Das erste Schwert

klarer Beweis.«
    »Zwei Priester und vier Ritter«, nickte Ellah. »Wir haben uns versteckt und sie an uns vorbeireiten lassen, und dann sind
     wir ihnen gefolgt. Bis ihre Spuren plötzlich vom Weg fort und in den Sumpf führten. Ich wüsste gern, was da passiert ist.«
    »Eins steht jedenfalls fest«, sagte Garnald. »Im Außenposten sind sie nie angelangt. Ich kam gestern Nachmittag dort vorbei,
     und niemand erwähnte die Priester und Stahlgesellen auch nur mit einem Wort. Was allerdings jenen einzelnen Reiter betrifft   –«
    »Hast du ihn gesehen?«, stieß Erle hervor.
    »Er kam gegen Mittag in die Siedlung geritten«, sagte Garnald. »Nahm in der Herberge eine Mahlzeit ein. Stellte eine Menge
     Fragen. Schwer, sich einen Reim drauf zu machen, wen er eigentlich sucht. Aber dass er hinter jemandem her war, das war offenkundig.
     Er wartete bis heute Morgen, dann zog er weiter.«
    Erle beugte sich vor. »Wie sah er aus?«
    Der Pfuhlgänger zuckte mit den Schultern. »Es gab nichts Auffälliges an ihm«, sagte er schließlich. »Graue Augen, braunes
     Haar. Aber die Waffen! Noch nie sah ich bei jemandem |199| so viele Waffen   –« Er verstummte; wieder zuckte ein taxierender Blick zu Kara hin.
    »Ein Söldner also«, sagte sie, scheinbar ungerührt. Sie beließ es bei dieser schlichten Feststellung, und nach einem Moment
     der Stille war es Garnald, der fortfuhr: »Dieses Ungeheuer, das euch angegriffen hat   ...«
    »Es war ein Gorg’tal«, warf Kara ein. »Kennt Ihr Euch damit aus?«
    »Ich weiß nur eines mit Sicherheit«, erwiderte der Pfuhlgänger mit harter Stimme. »Dass sie’s eigentlich nicht wagen dürften,
     auch nur den großen Zeh in den Pfuhl zu setzen. Die Bäume hier hassen sie. Schon seit den Heiligen Kriegen.«
    »Mit Euresgleichen scheinen die Bäume auf gutem Fuße zu stehen«, stellte Kara mit einem Schulterzucken fest. »Weshalb nicht
     auch mit den Gorg’tals?«
    In Garnalds schräg gestellten Augen loderte ein gefährliches Feuer empor. Kaum einen Atemzug darauf verzogen sich seine Lippen
     zu einem freudlosen Lächeln. »Jetzt, da ich darüber nachdenke, fällt mir noch etwas ein, was mir von den Gorg’tals zu Ohren
     kam. Stark sollen sie sein, sehr stark. Kein gewöhnlicher Kämpfer soll’s mit ihnen aufnehmen können, und erst recht kein Bewohner
     der Wirrholz- und Haindörfer. Und selbst die besten Krieger, heißt es, wähnen sich glücklich, falls sie einen solchen Kampf
     überstehen – noch dazu ohne Kratzer.«
    Er starrte Kara an, sie starrte zurück, und Erle, der die Bedrohlichkeit der Situation spürte, fragte sich hilflos, was dieser
     Blickwechsel wohl bedeuten mochte.
    »Wir waren zu viert«, sagte Kara bloß und wandte sich ab.
    »Eines Tages werd ich diese Geschichte überprüfen«, murmelte Garnald nachdenklich. »Wenn du wirklich einen Gorg’tal getötet
     hast, dann müsste der Leichnam noch immer dort liegen, nicht wahr?«
    |200| Kara zog die Nase kraus. »Es sei denn«, sagte sie ironisch, »
die Bäume
haben sich um ihn gekümmert.«
    »Was mich zum nächsten Thema bringt.
Skip
.« Garnald erhob sich. »Wenn ihr ihn finden wollt, sollten wir Ayalla einen Besuch abstatten.«
    Erle blickte ihn nur fragend an.
Ayalla?
    »Die Mutter des Waldes«, sagte Garnald, als habe er seine Gedanken erraten. »Ihr nennt sie
die Waldfrau
.«
     
    Skip kehrte nur langsam ins Bewusstsein zurück. Was er sah, als er die Augen schließlich auftat, ergab keinerlei Sinn. Auch
     das schmerzhafte Pochen in seinem Kopf war keine Hilfe.
    Spärliche Helligkeit tropfte an ihm vorbei, doch Skip gelang es nicht, sich weit genug zu drehen, um die Lichtquelle sehen
     zu können. Er starrte auf einen unebenen Boden, wie man ihn auf dem Grund einer frisch ausgehobenen Grube vorfinden mochte,
     und, wenn er die Augen verdrehte, auf eine unnatürlich glatte irdene Decke. Seine Füße waren wie mit dem Boden verwachsen,
     jedoch sich bücken und überprüfen, was ihn so unverrückbar an Ort und Stelle hielt, das konnte er nicht – aus welchen Gründen
     auch immer.
    Wenn nur der Schmerz in seinem Kopf nicht gewesen wäre – und sei’s nur für einen Moment. Es fiel so schwer, zu denken, mit
     diesem Hämmern und Stampfen in den Schläfen.
    Ein Schatten fiel auf sein Gesicht, dann bemerkte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Langsam kam eine Frau in Sicht.
    Kopfüber, spinnengleich, bewegte sie sich an der Decke.
    Erst jetzt fügte sich in einem jähen Aufblitzen alles zusammen. Er war