Das Erwachen
angeblich in dieser Gegend gewesen war, als das Gerücht umging, eine Bürgerwehr habe sich des »Übeltäters« Cabal Thorne »angenommen«. Wie Jade konnte jedoch auch er nicht erkennen, ob dieser Douglas einer von Thornes Anhängern oder ein Angehöriger dieser Bürgerwehr gewesen war. Der Autor, ein Mann namens Ethan Miller, hatte die Vorgänge sehr verächtlich beschrieben. Da er selbst nur knapp einer Anklage wegen Hexerei entgangen war, beruhten seine Informationen lediglich auf dem Hörensagen. Zudem war der ganze Text so voller altertümlicher Schreibweisen gewesen, dass er Finn nur durch Jades Entzifferung überhaupt einigermaßen verständlich geworden war.
»Ich heiße im Übrigen auch nicht Finnegan, sondern ganz offiziell einfach nur Finn. Finn Douglas.« Er errötete ein wenig und verzog das Gesicht. »Und ich habe einen zweiten Vornamen – Beauregard. Wie ich Ihnen schon sagte, wir sind Südstaatler durch und durch.«
Jade zuckte die Achseln. »Vielleicht ist es nur Zufall.«
»Es ist kein Zufall«, erklärte Lucian entschieden.
Megan beugte sich plötzlich vor. »Also wisst ihr, ich merke gerade eins – das ist der blanke Wahnsinn. Finn, du hattest recht. Wir müssen von hier verschwinden, und zwar umgehend.«
Er musterte sie. Ihr Blick ruhte auf ihm, klar und entschlossen. Alle sahen sie an. »Finn hat schon einmal gesagt, wir sollten fahren. Ich habe dagegengehalten, dass wir uns das alles nur einbildeten. Dass wir total der Kraft der Suggestion unterlägen. Dann dachte ich – ich dachte, mit Finn stimmt etwas nicht. Dann mit mir. Dann mit uns beiden. Aber es wäre wirklich verrückt, noch länger hierzubleiben! Man mag glauben, was man will – dass es Dämonen gibt oder auch nicht –, aber es gibt auf dieser Welt Menschen, die dazu fähig sind, zu foltern und zu morden – das wissen wir alle. Und da ich für irgendjemanden oder irgendetwas anscheinend eine Zielscheibe bin, ist es das einzig Vernünftige, sich außerhalb der Reichweite dieses Jemand oder Etwas zu begeben.«
Niemand antwortete darauf sofort. Finn streckte seine Hand über den Tisch.
Jade räusperte sich. »Ich denke, damit könnten sie recht haben.«
»Es klingt zumindest sehr logisch«, stimmte Lucian zu. »Aber ich weiß nicht recht. Ich frage mich, ob sie wirklich außerhalb dieser Reichweite gelangen können. Wir wissen nicht genau, was vor sich geht. Bislang geschieht das meiste ja in Träumen. Und vor Träumen kann man nicht weglaufen.«
»Die Träume … sind immer die gleichen. Wenn ich träume, dann … werde ich angegriffen. Wenn Finn träumt, dann … ich nehme an, er sieht sich als eine Art Gott oder wie er durch eine bewundernde Menge schreitet, um sich … so eine Art sexuelle Belohnung zu nehmen, vermute ich.«
»Eine Angst, die ich habe«, räumte Finn ein, »ist, dass der Mord in Boston eventuell mit dem in Zusammenhang steht, was jetzt vor sich geht. Nehmen wir mal an, dieser Satanistenbund war entschlossen, das Mädchen zu ermorden. Gut geplant, da ich nicht weiß, wie irgendjemand hier in der Gegend wissen konnte, dass ich in der Stadt war! Dann«, er zögerte und hielt den Blick von seiner Frau abgewandt, »nehmen wir an, sie wollen Megan zu ihrem nächsten Opfer machen. Sie treiben also einen Keil zwischen uns beide, und so würde ich für beide Morde einen guten Sündenbock abgeben.«
Lucian lehnte sich zurück und studierte Finn. »Was Sie da sagen, klingt wirklich interessant. Wie konnte irgendjemand wissen, dass Sie in Boston anhalten würden? Die meisten Autofahrer würden den Großstadtverkehr so schnell wie möglich hinter sich lassen. Und wenn ich Sie richtig verstanden habe, fühlten Sie sich ja geradezu gezwungen, in Boston eine Pause einzulegen.«
»Ich weiß es schon gar nicht mehr«, sagte Finn angewidert.
»Jemand übt hier eine Art Bewusstseinskontrolle aus, das scheint ziemlich klar zu sein«, meinte Jade.
»Also, jetzt Moment mal«, warf Megan nun ganz praktisch und entschlossen ein. »Was genau ist ein Dämon?«
Lucian und Finn wollten beide etwas sagen, doch dann blickten sie zu Jade.
Lucian warf ihr ein schiefes Lächeln zu. »Du hast das Buch geschrieben.«
Jade zuckte die Achseln. »Der Begriff Dämon leitet sich vom Griechischen daimon ab, was eigentlich reich an Weisheit bedeutet. In manchen Gesellschaften wird ein Dämon als ein guter oder als ein böser Geist betrachtet, und manche Völker glauben, Dämonen seien lediglich Unheilbringer oder Unruhestifter.
Im
Weitere Kostenlose Bücher