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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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angetan werden sollten; Dinge, die sie auch Ayalla angetan haben. Vielleicht
     hätten sie euch auch nur getötet. Dankbar solltet ihr den Wächtern für das sein, was sie getan haben.«
    Skip wusste nicht, was er sagen sollte. Er ließ den Kopf sinken, es war ihm unmöglich, sich dazu zu bringen, den Mund zu öffnen
     und für dieses Zerstörungswerk
Danke
zu sagen.
    Garnald war es, der ihm zu Hilfe kam.
    »Lass’ es gut sein, Ayalla«, bat er. »Sie sind viel zu jung für all das hier.«
    Doch sie schwieg nur, und Skip machte sich auf das Schlimmste gefasst. Sie antwortete aber endlich doch noch: »Also gut. In
     Frieden sollt ihr eurer Wege zieh’n. Die Mutter des Waldes wird nicht zulassen, dass euch etwas zu Leide getan wird.«
    Sie ging zu Erle hinüber. Tief tauchte ihr Blick in seine Augen, und er tat es ihr gleich. So standen sie lange beieinander,
     wortlos. Skip kam sich sehr klein vor. Und hilflos. Täuschte er sich – oder zuckte tatsächlich Schmerz im Gesicht seines Bruders?
    |241| »Ich danke dir, großer Junge«, sagte Ayalla sanft und streckte die Hand aus, wie um Erles Schulter zu berühren – und tat es
     doch nicht. Skip beobachtete mit großen Augen. Verlangen
und
Angst standen dem Bruder in die Augen geschrieben und hielten sich die Waage. In diesem Moment sah Erle viel älter aus, als
     er tatsächlich war.
Reifer.
    Es ist etwas vorgefallen zwischen ihnen,
begriff er verlegen.
Aber was? Und wann?
    »Verlassen muss ich euch nun«, sagte Ayalla. »Lebt wohl, meine jungen Freunde.« Und schon war sie an ihnen vorbei und ging
     jenen Weg zurück, den sie gekommen waren.
    »Warte!« rief Garnald hinter ihr her. »Wir bitten die Mutter des Waldes um einen Pfad, der uns zum Außenposten führt.«
    Wie beiläufig winkte sie dem Wald zu ihrer Linken zu.
    »Noch vor Einbruch der Nacht werdet ihr die Pfuhlhöhen erreichen«, sagte sie. »Von dort aus kennt ihr den Weg.« Ohne anzuhalten,
     ohne sich noch einmal umzudrehen ging sie weiter und verschwand zwischen den Bäumen.
    Und Skip, der schneller als alle anderen in die von Ayalla angedeutete Richtung spähte, erkannte bereits den Pfad, der sich
     dort vor ihren Augen zwischen den Bäumen aufgetan hatte. Gnädigerweise führte er fort von der grässlichen Lichtung und in
     trockener aussehende Espen- und Tannengefilde.
    »Geh’n wir!«, sagte Garnald entschieden.
    »Zu den Pfuhlhöhen?«, erkundigte Kara sich. »Im ganzen Pfuhl gibt es keinen Ort, der weiter vom Außenposten entfernt liegt.«
    Garnald sah ihr geradewegs in die Augen – mit einem Blick von der Wucht eines Blitzschlags. »Wenn Ayalla sagt, dass wir diesen
     Weg nehmen sollen, dann bleibt uns keine Wahl«, sagte er in kaum verhohlener Gereiztheit. »Wenn wir ihrer Anweisung folgen,
     sind wir morgen im Außenposten. Wenn nicht   –« Er nickte dem Pfuhlwald hinter ihnen |242| zu. »Es steht dir frei, dein Glück zu versuchen. Aber ich hab nicht vor, mich dir anzuschließen, und ich hoffe, auch die Jungs
     und Ellah sind klug genug, mit mir zu gehen.«
    Sie musterte ihn lange.
    »Also gut«, entschied sie schließlich. »Wir machen es auf deine Art und Weise, Pfuhlgänger.« So, wie sie das letzte Wort aussprach,
     klang es fast wie eine Beleidigung. Skip fügte es in Gedanken jener Liste von Geschehnissen hinzu, auf die er im Laufe der
     Zeit noch eine Antwort zu finden hoffte.
    Mehr und mehr gewann er den Eindruck, als spielten alle und alles um ihn her verrückt. Was allerdings, wie er wusste, genausogut
     bedeuten konnte, dass
er
es war, der langsam aber sicher den Verstand verlor.
    Sie mussten aus dem Pfuhl heraus – so schnell wie möglich.

Ein Feuer in der Nacht
    »Ich habe –
was
?«, rief Erle aus und hielt mitten in der Bewegung inne.
    Sie folgten einem sehr schmalen Pfad, und dieser abrupte Halt brachte die ganze Gruppe zum Stillstand. Skips Neugier wuchs.
     Was mochte Garnald seinem Bruder offenbart haben? Er war zu weit hinter den beiden gegangen; kein Wort hatte er von ihrer
     gemurmelten Unterhaltung verstanden.
    Noch nie zuvor hatte er den Bruder so fassungslos erlebt.
    »Du willst damit doch nicht etwa sagen, dass ich nun – Vater werde?« Mit zitternden Lippen brach Erle ab und breitete ratlos
     die Arme aus.
    Vater?
Wovon redete er da nur?
    |243| »Wir alle taten es, als die Zeit gekommen war, Junge«, sagte Garnald rau. »Sie ist die Mutter des Waldes. Woher, glaubst du,
     nimmt sie den Samen?«
    »Aber – aber   –« So hilflos starrte Erle, dass Skip

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