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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Augenhöhlen klafften, stieß gegen
     die Wandung des Kahns, wedelte scheinbar aufgeregt mit einem skelettierten Arm. Eine Flussmöwe stieß herab und pickte sich
     einen Fleischfetzen aus dem verrottenden Hals. Nicht lange darauf wurde der Körper ins Kielwasser der
Glücksgöttin
gezerrt und war verschwunden.
    »Befestigen sie denn keine Gewichte an den Toten?«, erkundigte sich Ellah zittrig.
    »Natürlich tun sie das. Sonst würden wir längst durch einen endlosen Strom faulender Körper fahren. Aber die Leichensäcke,
     in denen man sie den Fluten übergibt, halten nicht immer lange genug.«
    Skips Blick wanderte dorthin zurück, wo nach wie vor endlose Menschenströme in die Wasser des Elligar hinauswateten, ihre
     rituelle Morgenwaschung vornahmen und eilends |530| wieder ans Ufer zurückkehrten, um den bereits Nachdrängenden Platz zu machen.
    »Sie schwimmen
da drin
?«, stieß er fassungslos hervor.
    Kara zuckte die Schultern. »Es ist heiliges Wasser. Es reinigt und läutert. Behaupten eure Heiligen Brüder.«
    Die ganze Stadt schien von solchen Treppenfluchten zum Elligar hinab umgeben zu sein. Große, schwarze Steinstufen wechselten
     sich ab mit schmaleren braunen, derb behauenen, hohen grauen und prächtigen weiß schimmernden aus edlem Marmor. Einige von
     ihnen sahen aus wie erst kürzlich angelegt, andere, als seien sie schon vor Jahrhunderten aus dem Urgestein der Hügel herausgehauen
     worden. Die
Glücksgöttin
des Kapitän Hauer zog daran vorbei und hielt alsbald, inmitten einer ganzen Armada von Kähnen, Schiffen, Booten aller Formen
     und Farben, Kurs auf einen Irrgarten hölzerner Piers und, schließlich, einer gewaltigen, im Wasser treibenden Plattform.
    »Wisst ihr schon, wo ihr unterkommen könnt?«, rief Hauer von Weitem und bahnte sich an Kästen, Säcken, Kisten und den Männern
     seiner Besatzung vorbei einen Weg zu ihnen. Eine große Erwartung hing in der Luft. Rudermänner und Träger schwatzten und scherzten
     miteinander und sehnten die Ankunft in Aknabar und viel mehr wohl noch jenen Landgang herbei, den Hauer ihnen in Aussicht
     gestellt hatte, wenn sie die Ladung in der von ihm vorgegebenen Zeit löschten.
    Dann war Hauer heran und brachte seinen Satz zu Ende: »Wenn’s nämlich so wär’, dann könnt’ ich später am Abend noch auf einen
     Besuch vorbeikommen und einen Schluck mit euch zur Brust nehmen.« Er tat, als sei dies an sie alle gerichtet, doch starrte
     er, während er sprach, einzig und allein Kara an – wie es verschlagener und vielsagender kaum mehr möglich schien. Breitbeinig
     stand er vor ihr und tippte sich mit seinem polierten Kampfstab beständig in die linke Handfläche.
    |531| Kara erwiderte seinen Blick ausdruckslos. »Wir sollten unsere bislang so perfekte Beziehung nicht unnötig auf’s Spiel setzten«,
     beschied sie ihm lächelnd und machte Anstalten, sich an ihm vorbeizudrängen und Shadow zu jener breiten Leiterplanke zu führen,
     die längst zwischen Deck und Pier ausgelegt war.
    »Aber« – rief der Kapitän hinter ihr her – »ich wusste ja gar nicht, dass wir eine Beziehung haben!«
    »Ich denke, das ist genau das, was sie im Zusammenhang mit Euer Person als
perfekte
Beziehung empfindet«, setzte ihm Ellah mit funkelnden Augen auseinander. Und bevor dem grobschlächtigen Kerl eine Antwort
     einfallen konnte, rannte sie bereits hinter Kara und Shadow her die Planke entlang. Erle und Skip folgten ihr.
    Kara blieb erst stehen, als die Hafenanlagen mit ihrem geschäftigen Treiben und Lärmen weit hinter ihnen lagen; unterwegs
     hatte sie sich immer wieder unauffällig umgewandt und zu den Piers zurückgeschaut – und, wie Skip zu sehen meinte, erleichtert
     durchgeatmet, als kein Verfolger auszumachen gewesen war. Er fragte sich, ob sie, wie er, an Raishan dachte.
    »Und? Was jetzt?«, meinte Ellah tatendurstig und setzte sich in den Schatten eines schmalen, efeuüberwucherten, hohen Gebäudes,
     an dem vorbei eine enge Straße bergan, zu den fernen Kuppeln des Shal Addim-Tempels führte. Kara reagierte nicht, sondern
     benahm sich noch immer, als sei sie auf der Flucht; während sie vorgab, Shadows Zaumzeug zu überprüfen ließ sie in Wirklichkeit
     einen weiteren misstrauischen Blick über die fernen Piers huschen. Shadow stupste sie schnaubend mit den Nüstern an und forderte
     so ihre ganze Aufmerksamkeit ein. Erst jetzt zuckte ein kleines Lächeln über Karas Gesicht.
    »Ich kenne hier in Aknabar ein Gasthaus, in dem wir sicher

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