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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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Dunkeln zu sitzen, von sich wandelnden
     Pfaden in die Irre geführt und möglicherweise von Ungeheuern umringt, war eindeutig schlimmer, als unter Karas wachsamen Augen
     zu schlafen. Vielleicht sogar schlimmer noch als seine Alpträume. Was sollte er tun, wenn sich jemand aus der Dunkelheit heraus
     auf ihn stürzte? Würde ihm noch genügend Zeit bleiben, die anderen zu warnen? Würde Kara und Erle genügend Zeit bleiben, aufzuwachen
     und zu kämpfen?
    Und als seien diese Gedanken allein noch nicht schrecklich genug, erinnerte er sich plötzlich auch noch an die Spinnen, die
     auf ihn heruntergefallen sein mussten. Lauerten sie womöglich in seiner Kapuze? Er versuchte, sich abzulenken und hielt Ausschau
     nach etwas, mit dem er sich beschäftigen konnte. Das Feuer war heruntergebrannt, sein trübe zuckendes Licht wenig mehr als
     ein schwächliches Aufbäumen gegen das Dunkel. Außer dem schattenhaften Wogen der Äste war wenig zu sehen. Sie sahen wirklich
     aus wie lebendige, glitschig-lederne, sich ringelnde Schlangenleiber. Und tatsächlich: Es schien ihm, als bewegten sie sich
     ringelnd und tastend durch die Dunkelheit auf ihn zu.
    Etwas Kaltes streifte sein Genick   ...
    ... und wickelte sich so überraschend und grausam um seine Schultern und seinen Brustkorb, dass ihm kein Quentchen Luft mehr
     für einen Schrei blieb. Dicke, ledrige Tentakel hoben ihn vom Boden und rissen ihn in die Finsternis.
    |182| Das Letzte, woran er sich später noch zu erinnern glaubte, war, dass er sich den Kopf anschlug, vielleicht an der warzigen
     Vorwölbung eines gewaltigen Baumstamms. Dann war die Dunkelheit nicht mehr nur um ihn her, sondern auch überall in seinem
     Inneren.

Die steinerne Falle
    Mit zwanzig genau bemessenen Schritten durchquerte Herzog Evan Dorn sein achteckiges Schlafgemach und schaute aus dem Fenster.
     Er wusste, Og Tarn und seine Männer konnten die Pferde unmöglich bereits gesattelt haben, doch fiel es so schwer, untätig
     zu bleiben und lediglich abzuwarten, dass seine Befehle ausgeführt wurden. Er wollte die erstickenden Mauern dieser uralten
     Feste, dieser ganzen widerwärtigen Stadt schnellstmöglich hinter sich lassen.
    Nicht weit unterhalb des Fensters verlief ein Sims und entzog das Burgtor wie auch den seitlichen Bereich der Stallungen seinem
     Blick. Evan hatte nie verstanden, warum die alten Gemäuer Tandars derlei Vorsprünge aufwiesen. Seiner Meinung nach konnten
     sie nur einem Zweck dienen – demjenigen nämlich, mögliche Eindringlinge so lange vor den Burgbewohnern zu schützen, bis das
     Tor gefallen war. Oder, wie in diesem Falle, vereiteln, dass ein ungeduldiger Hochgebieter festzustellen vermochte, was es
     mit den lärmenden Stimmen und dem Stahlgeklirr dort unten auf sich hatte.
    Was um alles führte Og Tarn da unten im Schilde?
    Evan zog in Erwägung, hinabzueilen und den Grund für die Verspätung höchstpersönlich herauszufinden, als sich draußen im steinernen
     Korridor schwere Schritte näherten.
    Sie kommen, um mich zu töten,
durchfuhr es den Herzog. |183|
Der Allehrwürdige Haghos hat meine Absicht erraten. Doch, bei Shal Addim, kampflos werd ich mich nicht ergeben!
    Dieses Mal war er besser vorbereitet als vor einigen Tagen, als er sich hier so plötzlich mit dem geheimnisvollen Magister
     der Bewahrer konfrontiert gesehen hatte. Er trug seinen ledernen Harnisch; und in der Scheide an seiner linken Seite steckte
     das stattliche Langschwert des Hauses Dorn. Er zog die Klinge blank und wandte sich der dunkel gähnenden Türöffnung zu. Wie
     von einem unsichtbaren Wind gebläht bauschten sich die Schleier des Himmelbetts.
    Die Ankömmlinge waren von Kopf bis Fuß in Stahl gehüllt. Lärmend traten sie ein und verharrten im vorderen Bereich des achteckigen
     Gemachs, kaum, dass sie die einsame Gestalt des Herzogs bemerkten. Sechs Ritter des Heiligen Sterns sowie, in ihrem Gefolge,
     ein Dutzend Heilige Krieger in karmesinroten Mänteln.
    Eine zu große Übermacht für einen einzelnen Schwertkämpfer. Offenbar war der Allheilige Vater entschlossen, nichts mehr dem
     Zufall zu überlassen.
    Der Herzog beobachtete die Ritter seltsam abwesend. Zu seiner Zeit war er ein gefürchteter Schwertkämpfer gewesen, aber er
     hatte keine Chance, diesen Kampf zu bestehen. Er packte das Heft seines Schwerts kräftiger und musterte die gesichtslosen
     Gestalten. Er würde sich nicht kampflos ergeben!
    Wo stecken meine Diener und Leibwächter, wenn ich sie brauche,
dachte Evan

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