Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
Vom Netzwerk:
Waffen ergaben sich aus dem unterschiedlichen Kampfstil. Unmöglich,
     zu sagen, welcher letzten Endes dem anderen überlegen war.
    Raishans freie Hand wirbelte einen massiven hölzernen Stuhl vom Schanktresen weg und schleuderte ihn Karas Gesicht so mühelos
     entgegen, als sei er aus Luft gemacht.
    Er traf sie nicht. Wie ein Dämon aus wirbelndem Rauch tauchte sie darunter hinweg und nutzte ihre Ausweichbewegung noch, um
     die Klinge in ihrer Linken geradewegs gegen seinen Bauch züngeln zu lassen. Und auch sie scheiterte an seiner Schnelligkeit;
     mit dem eleganten Seitwärtsschritt des geborenen Tänzers wich er mühelos aus und parierte den Stoß. Stahl kreischte über Stahl.
    »Lauft!«, herrschte Raishan Skip und Erle an. »Noch kommt ihr ‘raus aus dieser Falle! Bewegt euch!
Los

    Es kostete ihn fast das Leben. Für einen Moment, der kaum länger dauern mochte als ein Fingerschnippen, war seine Konzentration
     beeinträchtigt. Aufblitzend durchbrach Karas Klinge seine Deckung. Hätte Raishan sich nicht in eigentlich unmöglichem Winkel
     in den Kniekehlen einknickend so weit
nach hinten
geschnellt, dass sein Rücken nur mehr einige Handbreit über dem Boden schwebte – die Brust wäre ihm aufgeschlitzt worden.
     So aber erschien nur ein dünner roter Strich auf seiner Wange. Skip schrie entsetzt: »Kara!« und starrte auf das Blut, das
     Raishan in einem schmalen Rinnsal über’s Gesicht quoll. Da hatte sich der Majat längst gegen alle Wahrscheinlichkeit mit einem
     einzigen, an eine Stahlfeder erinnernden Ruck wieder aufgerichtet und stand, perfekt ausbalanciert. Mühelos wich er einem |548| weiteren Stich aus, riss seine Klinge in engem Halbkreis nach oben, wechselte den Griff von der Rechten in die Linke und ließ
     die Schwertspitze dorthin zucken, wo Karas Gesicht schwebte –
    – und urplötzlich von einem Lidschlag zum andern verschwunden war. In einen Schemen verwandelte sie sich, in ein Aufblitzen
schwarzen
Lichts. Beide, Kara und Raishan, wirbelten um den Schanktresen herum, grauschwarze Gespenster, die mit grauschwarz huschenden
     Bewegungen aufeinander eindrangen, wieder und immer wieder – dass man fürchtete, sie müssten diesen Tanz bis in alle Ewigkeit
     miteinander führen.
    Skip schüttelte den Kopf.
Nein.
Er konnte unmöglich davonlaufen. Nicht jetzt. Er
musste
wissen, wie dieser tödlichschöne Kampf endete.
    Der Gedanke daran, Raishan sterben sehen zu müssen –
seinetwegen, ihretwegen
sterben sehen zu müssen, war ihm unerträglich. Er glaubte sich unablässig schreien zu hören: »Kara! Hör auf, hör auf, bitte   ...« Doch kein Wort durchdrang die vom Kampflärm in die Luft gewirkte Todesstille.
Nicht Raishan,
dachte er wie in einem Flehen. Sie hatten nichts vorzuweisen, das ihr Leben über das eines anderen erhob, insbesondere nicht
     über das jenes Mannes, den sie mit ihrem Misstrauen und ihrer Dummheit erst in Todesgefahr gebracht hatten – und der sie trotzdem
     zu schützen suchte. Und doch, falls Raishan siegte –
    Skip sperrte diesen Gedanken aus seinem Kopf aus. Er zitterte am ganzen Leib. Dass Kara sie alle belogen hatte, dass sie im
     Dienste des Feindes stand – dieses Wissen zerriss seine Seele. Aber unendlich viel schlimmer peinigte es ihn, auch nur daran
     zu denken, dass sie in diesem Kampf sterben könnte.
    »Lauft endlich, verdammt!«, schrie Raishan abermals, glitt gedankenschnell an einer der dunklen Klingen vorbei |549| und stieß einen Tisch zwischen sich und Karas heranhuschende Gestalt. Ungleichmäßig wurde sein Atem nun. Das Duell verschliss
     ihn. Jedoch – auch Kara schien zu ermüden. In einer Pirouette entging sie knapp Raishans Klinge, doch waren ihre Bewegungen
     nun langsamer geworden – langsam genug, dass die gebannt starrenden Zuschauer sie nun deutlich wahrzunehmen vermochten. Als
     sie einen neuerlichen urgewaltigen Schlag parierte und, mit Raishans Klinge an der ihren, zurückwich, schien ihre Schwerthand
     bereits schwach genug, um mehr und mehr nachgeben zu müssen. Viel zu nahe gleißte unversehens tödlich geschliffener Stahl
     vor ihrem Gesicht. Es kostete sie den Bruchteil eines Atemzugs länger, sich daran vorbeizuwinden und ihr Gleichgewicht wiederzuerlangen.
    Erst jetzt, jedoch vor allen anderen, erwachte der Priester in der schwarzen Kapuzenrobe zum Leben. »Majat-Assassinen!« sagte
     er mit befehlender Stimme. »Ich verlange, dass dieser Kampf augenblicklich beendet wird!«
    Jedoch die einzige Antwort, die er erhielt,

Weitere Kostenlose Bücher