bevor er sich’s versah, fand er sich, halb stapfend, halb taumelnd, unterwegs – hin zu seinem Schwert; er packte den Griff
     mit beiden Händen und zog. Es rührte sich um keine Haaresbreite! Dienstfreie Rudermänner, die dem Kampf aus sicherer Entfernung
     zugeschaut hatten, brüllten vor Lachen. Etwas in Skip wurde hart wie Kristall. Verbissen sammelte er seine ganze verbliebene
     Kraft und zerrte abermals. Knirschend kam die Klinge frei. Der eigene Schwung hätte ihn fast rücklings gegen die Reling torkeln
     lassen. Die Rudermänner quittierten es mit weiterem Gelächter.
    »Gib’s auf, Junge!«, riefen sie zu ihm herüber. »Sie ist viel zu gut für dich!« Und sie warfen Kara Kusshände zu. Die sie,
     wie ihm freilich nicht entging, ignorierte.
    »Ich denke auch, dass es für heute genug ist, Skip«, sagte sie.
    Skip straffte sich, das Schwert in der Hand. Er konnte nicht aufhören, nicht
aufgeben.
Es war das erste Mal, dass Kara und er von Angesicht zu Angesicht kämpften, und obgleich sie eindeutig unendlich viel besser
     war als er je zu sein |502| hoffen konnte, war es einfach zu viel verlangt von ihm, den heutigen Unterricht so zu beenden – beschämt und geschlagen. »Eine
     Runde noch!« Er sagte es nicht bittend, sondern in
forderndem
Ton
.
    Sie zuckte gleichmütig mit den Schultern, ließ die Schwertspitze einmal spielerisch von links nach rechts züngeln und begann,
     ihn mit katzengleichen Bewegungen zu umrunden.
    Skip atmete aus. Dies war sein Schwert. Die schönste Klinge, die er sich nur vorzustellen vermochte. Aus einem nicht bekannten
     Grund war sie in seine Hand gegeben, auf dass er sie führe. Also mochte er Besseres damit tun, als sie in einem Übungskampf
     von sich zu schleudern, sei’s nun willentlich oder nicht.
    Die Klinge war eins mit seiner Hand. Macht wohnte ihr inne.
    Alles, was er zu tun hatte, war, sich dieser Macht anzuvertrauen. Sie zu nutzen. Es ihr zu überlassen, seine Hand zu führen.
Bloß wie?
, dachte er.
    Das Rauschen des Wassers rings um den Frachtkahn herum störte ihn. Strudelte seine Gedanken durcheinander, erschwerte es ihm,
     sich zu konzentrieren. Er rang darum, sich wenigstens in Gedanken von der Strömung des Elligar zu entfernen. Es war so schwer.
So viel Wasser,
dachte er.
Und ich bin viel zu müde
, dachte er.
    Er konnte nicht mehr richtig denken. Allein das

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