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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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war das Singen und Klirren, das Schrillen und Zischen von Stahl. Kara und Raishan
     umkreisten einander wie eh und je in geschmeidigfließenden Schritten. Auf Raishans Wange glitzerte ein winziger Schweißtropfen.
    »Sie werden Eurem Befehl keine Folge leisten, Heiliger Bruder!«, wehte eine Stimme aus den Tiefen der Gaststube herbei. Meisterin
     Yba beobachtete den Kampf von einem schmalen Seiteneingang her. Niemand wusste zu sagen, wie lange sie dort bereits stand.
     »Majat gehorchen Vertretern der Kirche nicht«, fuhr sie fort. »Diese beiden werden kämpfen, bis sie die Angelegenheit untereinander
     ausgemacht haben.« Und damit wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder hingerissen dem Kampf zu. »Zwei Diamanten kämpfen unter
     meinem Dach!« Ihre Stimme bebte vor Ehrfurcht. »Welch eine Ehre!«
    |550| Skip lachte verzweifelt auf.
Ehre!
An Ehre zu denken angesichts einer solch mörderischen Auseinandersetzung lag zumindest ihm fern. Wieder durchschnitt Raishans
     Klinge blitzend und fauchend die Luft. Kara warf sich ihr mit dem eigenen Stahl entgegen und fing den Hieb mit überkreuzten
     Klingen ab. Einer silbernen Stichflamme gleich kamen die Schwerter zusammen. Kara geriet ins Taumeln. Mit einem tierhaften
     Aufkreischen irrlichterte Raishans Stahl an ihrer linken Klinge entlang – bis hinab zum Griff. Und ein weiteres Mal entwand
     sich Kara dem sicheren Tod. Doch immer noch stieß Raishans Klinge hinter ihr her, fand gar in Höhe ihrer Kehle eine Lücke
     in der sonst so perfekten Verteidigung. Kara parierte mit schwindelerregender Schnelligkeit. Doch sah Skip nun ein winziges
     Schweißrinnsal über ihre linke Schläfe kriechen.
    Es war überhaupt das erste Mal, dass er sie schwitzen sah.
    Der Priester bewertete die Situation völlig richtig. »Heilige Wachen!«, brüllte er mit sich überschlagender Stimme. »Nehmt
     diese Jungen endlich gefangen!«
    Die Flut stahlgepanzerter Leiber setzte sich in Bewegung. Stahlgerassel und, wie es Skip vorkam, erdzerschmetterndes Getrampel
     füllten den Raum bis zum Bersten. Langschwerter wurden blankgezogen. Lanzenspitzen senkten sich und richteten sich auf die
     beiden kämpfenden Majat aus. Dann rückten die Heiligen Wachen allesamt wie ein einziges, riesenhaftes Stachelwesen vor.
    Raishan glitt beiseite und stellte sich ihnen in den Weg. »Lauft!«, schleuderte er Skip, Erle und Ellah über die Schulter
     hinweg zu.
    Neben Skip schreckte Erle nun wie aus einem Bann erwachend zusammen. »Los, Bruder!«, brüllte er. »Verschwinde!«
    Auch Ellah schüttelte die faszinierte Benommenheit ab und schrie ihn an: »Schnell! Beweg’ dich endlich!« Und sie riss und
     zerrte wie von Sinnen an seinem Arm. »Wir müssen   –«
    |551| Der Rest wurde vom Tumult verschlungen. Skip gelang es nicht, sich zu rühren. Gelang es nicht, den Blick von jenem schwarzen
     Phantom zu nehmen, das Kara war; Kara, die sich abermals gegen Raishan warf, der ihn, Erle, Ellah mit seinem Körper gegen
     die auch auf sie gerichteten Lanzenspitzen deckte.
    Kara, die sie alle betrogen hatte. Die ganze Zeit. Die dem Feind in die Hände gearbeitet hatte.
    Alles Lärmen ringsumher hallte nur mehr gedämpft, wie aus weiter Ferne, an Skips Ohren. Er beobachtete sie, als habe er den
     eigenen Körper verlassen. Erle und Ellah brüllten an seinem Ohr. Wachen rückten nun auch von hinten heran. Schon waren sie
     allesamt endgültig eingekesselt. Zwei Dutzend Lanzenspitzen trieben Raishan in einer Ecke in die Enge.
    Raishan,
dachte Skip.
    Wie dumm ich war
, dachte er. Hätte er Kara nicht stets blind vertraut, hätte er nicht alle Warnungen in den Wind geschlagen – nichts von alledem
     wäre passiert. Aber nun war es zu spät für jede Einsicht und selbst für Vorwürfe.
    Karas Klinge zuckte gegen Raishans Kehle, und wiewohl er sich, nahezu gegen die Wand gespießt, nicht mehr bewegen konnte,
     gelang es ihm wie durch ein Wunder doch, ihren Stahl einen Fingerbreit vor dem Ziel noch beiseite zu schlagen.
    »Gebt auf, Aghat!«, keuchte sie. »Wir sind Euch zahlenmäßig überlegen!«
    Raishans Gesicht war eine Maske aus Schweiß und Blut. Abschätzend ließ er den Blick über die dicht gedrängt stehende Menge
     huschen.
    Karas Schwert kehrte an seine Kehle zurück. Dieses Mal traf es nicht mehr auf Widerstand; schon presste sich ihm die scharf
     geschliffene Klinge nachdrücklich gegen die Haut. Die Lanzenspitzen zielten auf jeden anderen Teil seines Körpers.
    |552| Raishan atmete mehrmals tief durch und

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