Das Erwachen
wir«, pflichtete Lucian ihm bei.
»Hey, er gäbe auch einen tollen Vampir ab, was?«, rief Finn, legte einen Arm um die Schultern seiner Frau und lächelte wie sie den beiden Freunden zu, die doch praktisch Fremde waren – und gleichzeitig ein ganz unvermuteter und seltsamer Lebensanker.
»Ein Vampir. Hm«, murmelte Jade. »Vielleicht kommen wir einfach als Wiccas. Wir werden sehen.«
»Wenn ihr euch nicht maskieren wollt, könnt ihr natürlich auch einfach so kommen«, sagte Megan. Nach einem kurzen Zögern umarmte sie Jade kurz, aber herzlich. »Danke.«
»Es ist uns eine Freude, hier zu sein«, versicherte ihr Lucian.
Finn meinte in seinen Worten einen gewissen Unterton zu hören, wusste jedoch nicht, welchen.
»Eines Tages müssen Sie vielleicht einmal uns helfen«, sagte Jade. »Hey, wir machen uns besser alle auf den Weg.«
Sie winkte und wandte sich mit Lucian in Richtung des Buchladens. Finn begleitete Megan die Straße hinunter, da sie einige Blocks vom Stadtpark und dem Wagen entfernt waren.
»Nette Leute, hm?«, meinte er.
Sie sah zu ihm auf, und nach einer kleinen Pause sagte sie: »Ich kann es nicht glauben, was ich ihm alles erzählt habe.«
»Wirklich?«, fragte Finn, der etwas wie Eifersucht aufkeimen spürte.
»Nein, ich meine … die meisten Leute hätten wohl gedacht, ich bin verrückt. Warte – glaubst du, die beiden sind am Ende verrückt? Ich meine, du sprichst das Wort Dämon aus, und sie zucken mit keiner Wimper und zeigen auch nicht das kleinste Grinsen. Vielleicht sind sie selber gefährlich? Verrückte, die sich für Zauberer halten, oder … oder … ich weiß auch nicht! Vielleicht schreiben sie Artikel über Okkultismus und haben angefangen, an ihre eigenen Fantasien zu glauben. Vielleicht … Finn, vielleicht sind die zwei so verrückt wie alles andere, was hier vor sich geht.«
Finn antwortete ihr nicht sofort. Ihre Finger schlossen sich um die seinen. »Finn?«
»Hoffen wir, dass sie okay sind«, sagte er leise. »Sie scheinen im Moment alles zu sein, was wir haben.«
Sie schritt stumm neben ihm her. Er spürte plötzlich ein unheimliches Gefühl im Nacken, und so blieb er stehen und drehte sich um.
»Megan.«
»Ja?«
»Schau jetzt nicht – ich meine, wirklich, bleib nicht stehen und gaffe! Aber hinter uns ist ein Typ in einem langen braunen Staubmantel; er blieb gerade stehen und zündete sich eine Zigarette an.«
»Und?«
»Ich glaube, er stand vor dem Café.«
»Ich tue so, als würde ich mir die Schuhe binden.«
Megan bückte sich, tat wie gesagt und ging dann mit Finn weiter.
»Und?«
»Ich glaube nicht, dass ich ihn schon einmal gesehen habe.«
»Bist du sicher?«
»Ziemlich. Er ist nicht so groß und dunkel wie du und Lucian, aber … er sieht verdammt gut aus. Der wäre mir aufgefallen.«
»Oh.«
Sie lachte über seinen Ton.
»Sag mir jetzt bloß nicht, du schaust keinen hübschen Mädchen mehr nach!«
»Rassige Frauen haben es mir eher angetan.«
Sie lächelte noch immer. Er war froh, dass sie das nach wie vor konnte. Doch es verblüffte ihn, als sie sagte: »Vielleicht fangen wir gerade an, die Sache mit dem Vertrauen wieder hinzukriegen.«
»Vielleicht.«
Sie wurde ernst. »Ehrlich, ich glaube nicht, dass ich diesen Mann vor dem Café gesehen habe. Aber ich habe natürlich auch nicht auf irgendwelche Leute geachtet.«
Ihr Wagen stand nun direkt vor ihnen. Gott sei Dank, dachte Finn.
Gleichgültig, was Megan gesagt hatte, er hatte den Mann bemerkt.
Und er war absolut sicher, dass sie verfolgt wurden.
»Finn«, sagte Megan plötzlich und zog ihn zurück.
»Was?«
»Ich möchte … ich möchte kurz in die Kirche dort die Straße runter gehen.«
Finn hielt inne. Sie hatten den Wagen eben erreicht. In die Kirche, das bedeutete, wieder zurückzugehen und Zeit zu vergeuden, die sie wahrscheinlich nicht hatten. »Du willst zu Martha rausfahren – aber zuerst willst du noch in die Kirche?«
»Finn, bitte, es ist mir wirklich wichtig.« Sie straffte die Schultern. »Notfalls gehe ich auch ohne dich.«
»Du weißt, dass ich dich nicht allein gehen lasse.«
Sie machte lächelnd kehrt. Er holte sie rasch wieder ein.
Trotz der vollen Straßen schaffte Megan ein flottes Tempo. Doch als sie die Kirche erreicht hatten, zögerte sie an den Stufen und drehte sich zu ihm um. »Kommst du mit hinein?«
Finn blickte an dem Gebäude empor. Es war nicht sonderlich alt – sicherlich nicht aus dem siebzehnten Jahrhundert, eher aus dem neunzehnten oder
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