Das Erwachen
bestand darauf, dass Finn alles erfuhr, was Megan ihnen erzählt hatte, über die Träume, über den gehörnten Gott, über Finns seltsames Benehmen.
Neben Mike hatte Father Brindisi Platz genommen; er fühlte sich ganz offenbar äußerst unwohl. Schließlich trat er an den offenen Kamin und bat Finn um eine Zigarette.
Finn bot ihm eine an, und der Priester wandte sich den Flammen zu.
»Ich fühle mich hier absolut unwohl«, sagte er.
Finn zuckte mit den Schultern. »Nun, Father, wir sind in der Gesellschaft von Wölfen, könnte man sagen. In Gegenwart eines Vampirs muss sich ein Geistlicher ja geradezu unwohl fühlen. Ich kann Ihnen versichern, mir war auch nicht eben warm und behaglich zumute, als ich diese Einzelheiten über den Mann erfuhr.«
Father Brindisi schaute kopfschüttelnd ins Feuer.
»Ich weiß. Sie glauben es nicht«, sagte Finn.
Brindisi lächelte.
»Nein. Das stimmt nicht. Ich glaube mit meinem ganzen Herzen an Gott, den einen großen Gott! Aber sosehr ich an seine Güte glaube, weiß ich doch, dass es auf der Welt auch das Böse gibt. Es gibt nur sehr wenig, das ich nicht glauben oder zumindest für möglich halten würde. Da ist noch etwas anderes … Vielleicht, weil ich eine Messe halten werde, um einer anderen Messe entgegenzuwirken, mit der ein Spross des Teufels gerufen werden soll. Ich weiß es nicht. Aber etwas hier … ist nicht richtig.«
Die Tür ging auf, Ragnor trat ein. »Ich habe sie gefunden«, sagte er ruhig.
Finn stürzte auf ihn zu. »Sie haben sie gefunden? Megan?«, fragte er. »Wieso haben Sie sie nicht mitgebracht, wieso haben Sie sie ihnen nicht weggenommen?«
»Weil das nichts genutzt hätte; das hätte sie lediglich gewarnt«, erklärte Martha dumpf.
»Der Friedhof!« Mike Smith sprang auf, den Blick auf Ragnor gerichtet. »Was war ich doch bloß für ein Idiot! Natürlich!«
Alle starrten ihn an.
Lucian stand auf und trat vor Ragnor. »Ein Friedhof?«, fragte er.
Ragnor blickte zu Mike. »Ja.«
»Ich hätte gleich daran denken sollen«, fuhr Mike fort. »Es gibt nur einen … der unheilig sein soll. Da ist auch wirklich nichts, ein paar kaputte Statuen, aber …«
Finn spürte Zorn und Eifersucht in sich aufwallen, verstärkt durch seine tief sitzende Angst. Er trat zu Mike. »Der Friedhof. Ja. Du hättest gleich daran denken sollen. Und warum hast du nicht? Bist du sicher, dass du – ein Mann, der sich so der Wissenschaft verschrieben hat, der das Okkulte so sehr verachtet und dann plötzlich daran glaubt! – dass du nicht die ganze Sache dirigierst? Vielleicht amüsierst du dich hier ja grenzenlos. Du führst uns einfach nur an den richtigen Punkt – und dann wirst du selbst zu einem Teil der schwarzen Messe?«
Mike funkelte ihn wütend an. »Ich würde Megan nie etwas antun!«
»Du würdest ihr nichts antun, weil jemand Megan werden soll. Aber wie war das bei der Frau in Boston – wolltest du ihr nicht etwas antun – sie in Stücke schneiden, bevor du sie getötet hast?«
»Nein!«, protestierte Mike. »Hör mal, ich versuche immerhin, euch zu helfen!«
»Finn, ich glaube, er ist in Ordnung«, sagte Lucian.
Finn schnellte zu ihm herum und schluckte. »Glaubst du. Aber unser Father Brindisi hier fühlt sich nicht recht wohl!«
»Weil in dir ein Dämon wohnt!«, schrie Mike.
»Das führt zu nichts«, erklärte Ragnor sachlich.
Finn blickte von Ragnor zu Lucian. »Ihr seid Vampire, sagt ihr. Mit außergewöhnlichen Kräften. Ich habe einiges davon gesehen. Warum fahren wir nicht einfach dorthin und zerreißen diese Bastarde in der Luft? Verflucht, wir haben einen Werwolf hier – fahren wir doch los und machen sie fertig! Denn ich bin mir nicht sicher, wem wir hier vertrauen können!«
»Finn!«, mischte sich Jade nun ein. »Das können wir nicht tun, versteh doch. Es ist doch schon alles am Laufen. Und das weißt du auch von deinen Träumen. Wir könnten ein Dutzend Leute umbringen, aber wenn wir nicht die richtigen erwischen und die Zauber vollendet werden, dann bist du tot! Dein Körper wird auf der Erde herumspazieren, aber du wirst tot sein.«
Finn wusste, dass sie die Wahrheit sagte. Er senkte einen Moment lang den Blick und sah dann Lucian an. »Töte mich. Mach einen Vampir aus mir.«
»Das mache ich nicht«, erklärte Lucian kategorisch.
»Warum nicht?«
»Weil ich nicht weiß, was letztendlich dabei herauskommt.«
»Und wir wissen nicht, ob wir all dem Einhalt gebieten können, selbst mit einem Priester. Also, verwandle mich in
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