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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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gäbe,
das eine oder andere zeitraubende Hindernis?
Auch einem ranggleichen Majat könnte ich begegnen, der meiner Hilfe bedarf.«
    Raishan erwiderte ihren Blick. »Warum?«, fragte er.
    Sie antwortete nicht gleich. »Ihr werdet in das Kloster eindringen – Ihr wollt sie da herausholen«, sagte sie. Es war keine
     Frage.
    »Und?«
    »Wir wissen beide, dass es ein Selbstmordunternehmen ist. Selbst für einen Diamant-Majat. Und wir wissen auch, dass Ihr als
     Majat keine Wahl habt. Ich dachte mir – was für einen Diamanten unmöglich zu sein scheint, mag schon wieder ganz anders aussehen,
     wenn
zwei
Diamanten zusammenarbeiten. Zwei Diamant-Majat – das ist eine beachtliche Macht, über die selbst ein König nicht alle Tage
     gebietet.«
    Raishan lehnte sich zurück, behielt sie jedoch unablässig weiter im Auge. »Aber –
warum
?«, fragte er abermals.
    Sie sah ihn geradeheraus an. »Um der Zeit willen, da es mir freisteht, zu tun, was
ich
zu tun vorziehe«, entgegnete sie ein wenig steif.
    »Wohl kaum!«, widersprach er, und ein merkwürdiges Licht überlagerte plötzlich das Funkengewirbel in seinen Augen. »Dies ist
     mein Auftrag, Aghat Kara.«
    |558| »Ganz recht«, stimmte sie zu. »Aber der Kodex sieht vor, dass es Euch unter ganz besonderen, sprich: überaus
gefährlichen
, Umständen sehr wohl gestattet ist, eine Hilfe seitens der Gilde zu akzeptieren. Wenn Ihr diesen Auftrag allein auszuführen
     trachtet, ist das Euer sicherer Tod. Also – geht’s noch gefährlicher? Oder hab ich Euren Stolz verletzt? Widerstrebt es Euch
     deshalb, meine Hilfe anzunehmen?«
    Raishan räusperte sich. »Vielleicht hätte ich Euer Angebot zumindest in Betracht gezogen«, erwiderte er. »Wenn zwei Diamanten
     einen Unterschied zeitigen könnten, wo ein einzelner Diamant nur zu scheitern vermag. Das aber ist hier nicht der Fall. In
     aller Ehrlichkeit, Aghat, und mit großer Achtung: Ihr seid viel zu wertvoll, als dass Euch gestattet werden darf, Euch in
     einem Selbstmordunternehmen zu opfern. Seit fünfhundert Jahren gab es keinen einzigen mehr, der sich mit gerade einmal achtzehn
     Wintern den diamantenen Rang erkämpfte. Ihr seid ein großer Gewinn für die Gilde – den zu vergeuden ich mir nicht anmaße!
     Deshalb – habt Verständnis. Aber ich muss Euer Angebot ablehnen, Aghat Kara.«
    Auch sie lehnte sich nun zurück, scheinbar ganz entspannt. Sie leerte ihren Krug in einem einzigen Zug, stellte ihn fast geziert
     ab, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und lächelte honigsüß. »Wie schade«, sagte sie dann. »Ich hätt’ Euch zu
     gern geholfen, Eure Mission zu einem guten Ende zu bringen, Aghat Raishan. Vergebt mir, dass ich mich eingemischt habe. –
     Nur eines will ich noch klarstellen.«
    »Was?«
    Ihr Lächeln wurde breiter. »Ihr steht weit länger in Diensten der Gilde als ich, Aghat Raishan«, sagte sie. »Aber dennoch
     seid Ihr mir, was den Rang anbetrifft, gleichgestellt. Der Majat-Kodex sagt nichts darüber aus, dass ich Euch zu gehorchen
     habe. Also denk’ ich auch nicht daran, das zu tun. |559| Stattdessen werde ich mit Euch in dieses Kloster eindringen, ob Ihr nun wollt oder nicht. Und solltet Ihr mich davon abhalten
     wollen, dann werdet Ihr ein weiteres Mal gegen mich kämpfen müssen. Ich denke, im Verlauf unseres Gesprächs hatten wir beide
     Gelegenheit, zu erkennen, was
das
für eine Zeitvergeudung wäre.«
    Sprachlos saß er vor ihr. Dann strich er sich mit beiden Händen die Haare zurück und seine Schultern bebten unter lautlosem
     Gelächter.
    »Ihr seid ein harter Brocken
und
eine Nervensäge, Aghat Kara«, brummte er. »Sieht so aus, als bliebe mir auch in dieser Angelegenheit keine Wahl.«
    »Überhaupt keine«, bestätigte sie trocken.
    Raishan beugte sich vor, nahm den Krug und trank in durstigen Zügen. Dann stellte er ihn kaum weniger behutsam als sie wieder
     auf den Tisch zurück und wischte sich mit dem Hemdsärmel über den Mund.
    »Also gut«, sagte er. »Da wir nun also gemeinsam den Teufel bei den Hörnern zu packen gedenken – zur Hölle mit meinem und
     mit deinem Rang!«
     
    Die Kapuzengestalt, die in einem der steinernen Innenhöfe des Klosters auf sie wartete, sah auf den ersten Blick wie ein dunkler
     Zwilling jenes Priesters aus, der ihre Gefangennahme überwacht hatte. Jedoch – die kaum gezügelte
Macht,
welche in den Tiefen unterhalb der schwarzen Kapuze brodelte, schloss jede Verwechslung aus.
    »Gute Arbeit, Bruder Boydos«, lobte eine

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