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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Kampftraining war’s, das Ihr mir geboten habt«, brummte er anerkennend, nahm sein Schwert aus ihrer Hand
     entgegen und ließ es mit einem Ruck in der Rückenscheide verschwinden. »Wollen wir also reden?«
    |555| Kara kräuselte kurz die Stirn, dann trat sie zur Seite und nahm den Sternendolch an sich. Der Diamant glitzerte wie ein vom
     Himmel gefallener Stern.
    »Warum nicht?«, versetzte sie und ließ das Majat-Unterpfand in einer Innentasche ihres grauen Mantels verschwinden.
    An einem Tisch bei der Wand ließen sie sich nieder – so, dass ein jeder von ihnen den Raum bestens zu überblicken vermochte.
     Meisterin Yba lachte auf und watschelte, ihrer massigen Gestalt zum Trotz, mit verblüffender Gewandtheit herbei. Sie stellte
     zwei Krüge voller Ale vor ihnen ab, legte zwei feuchte Tücher daneben und zog sich zurück. Vernehmlich schlug die kleine Seitentür
     hinter ihr ins Schloss.
    Sie verbrachten einige Momente lang damit, sich den Schweiß von Gesicht und Nacken zu wischen. Als Raishan die Hand senkte,
     war das Tuch mit rostrotem Blut befleckt. Kaum dass er’s richtig zur Kenntnis genommen hatte, faltete er es und legte es beiseite.
     »So«, sagte er. »Ihr seid also der neue Namenlose. Derjenige, über den so viel geredet wurde. Meister Oden Lans hochgelobter
     Krieger – eine junge, überaus hübsche Frau.«
    Sie verzog die Lippen. »Es stimmt«, sagte sie, »ich wurde anonym ausgebildet. Und schneller als jedem anderen Majat wurde
     mir der diamantene Rang zuteil. Und was nun den Meister Oden Lan betrifft   –«
    Raishan gluckste amüsiert. »Oh, haltet Euch nur nicht in falscher Bescheidenheit zurück! Ihr wart maskiert auf jenem Turnier,
     in dessen Verlauf Ihr Euch Euren Rang endgültig gesichert habt, und ich vermochte Euer Gesicht nicht zu sehen – aber bis heute
     hab ich Eure Rückhand in Erinnerung. Tückisch.« Er berührte die immer noch blutende Schramme auf seiner Wange.
    Sie beobachtete ihn gelassen. »Ich erinnere mich ebenfalls an Euch, Aghat Raishan«, sagte sie. »Euch lernte ich |556| damals als den härtesten Gegner von allen kennen – sodass ich schon fürchtete, die Prüfung nicht zu bestehen. Heute jedoch
     leistete mir gerade diese Erinnerung gute Dienste. So wusste ich, dass ich, wenn überhaupt, nur mit einem Rückhandstoß ins
     Ziel komme.«
    »Wie alt seid Ihr?«, fragte er unvermittelt.
    »Ist das denn wichtig?«
    »Vergebt mir meine Neugier.« Er gluckste wieder. »Jemand Euresgleichen haben wir nicht oft in unseren Reihen. Ich erkämpfte
     mir meinen Rang vor sieben Jahren. Euer Turnier, Eure Einstufung, liegt gerade einmal einige Monate zurück. Trotzdem habt
     Ihr mich bereits auf Eurer ersten Mission geschlagen.«
    Kara schüttelte den Kopf. »Majat sind nicht darauf trainiert, gegeneinander zu arbeiten«, sagte sie. »Wäre mir gesagt worden,
     dass mein Auftrag genau dies beinhaltet, hätte ich ihn niemals   –«
    »Natürlich hättet Ihr ihn angenommen.« In Raishans Augen tanzten Funken. »Ohne jedes Zaudern. Genau wie ich. Wer wollte einer
     solch ultimativen Herausforderung aus dem Wege gehen?«
    Sie sah ihm in die Augen. »Neunzehn Winter alt bin ich«, sagte sie. »Seit letzter Woche. Und ja, Aghat Raishan, vielleicht
     habt Ihr recht. Vielleicht hätte ich wirklich ohne jedes Zögern angenommen. Es sei denn   ... ich hätte in die Zukunft sehen und wissen können, dass es so schwer wird.«
    »Schwer?« Abermals lachte er in sich hinein. »Ihr habt es reichlich
leicht
aussehen lassen. Im Handstreich konntet Ihr Euch das Vertrauen der Jungen sichern – und sehr, sehr nachhaltig dazu. Selbst,
     als ich ihnen alles erzählt hatte, weigerten sie sich, mit mir zu kommen. Bis zuletzt
wollten
sie Euch glauben. Das nenne ich brillant!«
    Erst jetzt flackerte ihr Blick und sie senkte ihn rasch zu ihrem Krug hinab. Stille herrschte zwischen ihnen. Dann |557| nahm sie einen großen Schluck Ale, starrte eine Weile ins Leere und sah ihn plötzlich wieder an. Ganz klar waren ihre Augen.
     Und doch verrieten sie nicht das Geringste von alledem, was in ihr vorging.
    »Stimmt es nicht«, sagte sie kehlig, »dass es mir nun, da ich mein Unterpfand zurückerhalten habe, freisteht, zu tun, was
     ich will?«
    »Ihr müsst in die Feste zurückkehren. Vielleicht wartet dort bereits ein neuer Auftrag auf Euch. Warum?«
    »Ich könnte unterwegs aufgehalten werden«, gab sie zu Bedenken. »Sagen wir so – was, wenn es das eine oder andere Hindernis
     zu bewältigen

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