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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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gesehen«, stieß er hervor. »Diese
     Verwüstung wurde von Menschen angerichtet, nicht von einer Feuersbrunst.«
    Baba Yagna blickte ihn abermals eindringlich an. »Wie gesagt«, erwiderte sie fast schroff, »Prior Daniolos denkt da anders.
     Auf alle Fälle hatten die Heiligen Brüder mit Nikolaos’ Tod und dem Brand
und einigem anderen
alle Hände voll zu tun. Sie reisten eilends wieder ab. Aber zuvor setzten sie einen neuen Priester ein: Bruder Olympos wurde
     berufen, unseren Bruder Nikolaos zu ersetzen. Als erste Amtshandlung will er das ganze Dorf einer Ghaz Alim-Probe unterziehen.
     Alle Heranwachsenden zwischen zwölf und neunzehn haben sich morgen früh in der Kapelle einzufinden. Die Priester sind im ganzen
     Dorf herumgelaufen, zählten die Jungen und verständigten die Familien. Und   ... sie suchen euch drei.«
    |62| Skip stieß den angehaltenen Atem aus und ignorierte Erles Blick.
Was sollte das alles?
    »Na ja«, sagte Erle laut, »was soll uns das kümmern? Es ist ja nur eine Prüfung.«
    Baba Yagnas Blick flackerte wie ein ersterbendes Feuer. »Manche gibt es unter uns, die sollte eine Probe sehr wohl kümmern«,
     sagte sie vieldeutig. Ihr Blick huschte gepeinigt zu Ellah hin. Skip ließ sie nicht aus den Augen.
    Ellah?,
dachte er ungläubig.
    »Aber wir wurden doch alle gleich nach unserer Geburt der Probe unterzogen   ... und haben sie bestanden. Oder etwa nicht, Baba Yagna?«, fragte er.
    Abermals sah sie Ellah an. Skip glaubte, die Luft knistern zu hören, und bemerkte den missbilligenden Ausdruck auf dem Gesicht
     seines Vaters – und das düstere Starren, mit dem er nun Baba Yagnas Blick begegnete.
    »Du und Erle, ihr wart für mich immer wie meine eigenen Enkel. Ellah hatte nie Brüder, aber ihr beiden seid fast so etwas
     für sie. Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn euch Kindern etwas zustoßen würde. Glaubt mir, ihr drei dürft nicht zugegen
     sein, wenn morgen die Zeremonie beginnt«, stellte sie ausweichend fest. »Ihr könnt in die Sumpfstadt zurückkehren und dort
     bleiben, bis alles vorbei ist.«
    Jetzt flackerte die Düsternis auch in ihren Augen; die sorgenvollen Runzeln auf ihrer Stirn hatten sich vertieft. Skip verlagerte
     kaum merklich sein Gewicht; mehr und mehr verwirrte ihn das Ganze.
Ihr drei,
hatte sie gesagt, und die ungeheuerliche Bedeutung dieser beiden Worte spiegelte sich auch in Vaters Augen wider. Augen wie
     purer Frost.
    Er konnte es nicht glauben. Er
musste
die Frage stellen. »Warum?«
    Baba Yagna schien kurz zu schwanken. Aber als sie sich ihm zuwandte, blickten ihre Augen wieder sehr konzentriert. |63| »Sie suchen ein ganz bestimmtes Kind«, sagte sie. »Eines, das nicht in die Hain- und Wirrholz-Dörfer gehört.«
    Ein Kind.
    Skip empfand beinahe so etwas wie Erleichterung, als seine Hand in den Tiefen seiner Tasche auf das lederumwickelte Päckchen
     des toten Edelmanns stieß. Dies hier musste der wahre Grund für den ganzen Aufruhr sein! So ergab alles einen Sinn. »Vielleicht
     irre ich mich«, sagte er. »Aber ich glaube, sie suchen das hier.«
     
    In Baba Yagnas Augen erschien ein Licht, das er noch nie darin erblickt hatte; scheu griff sie nach der fremdartigen Waffe
     und drehte sie in den knorrigen Fingern.
    »Weißt du, was das ist, Ba?«, drängelte Ellah.
    Die alte Frau schnalzte mit der Zunge. »Man nennt es Sternendolch«, flüsterte sie. »Es ist ein Assassinen-Symbol und stammt
     geradewegs von einem Majat.«
    »Einem Majat?«, wiederholte Skip. »Einem Leibwächter des Königs?«
    »Ja und nein.
Majat
ist der Name einer Festung hoch oben in den Steinernen Graten; dort lernt jeder Mann und jede Frau von Kindheit an zu kämpfen.
     Sie verdingen sich als Leibwächter. Und alle sind sie gut – wie es angemessen ist für den König. Die Besten der Besten jedoch
     werden in den Rang der Assassinen erhoben. Der Majat-Assassinen.«
    »Assassinen?«
    Baba Yagna schüttelte den Kopf. »Sagen wir so: Ein Assassine muss besser sein als jeder Leibwächter. Deshalb ziehen es die
     Majat von Rang vor, sich selbst
so
zu nennen. Ändert nichts daran, wer sie sind oder was sie tun, wenn ihr mich fragt.«
    »Und
was
tun sie?«
    »Sie treten in jedermanns Dienst«, führte es Baba Yagna aus. »Verstehst du – ihr wahrer Wert ergibt sich nicht nur aus |64| ihren unglaublichen Fähigkeiten, sondern mehr noch daraus, wie zuverlässig sie sind. Sie gehorchen keinem König. Sie kennen
     keine Loyalität – außer derjenigen ihrem Ehrenkodex

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