Das erste Schwert
und fand nur das Verlangen nach jener Sturzflut aus brodelnder Kraft, die Kara und ihn, was ihrer
beider Schnelligkeit und Geschicklichkeit anbelangte, einander nahezu ebenbürtig gemacht hatte. Alles in ihm gierte danach,
wieder an ihren Gedanken teilhaben und jede ihrer Bewegungen schon im Ansatz erahnen zu können, jene nervenaufpeitschende
Erregung zu schmecken, die einherging mit dem erbitterten Schwertkampf von Angesicht zu Angesicht.
Und nach viel mehr noch stand ihm der Sinn. Nahe wollte er ihr sein, alle ihre Gedanken wollte er mit ihr teilen – auch in
Zeiten, da sie nicht gegeneinander kämpften. Und er wollte sich das Recht verdienen, ihr Freund zu sein. Und nicht nur das.
Aber er wusste, auch das würde er ihr nie zu gestehen wagen.
Sie schaute ihn fragend an.
»Was?«
»Es fühlte sich so gut an«, antwortete er wahrheitsgemäß.
»Ich weiß nicht, was mit mir passiert ist oder wie das möglich |508| war, aber ... äh ... ganz kurz glaubte ich sogar, imstande zu sein, alle deine Bewegungen vorherzusehen. Spüren zu können, was du denkst.«
Er schluckte und wünschte sich weit, weit weg. Kaum, dass man es aussprach, verglühte der Zauber. Dumm hörte es sich an. Aufdringlich.
Sie hatte ihn nie darum gebeten, in ihrem Verstand herumzuschnüffeln.
Ihre Augen hielten seinen Blick fest. »Ja«, erwiderte sie leise. »Ich habs auch gespürt.«
Himmel und Erde kippten, alles roch intensiver, ihre Stimme und überhaupt alle Geräusche verwandelten sich in Farben, aber
noch während er begriff, war der Moment auch schon wieder dahin. Meinte sie das allen Ernstes? Und, dass ihre Stimme so leise
war – bedeutete dies, sie hatte es ebenso genossen wie er? Er vermochte nicht, klar zu denken, wenn sie ihm so nahe war. Ihre
Anziehungskraft war so unwiderstehlich, so überwältigend wie die Strömung des Flusses.
Noch immer gab sie seinen Blick nicht frei. So nahe saß sie bei ihm, dass er die Wärme ihrer Haut spürte.
»Ich hab keine Ahnung, wie du das angestellt hast, Skip«, flüsterte sie. »Aber es fühlte sich –«
Kara sprach nicht weiter. Ihre Augen funkelten wie Sterne in ihrem dunklen Gesicht. Sie lockten ihn. Oder gaukelte ihm sein
umnebelter Verstand nur etwas vor?
Er streckte die Hand aus und berührte ganz sanft ihre Wange.
Totenstarr saß sie. Zuckte nicht zurück. Stattdessen schimmerte eine unausgesprochene Frage in ihren Augen.
Ihre Haut war so glatt wie Seide. Diese Wahrnehmung traf ihn wie ein jäher Sturmwind. Seine Fingerspitzen glitten über ihr
Gesicht, brannten wie Feuer, glitten weiter, berührten ihre seidenweichen Haare. Sie schmiegte ihr Gesicht in seine Hand.
Er spürte, wie sie am ganzen Körper erschauderte. Oder war er es? Er wusste es nicht mehr länger zu sagen.
|509| Sie senkte den Blick – ganz kurz nur; dann legte sie den Kopf schräg und sah ihm wieder ins Gesicht. »Wir sollten das nicht
tun«, sagte sie sanft.
Skip machte Anstalten, seine Hand zurückzuziehen. Und konnte es nicht. Etwas in ihren Augen bannte ihn. Er forschte in ihren
Tiefen. Sie zögerte.
»Ich –« Ihre Stimme zersplitterte wie knochentrockenes Holz. »Ich kann das nicht. Ich kann’s nicht und ertrag’s nicht, jemandem
nahe zu sein.«
Sie sagte es leise und ganz ruhig ... und ohne innere Überzeugung. Skip atmete nicht mehr; dachte nicht mehr. Es kam ihm wie eine Bitte vor, nicht wie eine
Zurückweisung.
Hilf mir.
Doch ihre Nähe brachte ihn dem Irrsinn nahe. Beraubte ihn seines Verstandes. Seine Hand bewegte sich weiter, von eigenem Leben
und Willen erfüllt ... strich über ihr Kinn, ihren Hals. Unmöglich, ihr Einhalt zu gebieten. Nicht, solange Karas Augen ihn mit ihrem Bann belegt
hielten.
Will sie es?,
dachte er
. Will sie es wirklich auch?
Oder versuchte sie ihm etwas ganz anderes zu sagen mit diesem Blick?
Er musste es wissen.
Es kostete ihn alle noch verbliebene Kraft, durchzuatmen. Seinen Entschluss zu festigen. Er musste es tun. Musste sie fragen.
Innehalten.
»Willst du, dass ich aufhöre?«, fragte er, kaum hörbar.
Sie antwortete nicht. Ihre Haut brannte und war schweißnass; schnell und heiß flatterte ihr Atem an seiner Wange. Sie zitterte,
ihr Gesicht näherte sich dem seinen, bis es nur mehr ihre violetten Augen gab. Fast, dass sich ihre Gesichter nun berührten.
Er spürte ihre Haut, als schmiege sie sich bereits an die seine, ihre Wärme, ihren Duft, ihre seidige Glätte. Er bedrängte
sie nicht.
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