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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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so kommerziell. Aber heute tut ja jeder alberne Studienabbrecher so, als wäre er ein Wicca oder ein Wahrsager. Sie haben ganz recht, wenn Sie sagen, dass es bei dieser Sache hauptsächlich um den Kommerz geht, Finn.«
    »Tante Martha, du weißt doch, dass Morwenna keine Studienabbrecherin ist. Sie hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft, und Joseph auch.«
    »Joseph!«, fauchte Tante Martha, offenkundig ungeduldig und zornig. »Mit seinen albernen gefärbten Haaren und seinen Umhängen. Er sollte es wirklich besser wissen.«
    »Tante Martha, die beiden sind glücklich«, erinnerte Megan sie sanft.
    »Ja, natürlich. Und harmlos, glaube ich. Aber die Geschichte sollte doch an sich reichen. Es ist so viel Unheil angerichtet worden, so vielen Menschen wurde so viel Grausames angetan. Der Ort sollte sich mit etwas mehr Ernsthaftigkeit an all das erinnern«, beharrte sie streng. Doch dann lächelte sie gleich wieder. »Ach, meine Lieben, ich muss Euch sagen, ich war schwer beeindruckt. Megan, du bist wirklich ein kleines Singvögelchen. Und Finn, Sie auch! Diese Stimme! Na, ich bin ein altes Weib, aber das eine kann ich Ihnen sagen, junger Mann: Wenn Sie mit diesen rauchigen Tönen kommen, dann fängt mein altes Herz richtig an zu klopfen.«
    Finn lachte. »Danke. Ich nehme das als Lob.«
    »So war es auch gemeint«, entgegnete Martha. »Und all diese Instrumente, die ihr da habt! Toll! Es klingt, als wärt ihr zwei eine richtig große Band.«
    »Na ja, das nun auch wieder nicht, aber wir bringen ganz passable Tanzmusik zustande«, wiegelte Finn ab.
    »Es war alles sehr schön«, meinte Martha. »Finn, nehmen Sie noch ein bisschen Gemüse.«
    »Gerne, Ma’am.«
    »Erzählt mir doch von eurem Leben in New Orleans«, bat Martha.
    Megan warf einen Blick auf Finn. »Es ist herrlich«, erklärte sie und beschrieb ihr Häuschen, die kleine Terrasse – und die Nähe zu den Nachbarn. »New Orleans ist eine wundervolle Stadt, auch wenn sie eine hohe Verbrechensrate hat. Aber es ist eben wie in allen großen Städten – man muss wissen, wohin man gehen kann und wohin nicht. Ich liebe die Stadt. Natürlich ist sie eine wahre Touristenhochburg, aber wir gehen oft ins Café du Monde, lesen Zeitung, trinken einen Kaffee, essen ein Beignet. Und in manchen Eckkneipen wird wirklich unglaublich toller Jazz gespielt.«
    »Es gibt aber auch viele Striplokale«, murmelte Martha abfällig.
    Megan lachte. »Das heißt nicht, dass wir dort auch verkehren.«
    »Tante Martha, Striplokale gibt es im ganzen Land, sogar in Neuengland«, erklärte Finn leicht belustigt.
    »Natürlich, mein Lieber, natürlich. Wahrscheinlich bin ich prüde, eine Neuengländerin alten Schlags. In unserer alten Geschichte verwurzelt. Aber das kann man uns nicht zum Vorwurf machen, und Sie dürfen auch nicht denken, dass damals alle hier grausam oder böse waren. Damals glaubte man hier – wie in der alten Welt – an Gott, aber auch an den Satan, der Menschen dazu zwingen konnte, einen Pakt mit ihm zu schließen. Es wurden zwar weitaus mehr Frauen als Männer angeklagt – hier wie in Europa –, aber es starben auch genügend Männer auf dem Scheiterhaufen. Wollen Sie wissen, warum? Frauen galten als weniger klug und deshalb anfälliger für die Einflüsterungen des Teufels. Außerdem glaubte man, dass sie leichter zu verführen wären, weil sie lustbezogener seien als Männer. Allerdings galt es ja oft schon als Verbrechen, nackt im Mondlicht zu tanzen. Wer so etwas tat, hieß es, sei auch anfälliger für Schlimmeres. Die Menschen glaubten an den bösen Blick und all diesen Quatsch. Sie wussten es nicht besser, die Wissenschaft war damals noch nicht sehr weit. Wenn man bedenkt, was in Europa über mehrere Jahrhunderte hinweg passiert ist, waren wir hier in den Kolonien unglaublich langsam und vorsichtig. Na ja, das sind alles alte Geschichten.«
    Sie blickte Megan an und meinte streng: »Jetzt hast du gehört, was ich zu sagen habe, und weißt, wie lächerlich solcher Unsinn ist – und früher war. Also hör dir Andy Markhams Quatsch nicht mehr an!« Sie stand auf und räumte die Platte mit den Resten des Hackbratens weg. »Den Kaffee trinken wir auf der Veranda.«
    Als sie gegangen war, beugte sich Megan zu Finn und streichelte seine Hand. »Tut mir leid, sie hat ein bisschen etwas von einer herrischen alten Matriarchin an sich.«
    Er fuhr ihr mit dem Daumen über die Hand und lächelte. »Ich mag sie, sie ist so bodenständig und redet keinen Stuss.«
    Megan

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