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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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erzählt, Großmama?«, fragte Ellah.
    Baba Yagna schmunzelte, doch ihre Augen blickten ernst. »Hab ich euch nicht zu lesen und zu schreiben beigebracht? Und zu
     hinterfragen, was die Priester euch als Geschichte unseres Reiches einhämmern? Aber jetzt ist keine Zeit mehr, darüber zu
     schwatzen. Sagt – wie viele Priester und Heilige Wachen habt ihr heute morgen in der Sumpfstadt in Bruder Daniolos’ Gefolge
     gesehen?«
    Skip überlegte. »Acht Priester und zwölf Wachen kamen uns auf dem Weg zur Sumpfstadt entgegen«, sagte er schließlich. »Und
     heute Morgen brachten fünf Priester und sechs Wachen Bruder Nikolaos in die Mission. Warum?«
    Baba Yagna sah ihn merkwürdig an. »Es sind zwei Priester bei Bruder Olympos geblieben«, zählte sie an den Fingern ihrer linken
     Hand ab. »Das macht drei. Aber außerdem halten |67| sich noch neun Wachen hier im Wirtshaus in Eichenhain auf. Wenn du also richtig gezählt hast, dann hätten heute Morgen nur
     noch drei Wachen im Gefolge des Priors sein dürfen.«
    Alle schwiegen. Es waren also drei Wachen zu viel hier in Eichenhain. Woher waren sie gekommen?
    Skip wusste, dass sie in diesem Moment alle dasselbe dachten:
Aus den Or’hallas.
    Die drei Mörder aus den Or’hallas befanden sich genau hier, in Eichenhain.

Ein Spalt in der Wand
    Sorgt dafür, dass euch niemand zu Gesicht bekommt,
hatten Vater und Baba Yagna ihnen eingeschärft.
    Die Ruine der Schmiede sah noch schlimmer aus, jetzt, da sie Zeit hatten, den Schaden genauer zu betrachten. Auch die letzten
     kleinen Brandherde waren inzwischen erloschen, und die Asche war kalt. Die zertrümmerten Mauern des Glühofens und der Amboss,
     umrahmt vom aufrecht stehenden Türrahmen – mehr war von der Schmiede nicht übrig. Eine Haut aus schwarzem Ruß überzog alles;
     an manchen Stellen glitzerte sie noch nass, infolge früherer verzweifelter Löschversuche. Der Geruch, der allem anhaftete,
     machte die Luft bitter und das Atmen schwer.
    Skip umrundete den Haufen halb verbrannter Gegenstände im Hof und hatte wenig Hoffnung, etwas darin zu finden, das unversehrt
     genug war, um noch von Nutzen zu sein. Obenauf lagen die verkohlten Überreste ihrer Kleider: Vaters Lederschürze mit einem
     Loch in der Mitte; einer von Erles hohen Stiefeln mit weggebrannter Sohle. Sein eigenes blaues |68| Feiertagshemd – ein Geschenk von Baba Yagna – war nur mehr ein versengtes schwarzbraunes Knäuel. Der Rest ihrer Habseligkeiten
     sah aus wie mit der rußigen Masse darunter verwachsen.
    Erle stand eine Weile nur nachsinnend da. »Ein paar verkohlte Stummel«, murmelte er dann plötzlich und spuckte aus. »Man sollte
     meinen, dass solch mächtige Balken den Flammen ein wenig mehr Widerstand leisten können.«
    Skip wischte sich über’s Gesicht; in seinen Füßen zuckte es – am liebsten wäre er fortgelaufen, um den elenden Anblick hier
     nicht mehr ertragen zu müssen. »Ich hol eine Schaufel«, sagte er jedoch stattdessen. »Am besten, wir graben das Ganze um.
     Vielleicht findet sich weiter unten noch etwas Brauchbares.«
    So geschah es. Flach durch den Mund atmend, trugen sie den rauchenden Haufen ab, und bald lagen alle Haushaltsgegenstände
     auf dem Boden ausgebreitet vor ihnen.
    »Ich fange hier drüben an«, sagte Erle mit angespannter Stimme. »Du dort.«
    »Gut.« Skip stapfte zu dem Stapel aus Töpfen und Küchengeschirr hin, dem Wenigen, das dem Feuer getrotzt hatte.
    Dann durchzuckte ihn ein Gedanke: Ihre Warenladung war in der Sumpfstadt genauso durchwühlt worden wie das hier. Als habe
     jemand nach etwas gesucht, von dem er wusste, dass es in der Schmiede zu finden sein musste.
    Und dichtauf folgte ein zweiter, noch graueneinflößenderer Gedanke: Das olivianische Mädchen. Sie war dort gewesen, im Gasthof,
     als man die Kisten aufgebrochen und durchstöbert hatte. Und dann war sie nach Eichenhain, zur Schmiede, geritten und hätte
     lange vor ihnen hier eintreffen müssen. War sie überhaupt angekommen? Hatte sie etwas gesehen?
    Hatte sie etwas mit dieser Sache zu tun?
    Diese Überlegung war so schrecklich, dass Skip über die |69| eigenen Füße stolperte und einen großen, gusseisernen Topf fallen ließ – der prompt auf seinen Zehen landete. »Ratten!«, schimpfte
     Skip voller Inbrunst. »Elende Plagegeis–« Mitten im Wort versagte ihm die Stimme.
    »Was ist denn, Bruderherz?«, rief Erle zu ihm herüber. »Hat dir jemand Kiefernnadeln in die Hose gesteckt, oder sowas?«
    Doch Skip hörte ihn

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