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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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nach die Person sei, die einen längst Verstorbenen oder einen Dämon wiederauferstehen lassen wollte, hatte er nichts sagen können. Das alles hatte ihre Ungeduld – und ihre Angst – nur noch gesteigert.
    Doch dann war ihr der Gedanke gekommen, dass er ein sehr alter Mann war, der außer seinen Geschichten nichts mehr hatte. Sie versicherte ihm, dass sie auf sich achtgeben und seine Worte beherzigen würde. Außerdem bat sie ihn, Finn nichts von all dem zu erzählen, sie werde es auch nicht tun. Andy hatte darüber nicht besonders glücklich gewirkt, eher resigniert.
    »Immerhin habe ich Sie gewarnt«, hatte er ernst erklärt.
    Er war ohne Auto gekommen, offenbar auf einem der Pfade durch den Wald. Sie hatte ihm angeboten, ihn mitzunehmen und irgendwo abzusetzen, aber er hatte abgelehnt und war an dem gruseligen Ort geblieben, als sie losfuhr.
    Seltsamerweise waren der finstere Himmel, das Gewitter und der drohende Regen verschwunden. Es war ein fast schon absurd schöner Tag für Ende Oktober.
    »Wo warst du?«, fragte Finn, als sie zu ihm auf den Balkon trat. Sie hätte nicht sagen können, ob in seiner Stimme Zorn mitschwang; die Sonnenbrille schien alles zu verdecken. Trotz seiner verhärmten Gesichtszüge wirkte er sehr anziehend, fast sexy, wie er da träge auf dem Balkonstuhl lümmelte, die langen Beine auf die schmiedeeiserne Brüstung gelegt, ja den ganzen Körper lässig gedehnt wie eine Katze.
    »Ich bin nur ein bisschen in der Gegend herumgekurvt«, erwiderte sie. »Wann bist du denn aufgewacht? Ich habe dich noch nie so tief schlafen sehen.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Beim Aufwachen ging es mir nicht so gut.«
    »Offenbar bist du recht früh aufgewacht und dann wieder ins Bett gegangen. Kein Wunder, dass du erschöpft bist.«
    Er runzelte die Stirn, das konnte sie trotz der Brille sehen.
    »Ich bin nicht früh aufgewacht.«
    »Doch, das bist du. Du hast dir mitten in der Nacht einen Kaffee gemacht oder ganz früh am Morgen.«
    Er starrte sie an, als sei sie nicht recht bei Sinnen.
    »Nein.«
    »Finn! Als ich aufstand, war kalter Kaffee in der Kanne.«
    »Als ich aufstand, war kalter koffeinfreier Kaffee in der Kanne«, schnaubte er.
    »Ganz ehrlich, du musst schon einmal wach gewesen sein. Es sei denn, ein kleiner Kobold ist hier hereingeschlüpft, während wir schliefen, hat Kaffee gekocht, eine Zigarette geraucht und ist dann wieder verschwunden«, sagte sie. Warum musste sie sich zwingen, zu lächeln?
    Er runzelte noch immer die Stirn. »Auf deinen Armen sind blaue Flecken.«
    »Stimmt. Du solltest etwas sanfter sein.«
    »Wie bitte?«
    »Finn! Die blauen Flecken stammen von dir!«
    »Das kann nicht sein«, entgegnete er empört.
    Sie lehnte sich an die Brüstung und starrte ihn an. »Finn, ich schwöre, du bist mitten in der Nacht aufgewacht.«
    »Und ich habe Kaffee gemacht, behauptest du. Und was habe ich sonst noch getan? Bin ich zu dir gekommen und habe dich geschlagen, bevor ich die Kaffeemaschine angestellt habe?«
    »Finn, du hast mir diese blauen Flecken verpasst, bevor du Kaffee gekocht hast. Ich fasse es nicht – du erinnerst dich nicht daran, dass du mitten in der Nacht aufgewacht bist und mich mit der Heftigkeit eines sexhungrigen Sträflings geliebt hast?«
    »Megan, ich erinnere mich daran, dass ich nach dem Duschen auf den Balkon gekommen bin und dass wir uns leidenschaftlich geliebt haben, aber nie im Leben habe ich dir dabei Blutergüsse verpasst.«
    »Nicht beim ersten Mal.«
    »Es gab ein zweites Mal?«, fragte er ungläubig.
    »Einer von uns tickt hier nicht mehr ganz richtig«, murmelte sie. Sie musterte ihn behutsam. »Was hast du gestern Nacht getrunken?«
    »Das Bier, das Joseph mir spendiert hat«, erwiderte er gereizt.
    »Finn, ich habe mir diese blauen Flecken nicht selbst beigebracht«, entgegnete sie leise.
    »Ich kann es nicht glauben, dass ich dir so etwas antun würde.«
    Plötzlich wirkte er sehr distanziert – und verstimmt. Sie hatte blaue Flecken, und er ärgerte sich!
    Trotzdem wollte sie ihm in diesem Moment nahe sein. Selbst in seinem Ärger lag er noch lässig da wie eine sich sonnende Katze. Sein Haar, sein Gesicht … frisch rasiert, gewaschen, ein bisschen verwegen, sein Körper, fest und muskulös, unglaublich sinnlich und anziehend. Sie wollte jetzt zwar nicht mit ihm schlafen, aber sie wollte von ihm gehalten werden. Sie wollte sich seiner versichern.
    Sie setzte sich auf seinen Schoß und streichelte sein Kinn. Der unaufdringliche

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