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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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groß ist das Risiko.
     Wir haben strikten Befehl.«
    Natürlich, was hatte er erwartet? Evan ließ den Blick über sie schweifen und einmal mehr kam er sich wie ein Tier im Fangeisen
     vor.
    »Lasst mich allein!«, befahl er ihnen mit erhobener Stimme. Noch war er der Herr auf
Dorn’s Trutz
, dem Amtssitz des Reiches, nicht wahr? Das Mindeste, was ihm also zu tun verblieb, war, sich diese Invasion des eigenen Schlafgemachs
     zu verbitten.
    Die Ritter neigten den Kopf und erhoben sich aus der knienden Haltung; die Zeitlosigkeit hatte ein Ende. »Unsere Befehle lauten,
     hier in der Burg zu verweilen, bis uns Seine Heiligkeit anderes mitteilt«, schnarrte der Wortführer ungerührt. »Euer Hauspriester
     Bruder Pavlos bietet untertänig an, zur persönlichen Sicherheit Eurer Erhabenheit zur Verfügung zu stehen und es uns sogleich
     anzuzeigen, sollte Eure Erhabenheit Schutz nötig haben.«
    Abermals neigten sie den Kopf; dann verließen sie mit soviel Gerassel und Geklirre den Raum, dass es jedem Alteisensammler
     zur Freude gereicht hätte. Ihr Lärmen wurde von Bruder Pavlos’ gespenstischer Lautlosigkeit ersetzt. Wie ein Schemen glitt
     er aus dem dunklen Korridor über die Schwelle und schloss die Tür hinter sich; aus dem Kapuzenschatten heraus sah Evan sich
     von seinen Vogelaugen angestarrt.
    Er seufzte. Genausogut hätte ihn der Allehrwürdige in einer steinernen Gruft gefangensetzen können. Mit schiefem Lächeln kostete
     er den Gedanken aus:
Ein Spitzel und eine Rotte stählerner Ritter – was für Gegner!
    |187| Dennoch: Er würde einen Weg aus dieser steinernen Falle heraus finden.
    Mehr noch: Er, Evan Dorn, würde Mittel und Wege finden, der schändlichen Herrschaft Seiner Heiligkeit ein Ende zu setzen.
     Allein, wenn es sein musste.
     
    Erle wachte auf, weil ein einzelner Zweig schmerzhaft gegen seine Schulter drückte. Etwas Feuchtes und Glitschiges berührte
     sein Gesicht. Wassertröpfeln zersprühte auf seiner Haut. Im nächsten Moment saß er aufrecht und erinnerte sich daran, wo er
     war. Die ruckartige Bewegung ließ seine ganze linke Seite schmerzen. Stöhnend sah er sich um.
    Jenseits der dichten Baumkronen war es schon hell, erste zögerliche Sonnenstrahlen sickerten bis auf den morastigen Boden
     des Pfuhls. Das Feuer war erloschen; ein nass glänzender Aschehaufen befand sich an seiner Stelle. Erle unterdrückte einen
     Fluch und streifte die klamme Decke ab.
    Zwei der vier Schlafplätze beim Feuer waren verlassen. Nur zu seiner Rechten lag noch eine zusammengerollte Gestalt   – Ellah, nahm er an. Lediglich ihr zerzauster brauner Haarschopf lugte unter der Decke hervor.
    Skip und Kara waren verschwunden.
    Vorsichtig reckte Erle die steifen Glieder und erhob sich. So weit es ihn betraf, konnte die Olivianerin tun und lassen, was
     sie wollte – das war eine Sache; eine ganz andere war, dass auch sein Bruder fehlte. Plötzlich hatte er schreckliche Angst,
     ihn niemals wiederzusehen. Was, wenn Ellah recht gehabt und Kara ihm etwas angetan hatte? Freilich – bislang hatte es keinerlei
     Hinweise auf eine solche Absicht gegeben. Er schüttelte die wirren Gedanken ab, zunehmend panischer   ... und wütender. Was war hier geschehen? Er riss die väterliche Axt hoch, drehte sich um die eigene Achse, starrte, horchte.
Kara,
dachte er.
Skip,
dachte er.
Wo seid ihr, so früh am Morgen?
    |188| Dann fiel sein Blick auf Karas Pferd; es war immer noch angeleint und graste friedlich vor sich hin, wiewohl der Grasflecken
     nicht mehr allzuviele Leckerbissen zu bieten hatte. Die Olivianerin war also noch in der Nähe. Aber wo?
    Nur kurz spielte er mit dem Gedanken, nach dem Bruder zu rufen; und entschied sich dagegen. Zu drückend lastete die Stille
     des Waldes. In dieser klammen, reglos brütenden Luft musste jedes Geräusch meilenweit fliegen, und man wusste nie, wer es
     hörte.
    Er dachte daran, Ellah aufzuwecken – und verwarf auch diesen Einfall sofort wieder. Das Mädchen hatte gestern genug gelitten.
    Ein kaum hörbares Geräusch – hinter ihm; und mit einem Ruck fuhr er herum. Wieder übermannte ihn reißender Schmerz – aber
     dieses Mal ignorierte er ihn. Er sah sich Kara gegenüber; es war, als sei sie zwischen zwei Schlangenholz-Bäumen aus dem Boden
     gewachsen. »Wo ist Skip?«, rief er.
    Sie erwiderte seinen Blick – und trug dabei wieder dieses ärgerliche Halblächeln auf dem dunklen Gesicht. »Ich wünschte, ich
     wüsste es«, sagte sie. »Eigentlich sollte er dich wecken,

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