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Das Erwachen

Das Erwachen

Titel: Das Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Drake
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rutschte.
    »Ich tue jetzt mal so, als ob ich schon alt wäre. Wir werden nicht zu spät zum Essen kommen.«
    Sie wollte so gern mit ihm zusammen sein. Hellwach, scherzend, lachend …
    Zärtlich.
    »Aber die Fahrt dorthin dauert wirklich fünfzehn Minuten.«
    »Ich schwöre dir, wir kommen keine sechzig Sekunden zu spät.«
    Sie kamen tatsächlich nicht zu spät, sondern genau um Punkt zwei. Tante Martha stand schon auf der Veranda, um sie zu begrüßen.
    »Sehr pünktlich! Ich mag es, wenn meine Gäste pünktlich sind«, meinte sie munter.
    »Jawohl, Ma’am. Wir hätten uns nicht im Traum einfallen lassen, zu spät zu kommen, egal, unter welchen Umständen«, schwindelte Finn, ohne mit der Wimper zu zucken. Megan war versucht, ihn auf die Schulter zu boxen, aber er grinste sie nur an wie eine Katze, die gerade einen Kanarienvogel verspeist hat. Sie musste sich zurückhalten, um nicht laut loszuprusten.
    Er hätte nichts dagegen gehabt, den ganzen Nachmittag im Bett zu verbringen.
    »Na, dann herein mit euch. Das Essen ist fertig, wir müssen es nur vom Herd holen und auf den Tisch stellen«, erklärte Tante Martha und trat ins Haus. Finn kam als Letzter, er schloss die Tür.
    Die Wohnung war vollgestopft mit den herrlichsten Antiquitäten: viktorianisch, edwardianisch, im Kolonialstil, mit dazu passenden Spitzendeckchen, die den Charme noch erhöhten. In einem kleinen Raum gleich neben dem großartigen Esszimmer mit seinem schweren, reich verzierten Mahagonitisch stand allerdings ein moderner Computer auf einem Schreibtisch und fiel merkwürdig aus dem Rahmen.
    Tante Martha war selbst eine recht merkwürdige Mischung. Megans Mutter hatte ihr immer erzählt, dass Martha alt war, so lange sie denken konnte. Doch trotz ihres Alters waren ihre blauen Augen noch scharf und strahlten. Sie war schlank und hielt sich sehr aufrecht. Offenbar war sie von Arthrose und dergleichen verschont geblieben, ihr Rücken war kerzengerade und ihr Verstand messerscharf.
    »Nun, junger Mann, Sie sind ja ein ganz ausgezeichneter Musiker«, meinte sie, stellte die letzte Schüssel ab und setzte sich an den Tisch. »Ich hoffe, Sie mögen Hackbraten.«
    »Sehr gern.«
    Die Schüsseln gingen um den Tisch.
    »Und wie gefällt Ihnen Salem? Das Treiben in dieser Stadt? Ach, Megan, mein Schatz, reich mir doch bitte die Erbsen.«
    Pflichtbewusst folgte Megan der Aufforderung, während Martha ihren Blick nicht von Finn ließ.
    Er zuckte die Schultern. »Recht interessant, das Ganze. Die Vergangenheit ist bekanntlich ziemlich traurig. Aber offenbar lässt sich im Kapitalismus des einundzwanzigsten Jahrhunderts damit gutes Geld verdienen.«
    »Das stimmt«, erwiderte Martha. »Finn Douglas, nehmen Sie doch noch ein bisschen Kartoffelbrei. Er ist garantiert selbst gemacht und ganz köstlich, das verspreche ich Ihnen.«
    »Ja, er schmeckt wirklich sehr gut«, versicherte Finn höflich.
    Martha fuchtelte mit einer Hand in der Luft herum, während sie mit der Gabel in der anderen ein paar Erbsen aufspießte. »Morwenna und ihr Wicca-Tick! Sie treibt mich noch in den Wahnsinn, auch wenn ich hoffe, dass es vielleicht nur eine Phase ist.«
    »Sie ist glücklich damit, Tante Martha. Und an den Grundsätzen dieser Lehre ist nichts auszusetzen. Sie begrüßen sich mit ›Sei gesegnet‹. Ich glaube nicht, dass es jemandem schadet, wenn er ein wenig abergläubisch ist oder davon überzeugt ist, dass Kräuter durch eine Krise helfen können – oder auch, dass man aus einer Ölmischung einen Liebestrank machen kann«, meinte Megan rasch.
    Martha schüttelte vehement den Kopf. »Das ist alles blanker Unfug, fürchte ich.« Sie betrachtete Megan und dann auch Finn mit zusammengekniffenen Augen. »Ich habe gehört, dass du neulich einen schlechten Traum hattest und die halbe Stadt aufgeweckt hast, Megan.«
    Die Angesprochene seufzte tief. »Ich hatte einen Albtraum, und ich habe Mr Fallon aufgeweckt.«
    »Das ist alles nur lächerlicher Hokuspokus, und das ist das Negative daran«, meinte Martha und fuchtelte wieder mit der freien Hand in der Luft herum. Sie sah Finn an und grinste. »Lassen Sie sich das nicht zu nahegehen. Bald ist Halloween, und dort draußen treiben sich eine Menge Verrückter herum.«
    »Es geht uns gut«, meinte Finn und griff zum Salz. »Ich komme aus New Orleans, dort glauben viele Leute an Voodoo. Also keine Angst, ich lasse mich von solchen Sachen wirklich nicht erschrecken.«
    Martha schüttelte abermals den Kopf. »Früher war es nicht

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