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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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nicht. Er starrte an den Ruinen der Schmiede vorbei zur Straßenbiegung hin, die von einem weit ausladenden
     Haselnussbusch abgeschirmt wurde.
    Das olivianische Mädchen kam dort soeben in Sicht und hielt geradewegs auf sie zu. Sie führte ihr schlankes, dunkelgraues
     Pferd an den Zügeln hinter sich her. Eine Maske eherner Ruhe lag auf ihrem Gesicht und veränderte es fast bis zur Unkenntlichkeit.
    Mit einem Schlag vergaß er die schmerzenden Zehen wie auch die Tatsache, dass er auf einem Fuß herumhüpfte und soeben einen
     Fluch ausgestoßen hatte, der nicht für die Ohren eines jungen Mädchens gedacht war. Nur – der Olivianerin schien das nichts
     auszumachen, und plötzlich wusste er zweierlei: Sie hörte solche Flüche nicht zum ersten Mal, aber nie im Leben wäre ihr so
     etwas über die Lippen gekommen.
    Sie schlang die Zügel ihres Pferdes um einen tiefhängenden Eichenzweig, ging weiter und blieb erst direkt vor Skip stehen.
    Skips Mund öffnete sich; unvermittelt jedoch stürmten ihm so viele Fragen zugleich in den Sinn – es war ihm unmöglich, sich
     zu entscheiden.
    Erle tat dies an seiner Stelle. »Was hast du hier zu suchen?«
    Das Mädchen zuckte trotz der Feindseligkeit in seiner Stimme mit keiner Wimper. Sie blickte ihn nur an. »Bestimmt erinnerst
     du dich daran, dass ich hier mein Pferd neu beschlagen lassen wollte«, antwortete sie ihm geduldig. »Leider bin ich zu spät
     gekommen, obwohl ich früher eintraf als ihr.«
    |70| »Und wo warst du in der Zwischenzeit?«, gelang es Skip hervorzuquetschen, wobei er sein Bestes gab, einen kühlen Kopf zu wahren.
     Seiner Schätzung nach musste sie mindestens zwei Stunden vor ihnen hier angekommen sein – vier, wenn er Erles, Ellahs und
     seinen Aufenthalt in Baba Yagnas Haus mitrechnete.
    Sie zuckte die Schultern. »Ich bin den Spuren gefolgt. Es gibt da eine ganze Menge, die von hier wegführen – hin zu einem
     Weg zum Außenposten am Pfuhl.«
    Skip starrte sie an. Das konnte sie nicht wirklich ernst meinen!
    Der Außenposten war eine kleine Ansiedlung von kaum mehr als einer Handvoll Gebäude. Sie lag westlich der Sumpfstadt in der
     Nähe des Dunklen Pfuhls, deshalb hatte sie einen schlechten Ruf und wurde möglichst gemieden. Skip wusste nicht viel darüber;
     eigentlich nur, dass dort tatsächlich Menschen lebten, die meisten davon Pfuhlgänger wie Garnald. Davon abgesehen, lag der
     Außenposten drei Stunden weit weg. Nur ein schlammiger Trampelpfad führte dorthin, der nach etwa fünf
Werst
von der Hauptstraße abzweigte.
    Es sei denn, natürlich   ... es sei denn, man war verrückt genug, einen der tückischen Pfade direkt durch den Pfuhl zu nehmen.
    Wenn die drei Männer, die sie in den Or’hallas beobachtet hatten, tatsächlich auch für die Brandstiftung hier in Eichenhain
     verantwortlich waren, dann konnten sie sich sowohl in Richtung des Außenpostens abgesetzt haben oder sich, als Wachen getarnt,
     noch immer im Gasthof aufhalten. Vorausgesetzt, das Mädchen sagte die Wahrheit.
    Aber wenn er in ihre klaren violetten Augen sah, dann wollte er ihr glauben; einfach nur glauben.
    »Du bist wirklich ihren Spuren nachgegangen?«
    Sie nickte.
    |71| »Warum?«
    Ein Lächeln erschien in ihren Mundwinkeln und war sogleich wieder erloschen. »Ich bin Söldnerin«, sagte sie, »und stehe gegenwärtig
     in niemandes Diensten. Ich dachte mir, es könnte etwas drin sein für mich, wenn ich herausfinde, wer das hier getan hat.«
    Erle straffte die Schultern. »Und? Hast du’s herausgefunden?«
    Die entspannte Haltung des Mädchens blieb unverändert. »Nein«, sagte sie schlicht.
    »Warum bist du dann zurückgekommen?«
    »Aus zwei Gründen.« Das Mädchen blieb so freundlich, als gebe es das ungehobelte Verhör gar nicht, sondern stattdessen galante
     Komplimente. »Erstens, mein Pferd braucht noch immer ein Hufeisen. Und zweitens, weil ich glaube, dass ihr meine Hilfe brauchen
     werdet.«
    Skip wechselte einen raschen Blick mit seinem Bruder und wusste: Auch ihm machte ein Wirbelsturm aus Gedanken den Kopf schwindelig.
     Nach den Ereignissen der vergangenen beiden Tage schien es verlockend, die Hilfe eines solchen Mädchens in Anspruch zu nehmen.
     Doch woher sollten sie das Geld nehmen, um eine Söldnerin zu bezahlen? Und überhaupt – was sprach schon dafür, einer vollkommen
     fremden Frau zu vertrauen, selbst einer mit schönen Augen?
    Erles Hand hatte sich zur Faust geballt. »Was glaubst du denn für uns tun zu können?«, fragte

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