Das Erwachen
Sandelholzduft seines Aftershaves war angenehm, flüchtig, provokativ. Genau wie seine Wärme und seine Arme, die sich unwillkürlich um sie legten.
»Ich habe doch nicht gesagt, dass du nicht unglaublich aufregend warst«, wisperte sie und knabberte an seinem Ohr. »Es war nur ein wenig zu … kraftvoll.« Sie wollte nicht sagen: gewalttätig.
»Na toll. Ich war aufregend und kraftvoll und erinnere mich nicht mal daran.«
»Und du hast einen Kaffee getrunken.«
»Mannomann, ich muss wirklich müde gewesen sein.«
»Bist du sicher, dass du nur ein Bier getrunken hast?«
»Megan, was ist los mit dir? Du klingst, als würdest du dich plötzlich auf deine puritanischen Wurzeln besinnen. Das ist ja grässlich.«
»So weit reicht nur der Stammbaum meines Vaters zurück, meine Mutter ist als kleines Kind mit ihrer Familie viel später nach Amerika ausgewandert, wie du wohl weißt. Ich bin jedenfalls keine Puritanerin, genauso wenig, wie du ein Drogenabhängiger oder Alkoholiker bist. Wir genehmigen uns beide gern mal ein paar Drinks. Ich versuche doch nur, diesen Dingen auf den Grund zu gehen.«
Er streichelte ihr über den Kopf und sah ihr ernst in die Augen. »Megan, es erschreckt mich, dass ich dir wehgetan haben könnte, und noch mehr erschreckt es mich, dass ich mich nicht daran erinnere. Bist du sicher, dass du nicht wieder etwas in dieser Richtung geträumt hast?«
»Ich habe mir blaue Flecken zusammengeträumt – na gut, wenn du meinst«, erwiderte sie bedrückt.
Er runzelte die Stirn. »Vielleicht hast du dich herumgewälzt und bist gegen den Nachttisch geknallt oder so? Oder vielleicht bist du sogar aufgestanden und in ein Möbelstück gerannt?«
»Ohne dich aufzuwecken?«
Er schüttelte den Kopf und starrte nachdenklich auf die Wiese. »Gestern Nacht war ich wirklich völlig erledigt. Ich war fix und fertig, ich habe wie ein Toter geschlafen.«
»Tja nun, du warst jedenfalls fantastisch im Traum. Aber das nächste Mal könntest du vielleicht einen Gang runterschalten, okay?« Sie glaubte nicht eine Sekunde daran, dass sie nur geträumt hatte. Aber sie hatte keine Lust, die Geschichte in einen unendlichen Streit ausarten zu lassen.
Und sie wollte auch nicht, dass er es auf ihre Familie schob, auf Huntington House oder auf ihre Wicca-Verwandten. Besser, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Vielleicht verdiente er eine Nacht bleischweren Schlafes, auch wenn er sich benommen hatte, als sei er mehr als nur hellwach gewesen.
»Nun denn, wo warst du heute Vormittag?«, fragte er.
Von Andy Markham und seinen skurrilen Theorien über Dämonen und Satanisten wollte sie ihm nun erst recht nichts mehr erzählen.
»Ich bin ein bisschen herumgekurvt und habe mir Orte angeschaut, die ich von früher kenne«, meinte sie. »Warum hast du mich nicht auf dem Handy angerufen?«
»Das habe ich versucht.«
»Ach ja? Ich habe es nicht läuten hören.«
»Vielleicht hast du nicht darauf geachtet. Vielleicht warst du zu sehr mit der Vergangenheit beschäftigt.«
»Ehrlich, ich habe es nicht gehört.«
»Ich hätte diese Spazierfahrt gern mit dir unternommen.«
»Ich wollte dich nicht aufwecken.«
Er blies sachte auf ihren Nacken. »Du kannst mich jederzeit aufwecken«, murmelte er anzüglich.
Wie es aussah, musste sie ihn nicht aufwecken. Aber das sagte sie nicht.
»Du hattest deinen Schlaf bitter nötig.«
»Jetzt nicht mehr.«
Sie lächelte und dachte in einem Augenblick reiner Glückseligkeit daran, wie sehr sie den Klang seiner Stimme liebte. Schon seine geflüsterten Worte gingen ihr unter die Haut. Sie hätte sofort aufspringen und ihn ins Bett zerren können.
Aber das ging nicht, nicht jetzt.
»Wir müssen in …« – sie hielt inne und warf einen Blick auf die Uhr – »in einer halben Stunde bei Tante Martha sein.«
Seine Lippen wanderten spielerisch-erotisch über ihren Hals an ihr Ohr. »Kann Tante Martha nicht ein bisschen warten?«
»Bist du nicht hungrig?«
»Darauf kannst du wetten, mein Schatz.«
Sie lachte. »Ich meinte auf Tante Marthas unglaublich leckeren Hackbraten und Kartoffelbrei.«
»Na klar. Später.«
»Sie wird sauer, wenn man zu spät zum Essen kommt.«
Er lachte. »Gib mir fünfzehn Minuten.« – »Fünfzehn Minuten?«
»Hey, es gibt lange und es gibt kurze Begegnungen. Wenn ich alt bin, schaffen wir vielleicht nur noch fünf Minuten.«
Sie lachte. »Wir müssen aber wirklich rechtzeitig dort sein«, beharrte sie.
Er stand auf, sodass sie von seinem Schoß
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