Das erste Schwert
anstatt mich abzulenken. Ich ... ich glaube nicht, dass ich irgend etwas dazu beigetragen habe.« Hilflos schwieg er. Kaum, dass man es laut aussprach,
ergab es keinen Sinn mehr.
»Das Fließen des Wassers ...?« Sie lachte ihn nicht aus. Obgleich es, das sah man ihr an, auch für sie keinen Sinn ergab.
Skip versuchte sich zu erklären: »Ich war so müde, dass ich nicht mehr dagegen ankämpfen konnte. Aber ich wollte siegen. Ich
musste siegen. Und dann ist einfach
irgend etwas
passiert. Plötzlich spürte ich diese ungeheuerliche Macht direkt
in
mir ... Die Strömung des Flusses, das Fließen des Wassers selbst. Und wie sie durch mich hindurchbraust in ... äh ... in das Schwert.«
Sie lachte noch immer nicht. Sie sah ihn nur lange an.
»Vielleicht war es deine Ghaz Alim«, sagte Kara schließlich.
Vielleicht, ja. Er nickte gedankenverloren.
Meine Ghaz Alim
, wiederholte er zögerlich im Stillen.
Meine Verfluchte Gabe.
Nur dass er überhaupt nichts Verfluchtes fand an dem Gefühl, eins zu werden mit den Elementen ringsumher und mit seinem Schwert,
eins zu werden gar mit seinem Gegner. Für eine nicht messbare Zeitspanne hatte er dort draußen, während des Kampfes, selbst
Karas Gedanken spüren und jede ihrer Bewegungen vorherahnen können. Was auch immer sie unternahm, um ihn in die Enge zu treiben
– er vermochte nahezu genauso schnell darauf zu reagieren. Es war ein großartiges Gefühl. Es konnte nichts Verfluchtes sein!
»Wenn, sollte ich dann nicht wissen, wie ich sie nutzen kann?«, antwortete er ihr mit einer Gegenfrage.
»Hast du so etwas wirklich noch nie gemacht?«
Er dachte darüber nach. Jene Nacht in der Höhle der |506| Schattenflügler. Das Feuer, das sich allein kraft seines Wünschens entzündet hatte. Eine ähnliche Situation. Er war müde gewesen
und durchgefroren bis ins Mark. Er hatte nur noch einen Wunsch gehabt – dass es warm war um ihn her und in ihm werde. Alles
andere Denken und Fühlen hatte er losgelassen. Und mit einem Mal war das Feuer einfach
da
gewesen. Nur hatte er damals nicht diese unbändige Kraft und Energie in sich verspürt. Überhaupt hatte er sich noch niemals
so gut gefühlt wie während ihres Schwertkampfes.
»So was in der Art«, murmelte er. »Aber nicht dasselbe.«
»Wenn das wirklich deine Gabe ist«, sagte sie, »dann könnten dich die Schwertübungen möglicherweise lehren, sie zu kontrollieren
– was meinst du?« Auch sie lehnte sich nun gegen die Reling zurück. Ihr Gesicht war dem seinen sehr nahe, jedoch schien sie
sich dessen gar nicht bewusst zu sein.
»Vielleicht«, sagte er – und wollte hinzufügen:
Ich wünschte, du würdest mir dabei helfen.
Doch er wagte es nicht. Er wünschte sich so vieles. Zum Beispiel, dass sie ihm allezeit so nahe war wie jetzt. Doch mit jedem
Tag kamen sie Aknabar näher. Karas Versprechen, mit ihnen zu reisen, galt nur bis zur Heiligen Stadt. Und selbst wenn sie
ihre Meinung änderte, was er hoffte, und mit ihnen bis zur Weißen Zitadelle zog – woher sollten sie die Zeit nehmen für ausgedehnte
Schwertübungen oder genügend Wasser, dessen Kraft er in seine Klinge kanalisieren konnte? Nie hätte er sich vorzustellen vermocht,
dass er eines Tages ausgerechnet
Wasser
vermissen würde!
Seufzend schnitt er eine Grimasse, wandte den Kopf und schaute ihr Profil an – die hereinbrechende Abenddämmerung überflutete
es mir saphirblauem Geschimmer. An ihren Gedanken teilzuhaben war überwältigend gewesen. Kaum weniger gut als das Wogen und
Toben des Flusses in sich zu spüren. Kara war eine unglaubliche Kämpferin. Selbst als |507| Teil ihrer Gedanken und somit auch Handlungen hatte er sie nicht schlagen können. Mehr denn je war sie ein Phantom gewesen
– schneller fast als jeder Gedanke.
Ob sie dasselbe Einssein mit seinen Gedanken verspürt hatte? Und fühlte sie sich ihm dadurch irgendwie näher? Er wusste, er
würde sie nie danach fragen.
So nahe wie jetzt war er ihr seit der Nacht der Ulaijim nicht mehr gewesen. Er hatte fast vergessen, wie sehr er ihren Flieder-
und Zimtgeruch vermisst hatte, ihre Wärme, die Art und Weise, wie der Wind ihre Haare gegen die Rundung ihrer Wangen zauste
– bleich schimmerndes Gold im gläsernen Zwielicht.
Sie drehte sich zu ihm herum und sah ihm direkt in die Augen. »Vielleicht ist die Angst vor dem Wasser der Schlüssel zu deiner
Gabe! Spürst du das Wasser jetzt, in diesem Moment, auch?«
Er lauschte in sich hinein
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